Geringere Energiekosten, weniger Krankheitsausfälle und mehr Bewerber auf offene Stellen: Von der Einführung der Vier-Tage-Woche versprechen sich Unternehmen viele Vorteile.
„Wir profitieren davon sehr“, sagt Marcel Neubauer, geschäftsführender Gesellschafter bei dem Metallbau Unternehmen Boetker Metall + Glas aus Stuhr.
Nach einer anfänglichen Pilotphase hat das Unternehmen inzwischen die Vier-Tage-Woche fest eingeführt – freitags haben die Angestellten frei. Die Stunden wurden dafür auf 37 und 38 reduziert. „Projektbezogen kann auch mal freitags gearbeitet werden. Das sind dann aber Überstunden“, erklärt Neubauer.
Bei Boetker Metall + Glas war die Umverteilung der Stunden möglich, weil das Unternehmen im Projektgeschäft tätig ist, Aufträge also entsprechend planen kann. „Das funktioniert aber nicht für jeden Betrieb“, gibt Neubauer zu bedenken.
Diese Erfahrung hat auch die Dachdeckerei Dadego Dachdeckergenossenschaft Bremen gemacht. Eigentlich wollte man dem Fachkräftemangel entgegen treten. „Das Thema Work-Life-Balance hat auch eine Rolle gespielt“, sagt Silvia Sievert von Dadego. „Freitags war vorher schon eher ein Bummeltag“, sagt Sievert. Also wurden die Stunden des Freitags umverteilt – zunächst in einem Versuch für ein Jahr.
Doch nun zeigt sich: Das Modell ist nicht geeignet für den Handwerksbetrieb. „Die Tage sind zu lang und die Mitarbeiter berichten, dass sie ab nachmittags nicht mehr aufnahmefähig sind“, sagt Sievert. Auch der Krankenstand habe sich nicht verbessert. Das Team wird ab Januar zum alten Arbeitszeitmodell zurück kehren.
Die Handwerkskammer Bremen erhält ebenfalls ganz unterschiedliche Rückmeldungen: „In Zeiten des Fachkräftemangels machen sich die Handwerksbetriebe natürlich Gedanken darüber, wie sie gute und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter finden und binden können. Dazu können auch flexible Arbeitszeitmodelle wie zum Beispiel die Vier-Tage-Woche gehören. Ob eine Vier-Tage-Woche tatsächlich infrage kommt, hängt natürlich von den Gegebenheiten im jeweiligen Unternehmen ab“, sagt Thomas Kurzke, Präses der Handwerkskammer Bremen.
Arbeitszeitgesetz überarbeiten
Von Bedeutung könne es zum Beispiel sein, ob und wie sich die Firma auf Baustellen zeitlich mit anderen Gewerken abstimmen muss, ob Notdienste personell abgedeckt werden müssen und natürlich auch, was die Kunden erwarten, sagt Kurzke.
Problematisch bei der Debatte um die Vier-Tage-Woche sind laut Cornelius Neumann-Redlin, Hauptgeschäftsführer von Die Unternehmerverbände im Land Bremen, aber auch die sehr engen Grenzen des Arbeitszeitgesetzes. „Es stammt aus einer anderen Zeit und muss dringend überarbeitet werden.“
Arbeitgeber müssen bei der Einführung einer verkürzten Arbeitswoche also genau aufpassen, nicht gegen das Gesetz zu verstoßen, wenn Arbeitsstunden umverteilt werden. Neubauer hat sich vor Einführung der Vier-Tage-Woche bei Boetker Metall + Glas juristischen Rat eingeholt. „Wir haben alles rechtliche prüfen lassen“, sagt Neubauer.
Die allgemeine Debatte zur Vier-Tage-Woche sieht auch der Unternehmerverband Bremen kritisch: „Man suggeriert: Es ist möglich, die Arbeit wie bisher in weniger Tagen zu schaffen. Das ist es aber gesamtgesellschaftlich nicht. Für einzelne Arbeitnehmer dagegen schon“, sagt Neumann-Redlin und verweist auf die individuellen Möglichkeiten der Arbeitszeitreduzierung. „Die geburtenstarken Jahrgänge gehen nun nach und nach in Rente, alle Branchen suchen dringend Personal“, so Neumann-Redlin weiter. Es gäbe also eher mehr Arbeit für weniger Arbeitnehmer – ein Argument gegen die Vier-Tage-Woche.
Und: „Die Firmen müssen sich das auch finanziell leisten können. Ein gleichbleibendes Auftragsvolumen muss irgendwie aufgefangen werden, und das wird für viele ein Hindernis sein“, sagt Neumann-Redlin. Der Unternehmerverband berät auch Unternehmen, die mit dem Gedanken der Einführung des Arbeitszeitmodells spielen. „Für ganze Branchen geht es nicht, nur für einzelne Unternehmen“, ist auch er sich sicher.