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Fest für die Selbstbestimmung

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Bremer Theater begeistert mit moderner Fassung von „Orpheus in der Unterwelt“

Unter der Regie von Frank Hilbrich sind Orpheus und Eurydike am Bremer Theater kein strahlender Halbgott und seine abgöttisch geliebte Muse, sondern ein bürgerliches Paar mit C-Promi-Status und profanem Ehestreit. Diana Schnürpel brilliert in der Rolle der Eurydike als Sopranistin und Pianistin gleichermaßen. Ihrem Anspruch kann Eurydike nicht gerecht werden. Sie leidet unter Selbstzweifeln, ist unzufrieden mit ihrem Alltag und gefangen in einer Ehe, die alles andere als glücklich ist.

Sowohl Eurydike als auch ihr Ehemann Orpheus (Oliver Sewell) gehen fremd und haben sich gegenseitig satt. Eine Scheidung kommt für Orpheus trotzdem nicht in Frage: „Was sollen die Leute sagen?“, das bedeutet einen Shitstorm in den sozialen Medien oder wie es bei „Orpheus in der Unterwelt“ heißt, „die öffentliche Meinung lässt das nicht zu“. Als Höllenherrscher Pluto Eurydike entführt, könnten die Eheleute zufrieden ihrer getrennten Wege ziehen, jedoch, die öffentliche Meinung mit ihren antiquierten Moralvorstellungen und wenig Empathie lässt das nicht zu.

Von Liebe und Ehe

„Wer die Einsamkeit fürchtet, sollte nicht heiraten“ bringt es Lilo Wanders, als Göttermutter Juno, auf den Punkt. „Wer von der Liebe nur Glück erwartet, hat keine Ahnung“ – ein weiteres Zitat. Lilo Wanders ist Schauspielerin, Moderatorin, Entertainerin und wandelndes Ratgeberbuch in einer Person. Und zwar im besten Sinne dieser Beschreibungen.
Christian-Andreas Engelhardt verkörpert Göttervater Jupiter im weißen, viel zu engen Anzug als alternden Playboy.
Unter der Regie von Frank Hilbrich präsentiert das Ensemble eine Inszenierung, die sowohl modern und anspruchsvoll als auch wunderbar witzig, kurzweilig und mitreißend ist.

Als sich zum Ende die gesamte Götterschar im Hades wiederfindet, hält Juno einen weiteren, wunderbaren Monolog, den es als Buch geben sollte. „Die Moral ist egal!“ Die Inszenierung ist eine frivole, freche Feier für die Selbstbestimmung. Soll doch jeder lieben, wie, wie lange und wen er will.

Der Chor ist großartig, die Bremer Philharmoniker unter der Leitung von William Kelley ebenfalls und das fantasievolle Bühnenbild ebenso.

Die Termine für die nächsten Aufführungen von „Orpheus in der Unterwelt“ am Bremer Theater findet man unter theaterbremen.de im Internet.

 

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