Direkt nach der Geburt sollen Kinder gegen das RSV geimpft werden. Doch der Impfstoff ist von einem Engpass betroffen.
Immunisierung kurz nach der Geburt
„Der grundsätzliche Plan war es, dass die Kinder schon in der Geburtsklinik immunisiert werden. Das hat wegen des fehlenden Präparats bisher nicht funktioniert. Im Eltern-Kind-Zentrum der Geno fängt man jetzt gerade erst damit an“, sagt Kinder- und Jugendarzt Marco Heuerding.
Der Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte Deutschland, Landesverband Bremen, hat auch in seiner eigenen Praxis mit dem Lieferengpass für das Arzneimittel gegen das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) zu kämpfen.
Babys, die zwischen April und September geboren wurden, sollen laut Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) möglichst im Herbst vor Beginn ihrer ersten RSV-Saison die Grundimmunisierung mittels passiver Antikörpergabe erhalten. „So sollten die Kliniken entlastet werden, die in den vergangenen beiden Wintern mit der Versorgung von Kleinkindern und Babys mit RSV an ihre Grenzen stießen“, erklärt Heuerding.
Viele Beratungsgespräche zum RSV
Er und seine Kolleginnen und Kollegen beraten seit Monaten Eltern in den Praxen zur Grundimmunisierung, die lediglich für Kinder mit Risiko – also etwa Frühgeborene und Kinder mit Vorerkrankungen – oder Babys mit Geburtsdatum im genannten Zeitraum von den Krankenkassen übernommen wird. Eltern von Kindern, die außerhalb dieses Zeitfensters geboren wurden, müssen die Immunisierung selbst zahlen, diese kostet 453 Euro.
„Es besteht ein enormer zusätzlicher Aufwand durch Aufklärung und Beratung“ sagt Heuerding. Hinzu komme die aufwändige Terminierung. Denn das Medikament ist im Moment für Kinder ab fünf Kilogramm Körpergewicht nur in Fünferpacks erhältlich – wenn überhaupt. Die Eltern müssten einbestellt, informiert und mit Rezepten versorgt werden, dann könne jeweils für fünf Kinder eine Packung geordert werden.
Derzeit ist das Präparat allerdings nur schwer zu bekommen, sodass Eltern vertröstet werden müssen. Auch Heuerding hörte von seiner beliefernden Apotheke, sie beziehe das Arzneimittel aus dem Ausland. Nur wenige Dosen konnten bisher geliefert werden, sagt der Kinderarzt.
Keine Schwierigkeiten bei der Geno
Anders ist das bei der Gesundheit Nord (Geno), die laut Sprecher Rolf Schlüter seit drei Wochen alle Neugeborenen, deren Eltern zustimmen, grundimmunisiert. „Wir haben keine Schwierigkeiten mit dem Bezug des Arzneimittels“, sagt Schlüter. 90 Prozent der Familien nähmen das Angebot an, so Schlüter weiter.
„Wir bitten aber darum, sich schon vorab zu informieren“, erklärt der Sprecher und weist darauf hin, dass so die Kapazitäten im Eltern-Kind-Zentrum in Bremen-Mitte entlastet werden.
70 Prozent aller Kinder machen im ersten Lebensjahr eine RSV-Infektion durch, sagt Heuerding. „Bei den meisten zeigt sich die Infektion eher mit Erkältungssymptomen. Es gibt aber auch die Kinder, bei denen es zu einer obstruktiven Bronchitis oder Bronchiolitis kommt, die nur im Krankenhaus behandelt werden kann“, erklärt der Mediziner.
Lage mit steigendem Alter entspannter
Kinder könnten schwer an RSV erkranken, das sei aber im Krankenhaus gut zu behandeln, bestätigt auch Schlüter.
Trotz passiver Antikörpergabe können Kinder sich noch mit dem RSV infizieren. Die Infektion verläuft allerdings leichter. „Wenn die Kinder größer werden, sind auch die Atemwege weiter und das Risiko für schwere Verläufe sinkt“, sagt Heuerding.