So kann es aussehen: Manche Bauernhöfe bieten Gästen Übernachtungsmöglichkeiten in Schlaffässern an. Foto: Landtouristik Niedersachsen e.V.
Info-Veranstaltung

Urlaub zwischen Feld und Stall

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Landwirtschaftliche Betriebe können ihre Existenz mit einem zweiten Standbein unterstützen.

Die Kinder toben von morgens bis abends draußen inmitten von Natur und Tieren, die Erwachsenen genießen die Ruhe und Entspannung und „ganz nebenbei“ bekommt man Einblicke in den landwirtschaftlichen Alltag. Dann noch ein Hofladen mit frischen, selbsterzeugten Produkten, und der Urlaub auf dem Lande ist perfekt. Doch es muss nicht gleich das volle Programm sein. Auch wer eine Herberge für nur eine Nacht sucht, kann heutzutage den einen oder anderen Bauernhof ansteuern.
Die Nachfrage beim Landtourismus steigt und stellt mittlerweile für viele Betriebe ein wichtiges Standbein dar. Über neue Chancen der Einkommenskombination für Landwirte hat der Verband Landtouristik Niedersachsen jetzt gemeinsam mit dem Kreislandvolkverband Oldenburg sowie dem Zweckverband Naturpark Wildeshauser Geest in Dötlingen-Iserloy informiert. Knapp 60 interessierte Teilnehmer waren der Einladung zu Familie Garms, die selbst neben ihrem landwirtschaftlichen Betrieb Saisongeschäfte wie die Swingolf-Anlage betreibt, gefolgt. „Wir wollen zeigen, wie Familienbetriebe und das ganze Dorf das weiterhin wachsende Nachfragepotential im Landtourismus nutzen können, sich gerade in der aktuellen Unsicherheit an den Agrarmärkten breiter und zukunftssicherer aufzustellen“, so Martina Warnken, Vorsitzende der Landtouristik Niedersachsen mit Sitz in Oldenburg.

Was fehlt noch, was macht Sinn?

Wichtig sei dabei zu schauen, was in der eigenen Region und im eigenen Landkreis noch fehlt, was Sinn macht und wen man auf dem Hof begrüßen möchte. Anders als bei den schwankenden Preisen in der Landwirtschaft seien im Tourismus-Bereich die Menschen eher bereit, für ein Angebot einen entsprechenden Preis zu zahlen. Somit hätten Landwirte auch eher Einfluss darauf, was sie verdienen. „Die Gäste erleben das Landleben hautnah, die Betriebe leisten eine wichtige Öffentlichkeitsarbeit und einen Beitrag zur Aufklärung. Das ist eine Riesenchance“, meint Warnken.
Im Jahr 2022 gaben rund 10,25 Millionen Menschen laut Statistischem Bundesamt an, Urlaub auf dem Bauernhof/Land zu bevorzugen. Insgesamt würden die Ferienhöfe in Deutschland jährlich rund 16 Millionen Übernachtungen generieren. Das klassische Klientel ist laut Warnken die Familie, die Einblicke in die Branche erhält, die Natur genießt und die Kinder einfach mal laufen lassen kann, aber auch Paare. Zudem würden immer mehr Gruppen oder Radfahrer das Angebot einer individuellen Unterkunft schätzen.

Stellplätze leicht umzusetzen

Im Naturpark Wildeshauser Geest, der sich auf 1.500 Quadratkilometern zwischen Bremen, Oldenburg, Delmenhorst und Vechta erstreckt, sind nach Angaben von Zweckverband-Geschäftsführer Oliver Knagge an einem Wochenende 5,6 Millionen Tagesgäste unterwegs – ein großes Potential für den Landtourismus. „Das heißt aber nicht gleich, dass man seinen Schweinestall zur Ferienwohnung umbauen muss“, so Knagge. Relativ leicht umzusetzen sei ein Angebot von Stellplätzen, online buchbar. Viele würden auch mittlerweile andere Regionen entdecken, anstatt zum wiederholten Male an die Küste fahren. „Reisemobile bringen in der Regel alles mit“, weiß der Naturpark-Chef. Und die Zeiten können die Betriebe selbst bestimmen.
„Es gibt einen Strukturwandel in der Landwirtschaft, die Höfe werden weniger oder verändern sich“, erklärt Bernhard Wolff, Geschäftsführer des Kreislandvolkverbandes Oldenburg. Wichtig sei, dass sich die betreibende Familie eines Hofes einig sei in allen Aufgaben, wenn sie in den Landtourismus einsteigen will.

Beispiele aus der Praxis

Wie es gehen kann, erläuterten beispielhaft Vertreter von drei Betrieben. Die gastgebende Familie Garms brachte 2004 den Swingolf nach Iserloy, nachdem Herwig und Gisela Garms Anlagen in der Schweiz besichtigt hatten. Das Maislabyrinth gab es da schon. Ein gastronomisches Angebot mit Café und ein Melkhus kamen dazu. „Über die Jahre hatten wir 180 Mitarbeiter, aber es ist schwer geworden, welche zu finden. Es ist ein Wochenend-Geschäft“, so Herwig Garms, dessen landwirtschaftlicher Hof 110 Hektar umfasst. Der ist auch immer noch das Hauptgeschäft. 2021 schlossen Café und Melkhus, die Nutzung läuft nur noch vereins- und clubintern. Sohn Michael Garms betont die Wichtigkeit von Werbung, auch überregional in den sozialen Netzwerken. „Die Gäste müssen auch nach Iserloy kommen, wir kämpfen um jeden in diesem Saisongeschäft.“ Während die Swingolf-Anlage „starre Öffnungszeiten“ habe, in denen immer jemand vor Ort sein muss, läuft die Bezahlung beim Maislabyrinth per Einwurf auf Vetrauensbasis. Die Trecker-Spielewelt Sikuhausen kann nur auf Anmeldung besucht werden.

„Man muss offen für Neues sein“

In Klein-Brümmstede bei Oldenburg vertreibt Familie Stolle eigene Erzeugnisse wie Erdbeeren, Spargel und Kartoffeln sowie Produkte von Partnern. Auch Torten und Kuchen aus der eigenen Backstube sind im Angebot. Daneben besteht eine Fleischerei und eine Küche mit wechselnder Wochenkarte. „Man muss für Neues offen sein. Auch der Austausch mit anderen ist wichtig“, meint Sarah Stolle. Viel Präsenz zeigt der Hof Stolle zudem in den sozialen Medien, wo immer auch Videos vom Hofgeschehen geteilt werden. In Zukunft sollen noch mehr Veranstaltungen auf dem Hof stattfinden.
Urlaub im Hasetal bietet der Hof am Kolk in Löningen-Angelbeck zwischen Oldenburg und Osnabrück. 13 Ferienwohnungen mit 64 Betten laden zum Erholen inmitten der Natur ein. „Wir bieten Ruhe und Entschleunigung. Die Kinder können alles erkunden“, sagt Anna Meyer vom Hof am Kolk. Es gibt Aktionen für die Kleinen, aber auch die Großen, und mittlerweile würden auch jene hier ihren Urlaub verbringen, die selbst als Kinder in den vergangenen 30 Jahren die Landluft in Löningen-Angelbeck geschnuppert haben. In allen Ferien und auch an den Wochenenden sei der Betrieb stets voll. 2002 wurde der Hof an Kolk an eine gemeinnützige Stiftung übergeben, die den landwirtschaftlichen Betrieb an vier Landwirte verpachtet.

Weitere Infos und eine Karte mit Unterkünften und Angeboten findet man auf der Webseite der Landtouristik Niedersachsen.

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