Ein hoher Eisengehalt, eine starke Verockerung, ein massiv gefährdeter Fischbestand: Der schlechte ökologische Zustand der Delme ist schon lange bekannt, wurde im Erhaltungs- und Entwicklungsplan 2011 sowie im Gewässerentwicklungsplan 2013 bereits dokumentiert. Im November 2021 tagte erstmals der Runde Tisch Gewässerschutz, um zu erörtern, wie das über 46 Kilometer lange Fließgewässer zu retten ist.
Fischsterben durch Verockerung
„Die Zeit läuft uns weg“, betont Dietmar Bentien, der die Delme von Kinderbeinen an kennt und sich seit Jahrzehnten dafür engagiert. Seit dem ersten Fachsymposium, bei dem er selbst noch teilnahm, sei zu wenig unternommen worden. Im Juli sei der passionierte Angler viermal an der Delme in der Nähe des Segelflugplatzes gewesen, Fische habe er nicht gesehen. Im September auch keinen Brutbestand. „Es gibt eine enorme Belastung durch Ocker, Eisen und Feinsedimente, das Wasser ist milchig-trüb. Vor 10, 15 Jahren sah das anders aus“, so der Umweltschützer. Ein hoher Eisengehalt führe dazu, dass die Brut von Lachs und Meerforellen nicht mehr aufkommen kann. Die Fische legen ihre Eier in einem Lückensystem in Kiesbänken ab. Doch diese Lücken würden durch die Ockerablagerungen und Feinsedimente belegt: Die Folge: Die Eier sterben ab. Bei einer Verockerung färbt sich das Wasser braun. Dies passiert, wenn zweiwertiges Eisen mit Sauerstoff in Verbindung kommt.
Gutachten des Gewässers
Inzwischen hat sich ein Ingenieursbüro im Auftrag des Ochtumverbands der Untersuchung der Wasserqualität angenommen, erste Ergebnisse sind im Umweltausschuss im November zu erwarten. „Das Wasser muss auch unter anderem auf toxische Stoffe untersucht werden“, meint Bentien. Zudem müssten belastete Drainagen-Einläufe aus der Landwirtschaft in die Delme unterbunden werden. Die Breite eines Uferrandstreifens, wie sie der Niedersächsische Weg vorgibt, sei zu gering bemessen. Laut Bentien braucht es einen ökologisch funktionierenden Uferrandstreifen mit natürlicher Vegetation. Ohne eine umweltschonende Landwirtschaft würden alle derzeit laufenden Aktivitäten zur Rettung der Delme keinen Erfolg haben. Auch das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz sieht in einem Schreiben von Anfang des Jahres, das dem Delme Report vorliegt, eine intensive Landnutzung als einen wesentlichen Auslöser für die Belastung mit Eisenocker, die in vielen Gewässern in Norddeutschland festzustellen sei. Neben der Geologie spiele die Düngung landwirtschaftlicher Flächen eine grundlegende Rolle.
Landwirtschaft beeinflusst die Gesundheit der Delme
Wie Herbert Strosetzky vom Nabu Delmenhorst dokumentiert hat, reichen mancherorts Maisflächen ohne den nötigen Abstand bis an den Rand der Delme, Drainagesysteme führen von landwirtschaftlich genutzten Flächen direkt ins Gewässer. Bei der letzten Sitzung des Runden Tisches, bei dem Strosetzky ebenfalls Mitglied ist, habe er auf die Missstände unter dem Punkt „Verschiedenes“ aufmerksam machen wollen – wurde jedoch mit dem Hinweis, er habe Regularien nicht eingehalten, abgewiesen. „Unmöglich und vollkommen unverständlich“, findet er.
Die im November 2022 gegründete Ökologische Nabu-Station Oldenburger Land (ÖNSOL) unterstützt und ergänzt die Vor-Ort-Betreuung der Naturschutzbehörden von Natura 2000-Schutzgebieten sowie Naturschutzgebieten. Nach zwei Begehungen der Delme sieht die Nabu-Station, die auch beim Runden Tisch Gewässerschutz vertreten ist, auf Nachfrage noch viel Handlungsbedarf. Obwohl die ökologische Durchlässigkeit des Gewässers inzwischen hergestellt worden sei, gebe es mehrere, teils komplexe Problemfelder. Dazu zählen die Experten neben der Verockerung auch die starke Versandung der Gewässersohle. „Die Ursachen für diese Probleme liegen vor allem in der geringen Überflutungshäufigkeit der angrenzenden Flächen. Im Wasserkörper vorhandener Ocker kann sich also nicht mehr so gut absetzen und Nährstoffe und Giftstoffe sammeln sich in der Delme“, so die Nabu-Station. Außerdem würden Feinsedimente aus angrenzenden Ackerflächen in die Delme gespült und bedeckten die Gewässersohle, den Lebensraum der Bachmuschel und des Bachneunauges.
Auf einer Strecke von 700 Metern wolle man nun Erlen pflanzen und die natürliche Aussaat von Erlen fördern. Dadurch werde vor allem das Ufer für weniger Sedimenteinträge befestigt, die Wassertemperatur erniedrigt und der Krautstau minimiert.