Die niedersächsische Justizministerin Kathrin Wahlmann war zu Besuch im Amtsgericht Delmenhorst. Der Grund: Sie will wissen, wo der Schuh drückt. Nicht nur in dieser Stadt, sondern in allen 700 Institutionen in Niedersachsen.
„Die Anspannung ist groß“, sagt Daniel Graschtat, Leiter des Ministerbüros des niedersächsischen Justizministeriums mit Sitz in Hannover. Dem stimmt die Direktorin des Amtsgericht Delmenhorst Judith Hillker zu. Sie empfängt in ihrer Amtszeit zum ersten mal eine Justizministerin. Bevor sie allerdings ihre Fragen loswerden kann, hat sich Wahlmann mit dem Personalrat, der Richtervertretung und der Gleichstellungs- und Gesundheitsbeauftragten zu einem persönlichen Gespräch zurückgezogen. Über die Details kann sie nichts sagen, nur so viel: „ Ich bin überrascht, wie freundlich die Menschen hier sind. Hier herrscht gute Stimmung trotz der hohen Belastung vor Ort.“
Neue Sicherheitsschleuse
Ein Thema, das präsent ist: Die Sicherheit. Anfang August soll eine Sicherheitsschleuse am Eingang des Amtsgericht installiert werden. Künftig müssen alle, die das Gebäude betreten wollen, sich vorher einer Prüfung unterziehen. Teil der Schleuse wird auch ein Metalldetektor sein. „Die brauchen wir unbedingt, denn Delmenhorst ist ein heißes Pflaster. Zum Glück gab es aber noch keine gravierenden Fälle“, so Hillker. Bis März 2025 sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. „Das Amtsgericht ist ein öffentlicher Ort und gerade deshalb muss die Sicherheit gewährleistet sein“, sagt Wahlmann. Das würde jetzt schon gut mit den Wachtmeistern klappen, aber Technik sei besser.
Umstellung von Papier auf E-Akte
Ein weiteres Thema ist die verpflichtende Einführung der elektronischen Akte (kurz E-Akte) bis Ende 2025. Das sei ein Meilenstein, wodurch die Abläufe schneller werden und der Sachverständige die Akte lesen kann, während parallel an ihr weiter gearbeitet wird. „Die Digitalisierung ist attraktiv für den Nachwuchs“, so die Justizministerin. Denn Fachkräfte werden in den juristischen Institutionen gesucht. „Die Umstellung zur E-Akte dauert anfangs länger, aber die Vorteile zeigen sich nach und nach“, sagt Hillker. Dafür werden vor allem die Mitarbeitenden gelobt, die mit Herzblut und Motivation jeden Tag daran arbeiten.
„In Zeiten hoher Belastung ist das hier ein Ort hervorragender Rechtssprechung“, lobt Wahlmann. Ein Amtsgericht mit kompetentem Personal vor Ort sei viel Wert. „Es ist die erste Anlaufstelle für Bürgerinnen und Bürger, wenn es beispielsweise um Erbschaftsfragen geht“, sagt sie.
Derzeit wird neben der E-Akte der Fokus auf die Effizienzsteigerung mit Hilfe der Künstlichen Intelligenz (KI) gelegt. „Ein kleines KI-Projekt ist derzeit in Arbeit“, verrät Christoph Silwka, Pressesprecher beim niedersächsischen Justizministerium und Richter am Landgericht.
Null Toleranz für Selbstjustiz
„Wir merken, dass gerade weniger Menschen im Zivilrecht klagen“, sagt Wahlmann. Eine Ursache sieht sie darin, dass Verfahren teilweise zu lange dauern. Hier könnte die Digitalisierung eine Verbesserung ermöglichen.
Auch im Bezug auf das Thema Selbstjustiz, in dem Betroffene das Gesetz präventiv selbst ausüben, hat die Ministerin eine klare Meinung: „Wir treten der Selbstjustiz besonders im Bereich der Clan-Kriminial extrem energisch entgehen“. In der Demokratie gäbe es Regeln, die eingehalten und geachtet werden müssen. Hierfür gibt es vier Zentralstellen zur Bekämpfung von Clan-Kriminalität in Niedersachsen, eine davon befindet sich in Braunschweig. „Dort wird Clan-Kriminalität beginnend schon bei Ordnungswidrigkeiten bis hin zur Schwerkriminalität wirkungsvoll bekämpft“, so die Justizministerin.