Die großen Blüten scheinen den Betrachter direkt anzusehen. Verführerische Blumen, exotische Stängel und großformatige Blätter schlängeln sich über die weiße Fläche. Sie entspringen alle der Vorstellungskraft von Miron Schmückle, erscheinen in ihrer detailgenauen Ausarbeitung aber botanisch durchaus plausibel zu sein.
Gerade erst stellte Schmückle im Städel Museum in Frankfurt am Main aus, nun gastiert er in Oldenburg. Seine Ausstellung „Perpetuum florens“ wird am heutigen Freitag im Horst-Janssen-Museum, Am Stadtmuseum 4-8 eröffnet. Rund 40 seiner Werke – von großformatigen Zeichnungen über Skizzen bis hin zu Fotografien – sind bis zum 20. Oktober in Oldenburg zu sehen. „Miron Schmückles Arbeiten sind hoch ästhetisch und gleichzeitig so von Konzept und Planung durchdrungen, dass es ein intellektuelles Vergnügen ist, sich mit ihnen auseinanderzusetzen“, sagt Museumsleiterin Dr. Jutta Moster-Hoos, die den Künstler nach Oldenburg geholt und die Ausstellung kuratiert hat.
Reisen in eine fremde Welt
Miron Schmückle, geboren 1966, hat als Kind und junger Mann unter der Diktatur in Rumänien gelebt. In der Natur fand er seine persönlichen Fluchten. Beide Elternteile waren Künstler und Kunsterzieher. „Bei uns zu Hause war Zeichnen so normal wie Sprechen“, erinnert sich der Künstler. Da Reisen ins Ausland schwierig waren, erlebte der junge Miron Ausflüge in den Botanischen Garten in Bukarest als Reisen in eine fremde Welt.
1988 floh er über Ungarn nach Deutschland. Er studiert in Kiel und Hamburg bei Renate Anger und Marina Abramovic. Historische Darstellungen von Pflanzen aus fremden Ländern faszinierten ihn besonders. Ihnen widmete er im Jahr 2016 seine Doktorarbeit. Schmückle lebt und arbeitet heute in Berlin.
Großformatige Pflanzen- und Blumenzeichnungen
Seine Beschäftigung mit Naturstudien in Flora und Fauna bildet den Ausgangspunkt seiner Arbeiten in Malerei und Fotografie. „Ich zeichne und male aus dem Gedächtnis, aus einer unerschöpflichen Vielfalt von Sequenzen, die ich in der Natur beobachte und im Kopf behalte“, erzählt Schmückle. Im Mittelpunkt der Oldenburger Ausstellung stehen großformatige Zeichnungen aus den vergangenen 20 Jahren.
Erstmals zeigt der Künstler zusätzlich eine Auswahl vorbereitender Studien und Skizzen öffentlich. Dadurch werden die durchdachten Konzepte der farbigen Bilder anschaulicher und nachvollziehbarer. Denn ihr komplexer Aufbau machen ein Korrigieren praktisch unmöglich. Als Untergrund verwendet der Künstler vorwiegend Hadern (Malkarton aus Baumwolle). Für die gewünschte Farbigkeit seiner floralen Fantasiewesen bedient Schmückle sich einer komplexen Schicht-Technik. Er kombiniert Farben, die nach dem Auftragen wasserlöslich bleiben, wie Aquarellfarben und Gouachen, mit Pigmenten und Farbtuschen, die auf dem Papier unlösliche Schichten bilden. Das hat zur Folge, dass manche Farbtöne ineinander verlaufen können, andere dagegen aufeinanderliegen. „So entstehen besonders leuchtende Farben, glitzernde Flächen und ein Eindruck von Volumen und Tiefe“, erklärt der Künstler. Diese Technik habe er im Laufe der Zeit zunehmend verfeinert.
Die Rolle der Pflanzen in der Bildenden Kunst
Bereits in seinen früheren Fotoserien wie „Hortus Conclusus“ von 2003 reflektierte Schmückle über die Rolle der Pflanzen in der Bildenden Kunst. Wurden sie seit der Antike beispielsweise als schmückendes Beiwerk oder seit dem Mittelalter als Allegorien für abstrakte Tugenden eingesetzt, spielen sie bei ihm die Hauptrolle vor der Folie seines eigenen nackten Körpers.
Das Nachdenken über und die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Pflanzenreich, das die Grundlage allen Lebens darstellt, sind zentrale Anliegen in Schmückles Werk. In Oldenburg sind Auszüge dieser Fotografien zu sehen.
Horst-Janssen-Museum kooperiert mit dem Botanischen Garten
Zur Ausstellung „Perpetuum florens“ gibt es ein umfangreiches Rahmenprogramm. Dabei kooperiert das Horst-Janssen-Museum mit dem Botanischen Garten. Dort kann man an einer Führung teilnehmen, auf der Suche nach möglichen Vorbildern für Schmückles erdachte Pflanzenzeichnungen. Der Kurator des Botanischen Gartens Bernhard von Hagen und die Museumsleiterin Jutta Moster-Hoos halten Vorträge, in denen sie die biologische als auch die kunstgeschichtliche Seite floraler Zeichnungen erörtern. Bei den begleitenden Workshops sind vor allem der Kurs „Das ewige Wachsen“ mit der Biologin und Künstlerin Sabine Kortenhaus und die Papierwerkstatt „Florales“ für Kinder hervorzuheben. Alle Veranstaltungen sind auf der Homepage des Horst-Janssen-Museums zu finden.