Ein ganzes Zimmer voller Brautkleider im eigenen Haus – diesen Traum hat sich Jana Drawert erfüllt. Was sich nach einer ungewöhnlichen Sammelleidenschaft anhört, ist aber vielmehr ein nachhaltiges Kleinunternehmen.
Drawert verkauft Secondhand-Brautkleider, will damit einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit leisten und ein Umdenken in Sachen Mode bewirken. „Ich habe selber 2023 geheiratet und war schockiert über die hohen Preise für Brautkleider. Man trägt sie in der Regel nur einen halben Tag, danach hängen sie über Jahre im Schrank“, erzählt Drawert.
Eigenes Kleid auch aus zweiter Hand
Sie machte sich für ihre eigenen Hochzeit auf die Suche nach Brautkleidern aus zweiter Hand, fand allerdings nur ein sehr kleines Angebot vor. „Es sollte ja auch trotzdem ein schönes Kleide sein“, erinnert sich Drawert.
Sie wurde schließlich fündig, machte sich nach der eigenen Hochzeit allerdings weitere Gedanken darüber und gründete schließlich ihr Unternehmen Jen – Mobile Brautmode in Stuhr Groß-Mackenstedt.
Anprobe in vertrauter Umgebung
Drawert bietet damit nicht nur Secondhand-Kleider an, sie besucht die zukünftigen Bräute auch zu Hause. Denn auch das sei ihr während der eigenen Hochzeitsvorbereitungen aufgefallen: Viele Bräute empfinden das große Zurschaustellen der Anproben in den Geschäften als unangenehm.
„Sie wollen gar nicht so sehr im Mittelpunkt stehen“, sagt Drawert. Mit einer Auswahl von etwa zehn Kleidern besucht die 29-Jährige die Braut auf Wunsch im eigenen Zuhause, in gemütlicher und vertrauter Umgebung. „Sie können aber auch zu mir kommen, das biete ich auch an“, sagt Drawert.
Vor den jeweiligen Terminen bespricht sie mit den zukünftigen Bräuten, welchen Stil diese sich für ihr Brautkleid vorstellen. Auf ihrer Website hat Drawert die Kleider auch hochgeladen, Interessentinnen können sich also vorab einen Überblick verschaffen.
„Ich erfrage auch vorher die Größe, damit ich nicht mit zu kleinen Kleidern bei der Braut ankomme, sagt Drawert.
Kleider werden in Kommission genommen
Die Kleider stammen von Bräuten, die bereits geheiratet haben und ihr Kleid gerne weitergeben möchten. Drawert schließt mit ihnen einen Kommissionsvertrag, 70 Prozent des Verkaufspreises gehen an die Eigentümerin, 30 Prozent an Drawert.
Dazu kauft Drawert Outletkleider, die sie in Zusammenarbeit mit einer Schneiderin ändert, modernisiert und beispielsweise aus zwei Kleidern ein neues entwirft. „Im Moment sind zehn Kleider bei der Schneiderin“, verrät Drawert, deren großer Traum es wäre, selber auch professionell schneidern zu können.
„Meine Schneiderin hat mich aber so gut geschult, dass ich die Bräute beraten kann, was mögliche Änderungen angeht“, sagt Drawert. Und bei ungewöhnlichen Wünschen könne sie jederzeit die Schneiderin anrufen und erhalte sofort Antworten.
Frisch gereinigte Brautkleider mit Rechnung
Die Kleider, die Drawert auf Kommission annimmt, dürfen nicht älter als vier Jahre sein, müssen frisch gereinigt sein und die Rechnung muss vorliegen.
„Manchmal mache ich auch Ausnahmen und nehme auch ältere Modelle, sie müssen aber der jeweils aktuellen Mode entsprechen“, sagt Drawert, die tagsüber auch noch ihren Job als Angestellte im Marketingbereich ausübt.
Angeboten wird dann auch alles, was dazu gehört: Schleier, Schuhe, Gürtel, manchmal Schmuck. Derzeit seien bei Bräuten insbesondere klassische leichte A-Linien beliebt, weiß die Fachfrau.
Das pompöse Prinzessinnenkleid wird eher selten verlangt. „Die meisten wollen Tanzen und feiern, das geht mit leichten Kleidern besser“, sagt Drawert.
Die Besuche bei den Bräuten zu Hause sind in einem Umkreis von 50 Kilometern kostenlos.
Gegen Fast-Fashion mit Secondhand Brautkleid
Für Drawert spielt insbesondere die Nachhaltigkeit hinter ihrem Geschäftsmodell eine große Rolle: „Kleidung wird heute schnell wieder weggegeben und nur kurz getragen. Wenn man an die kurze Zeit denkt, die ein Brautkleid getragen wird, ist das doch Wahnsinn. Und für jede Braut wird wieder ein neues produziert. Ich freue mich über jede Braut, die sich für ein Secondhand Brautkleid entscheidet“, sagt Drawert.
Bisher habe sie fünf Bräute ausstatten können – ihr Unternehmen gibt es seit Oktober 2023.
Eine Besonderheit ihres Nebenjobs ist es außerdem, jedes Kleid auch selbst einmal anzuprobieren: „Ich schlüpfe hinein, um auch gut beraten zu können und zu wissen, wie sich der Stoff und die Materialen verhalten und anfühlen. Auch wenn ich nicht in alle hinein passe, freue ich mich über jedes Kleid, dass zu mir kommt und eine weitere Braut glücklich macht“, sagt Drawert.