Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil kam bei seinem Messe-Rundgang nicht nur mit Ausstellern ins Gespräch, sondern probierte sich auch an so manchem Exponat. Fotos: Konczak
LandTageNord

„Eine große Hausnummer“

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Ministerpräsident Weil eröffnet die Landtage Nord / Chancen und Herausforderungen

Ein Ministerpräsident weiß viel – aber eben nicht alles. „Die Landtage Nord haben 18-mal ohne mich stattgefunden. Ich bin froh, diese Bildungslücke nun schließen zu können“, erklärte Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil, als er zur offiziellen Eröffnung der 19. Ausgabe am Freitagmorgen das Podium betrat. Der SPD-Ministerpräsident war aus Hannover nach Wüsting gereist, um die Agrar- und Freizeitmesse als diesjähriger Festredner anzustoßen. „Ein solches Format kannte ich bislang in Niedersachsen nicht“, räumte er ein. 70.000 Besucher, über 600 Aussteller – das sei schon „eine große Hausnummer“, auf die das Veranstalterteam stolz sein könne.

Landwirtschaft von allererster Bedeutung

Weil brachte nicht nur Grüße aus der niedersächsischen Landeshauptstadt, sondern auch seine Gedanken zu Chancen und Herausforderungen in der Landwirtschaft mit. Denn der Agrarsektor befinde sich landesweit im Wandel. „Die Landwirtschaft ist in Niedersachsen von allererster Bedeutung, sie ist die zweitwichtigste Branche“, so Weil. Nur die Autoindustrie zähle mehr Arbeitsplätze. Und: Im ländlichen Raum leben die meisten Menschen in Niedersachsen. Auch wenn der Wandel in der Landwirtschaft nicht neu sei, so gehe er mittlerweile weitaus schneller vonstatten. Doch das dürfe nicht zum Nachteil von mittleren und kleinen Hofstellen gehen. Wenn etwa große Betriebe die „Explosion in der Produktivität“ besser stemmen könnten, da sie über die Technik verfügen, drohe der Fall von kleineren Höfen. Unternehmen mit langer Familientradition.

Klimaschutz ist gesellschaftliche Verantwortung

Und so ging der Ministerpräsident auf einige Schwierigkeiten und Herausforderungen in der Branche ein. Die Preise beispielsweise, die nicht nur lokal, sondern auch dem internationalen Wettbewerb standhalten müssen, ebenso fehlende Gestaltungsmöglichkeiten oder auch die gesellschaftliche Verantwortung bei Themen wie Klimaschutz. „Die Landwirtschaft muss zukunftsfähig gemacht werden, der Wandel muss von der Politik – auch in Berlin – begleitet und gesteuert werden, damit am Ende nicht nur wenige große Betriebe am Markt sind“, so Weil.

Zugleich plädierte er für eine enge Zusammenarbeit auch dort, wo unterschiedliche Interessen aufeinandertreffen. Bei der Vereinbarkeit von Landwirtschaft und Artenschutz sei Niedersachsen das erste und bislang einzige Bundesland, das einen Interessenausgleich erreicht habe. Der sogenannte Niedersächsische Weg, der 2020 vom Landtag einstimmig verabschiedet wurde, verpflichtet Akteure aus der Landwirtschaft, aus der Politik und aus dem Naturschutz zu konkreten Maßnahmen für einen verbesserten Natur-, Arten- und Gewässerschutz.

Zudem forderte Weil im Sinne der Transparenz mehr Informationen für Verbraucher darüber, welches Lebensmittel unter welchen Bedingungen entstanden ist, und nahm beim Verdienst der Landwirte auch den Handel in die Pflicht. Darüber hinaus sei Planungssicherheit von größter Wichtigkeit, damit Höfe auch in der nächsten Generation weiterbestehen.

Landwirte werden zu Energiewirten

Hinsichtlich der Perspektiven werde sich die Entwicklung, dass Landwirte immer mehr auch zu Energiewirten werden, fortsetzen. Denn gerade sie stellen Flächen für Photovoltaik oder Windkraftanlagen zur Verfügung; die dezentrale Versorgung mit erneuerbaren Energien werde zunehmen. „Die Bewirtschaftung der Felder lässt sich durchaus mit Energiegewinnung verbinden“, so Weil, der die Landwirte dazu motivierte, die eigenen Möglichkeiten noch stärker zu studieren und zu nutzen.

Die Landtage Nord dürften dafür die ideale Plattform sein, kommen doch auch Aussteller aus der Energiebranche gerne nach Wüsting. Wie Thorsten Wüstenberg von der EWE Netz GmbH in seinem Grußwort erklärte, gibt es derzeit 90.000 dezentrale Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien in der Region, in diesem Jahr rechne die EWE gar mit 90.000 Anträgen. „Die Energiewende ist vollbracht und nur durch die Landwirtschaft möglich“, meinte er.

Frank Ostertag aus dem Volksbank-Vorstand versicherte die stete Unterstützung der Institute, um alle Herausforderungen zu meistern und die Betriebe zukunftsfähig zu machen.

Die Wüstinger Messe „wächst und gedeiht“, erklärte Landrat Christian Pundt, die Organisatoren könnten stolz sein, so viele Menschen zusammenzubringen. Und Olaf Hespe als Vertreter der gastgebenden Gemeinde Hude freute sich, dass die Landtage Nord schon bis 2026 terminiert sind: „Das ist ein starkes Zeichen.“

Geöffnet ist die Agrar-. und Freizeitmesse an der Holler Landstraße noch heute und am morgigen Montag jeweils von 9 bis 18 Uhr. Infos und Tickets: landtagenord.de.

Die Agrar- und Freizeitmesse ist nicht nur etwas für Branchenprofis, sondern für die ganze Familie.

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