Peer Rosenthal Hauptgeschäftsführer Arbeitnehmerkammer Bremen (links) und Stephan Giese, Rechtsberater der Arbeitnehmerkammer stellen die Beratungsbilanz 2023 vor. Foto: Lürssen
Arbeitnehmerkammer

Mehr Bedarf an persönlicher Beratung

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Die Arbeitnehmerkammer Bremen registrierte 2023 eine Zunahme an Beratungen nach Kündigungen durch Arbeitgeber.

Im Jahr 2023 führt die Arbeitnehmerkammer in Bremen und Bremerhaven etwa 86.400 Beratungsgespräche, berichtet Peer Rosenthal, Hauptgeschäftsführer der Arbeitnehmerkammer Bremen. Insgesamt hätte sich das Beratungsgeschehen im vergangenen Jahr fast wieder an die Jahre vor Corona angeglichen. Die Berater der Kammer stellten dabei fest, dass wieder mehr Menschen die persönlichen Gespräche suchten.

43.818 Beratungen entfielen in den Bereich Arbeitsrecht, 31.133 in den Bereich Steuerberatungen und 11.886 in den Bereich Öffentliche Rechtsberatung. Steigenden Beratungsbedarf (+15 Prozent) gab es insbesondere wegen arbeitsgeberseitiger Kündigungen. Auch die Insolvenzberatungen seien angestiegen.

Bei vielen Beschäftigten seien die Belastungen in der Arbeitswelt und im Privaten deutlich gewachsen. Hoher Leistungsdruck, schlechte Arbeitsbedingungen, wenig Verdienst, sowie die steigenden Energie- und Mietpreise seien einige der Gründe. „Viele Ratsuchende sind wirklich verzweifelt“, sagt Stephan Giese, Rechtsberater der Arbeitnehmerkammer. Auch in Bereichen, in denen es auf den ersten Blick nicht erwartet wird, wie etwa im öffentlichen Dienst, berichten Ratsuchende laut Arbeitnehmerkammer von hoher Arbeitsbelastung aufgrund von Personalmangel.

Gründe für Beratung

Auslöser für Beratungsbedarf sind häufig intransparente Lohnabrechnungen, prekäre Arbeitsverhältnisse, sowie Streit um Arbeitszeiten, meint Giese. Darunter fallen zum Beispiel die Einhaltung von Pausen und Ruhezeiten, sowie nicht bezahlte Überstunden oder anders vereinbartes und somit falsch gezahltes Gehalt. Giese betont: „Insbesondere in Betrieben ohne geltende Tarifverträge und ohne Betriebsräte gibt es vielfach Unsicherheit und somit oft Streit um Vergütung.“

Ein anderes Problem ist die Erfassung der Arbeitszeiten von Seiten der Arbeitgeber. welche häufig noch nicht umgesetzt wird. Das müsse künftig umgesetzt werden um die Einhaltung der Ruhezeiten und die Überstunden überwachen zu können. „Obwohl der Europäische Gerichtshof schon 2019 entschieden hat, dass der Arbeitgeber die Arbeitszeit erfassen muss, wird dies häufig nicht umgesetzt“, erklärt Giese.

Öffentliche Rechtsberatung: Heizkosten vermehrt Thema

In der öffentlichen Rechtsberatung, die die Kammer im Auftrag des Landes für Bürgerinnen und Bürger mit geringem Einkommen durchführt, gab es mit 2.791 Beratungen erneut viele Fragen zum Mietrecht – vor allem zum Thema Betriebs- und Heizkostenabrechnung. „Die erhöhten Energiekosten bei Strom und Gas werden vor allem mit der jetzigen Betriebskostenabrechnung zu Buche schlagen“, prophezeit Giese. Viele seien finanziell nicht in der Lage gewesen, Geld zurückzulegen oder ihre Abschläge anzuheben.

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