Windräder können nicht nur für Vögel, Fledermäuse und Insekten gefährlich werden, auch Wale und Fische leiden unter dem Ausbau der Offshore-WEA. Foto: Michaela, Pixabay.
Wildtieren helfen

Dilemma: Windenergie versus Tierschutz

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Windkraft tötet Tiere: Artenschützer sindalarmiert. Klimakrise, Artenkrise und Tierschutz gemeinsam denken.

Erneuerbare Energien als nachhaltige Energieversorgung

Erneuerbare Energien stehen für eine nachhaltige Energieversorgung. Diese regenerativen Energien gelten, neben der Reduktion des Energieverbrauchs, als wichtige Säule einer nachhaltigen Energiepolitik. Solche alternativen Energieträger sind beispielsweise Windenergie, Photovoltaik und Biogas.

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Windenergieanlagen haben massive Auswirkungen auf die Umwelt

Als Hoffnungsträger der Energiewende entstehen landesweit Windenergieanlagen. Doch die vermeintlich sauberen Energieträger haben massive Auswirkungen auf die Umwelt. Während sich Anwohner über Lärmbelästigung und Schattenschlag durch diese Anlagen beschweren, sind ihre Folgen für die Natur weitgehend unerforscht. „Jedes Jahr fallen rund 250.000 Fledermäuse und Tausende Greifvögel den Windenergieanlagen zum Opfer“, stellte die Deutsche Wildtier Stiftung schon vor Jahren fest. „Während der warmen Jahreszeit kommen bis zu sechs Milliarden Insekten täglich durch die deutschen Windenergieanlagen um“, berechnete das Institut für Technische Thermodynamik des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. „Mit dem Ausbau der Windenergie werden diese Zahlen massiv steigen“, warnt die Bremer Tierschutz- und Wildtier-Expertin Dr. K. Alexandra Dörnath, die die Tierarztpraxis Klein Mexiko und das Exoten-Kompetenz-Centrum leitet.

Massive Probleme für den Artenschutz

Prof. Dr. Christian Voigt vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung sieht im Ausbau der Windkraft, so wie die Ziele in Deutschland jetzt projiziert wurden, massive Probleme für den Artenschutz. „Windräder im Wald haben einen Lebensraumverlust zur Folge, ihre Anlage führt zu einer Fragmentierung der Wälder“, so Voigt. „Aber ohne Klimaschutz kann die Artenvielfalt nicht geschützt werden und für den Klimaschutz benötigt es regenerative Energien“, so Dörnath. „Es ist ein Dilemma“, stellt sie fest. Die Tierschutzexpertin fügt hinzu, dass Tierindividuen kein Kollateralschaden der Energiewende sein dürften.

Probleme für Schweinswale, Fische und Seetaucher

Knapp 30.000 Windenergieanlagen an Land stehen den 1.500 im deutschen Offshore-Bereich gegenüber. „Baulärm führt hier zu Problemen für das empfindliche Gehör des Schweinswals, seine Schallwellen bei Fischen zu Organschäden, und Seetaucher sind im Umkreis von zehn Kilometern zu einem Windrad fast kaum noch zu finden“, so Dörnath.

Habitatverluste für die gesamte Natur

Das Errichten von Windrädern in Wäldern hat Folgen für störungsempfindliche Wildtiere wie Fledermäuse. „Zusätzlich zu den Gefahren wie Rotorblattkollisionen oder dem Druckabfall hinter den Rotorblättern, der innere Organe der Fledermäuse zum Platzen bringt, kommt hier noch der Lebensraumverlust durch Rodungen hinzu“, stellt Dörnath fest. Es bestehe zwar noch enormer Forschungsbedarf, dennoch stehe zu befürchten, dass es bei weiterem Ausbau in Wäldern schwerwiegende Folgen für die Fledermauspopulationen hat, so die Tierärztin. Auf den Habitatverlust geht auch Prof. Dr. Stefan Garthe, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, ein und betont diesen als ein ernstzunehmendes Problem: „Wenn es einen Windpark gibt, ist das kein Problem. Aber, wenn große Bereiche zugebaut werden, verlieren die Tiere erhebliche Anteile ihres angestammten Lebensraumes.“

Dieser durch ein Rotorblatt zweigeteilte Seeadler wurde 2021 am Fuße eines Windrades bei Bremerhaven gefunden. Foto: Klaus Meyer, Wildtierauffangstation Rastede

Schockierende Einzelfälle

In die Medien schaffen es meist nur Einzelfälle mit schockierenden Bildern wie etwa der Fall des durch eine Windenergieanlage zweigeteilten Seeadlers, dessen beide Hälften im Jahre 2021 unter einer solchen Anlage in Bremerhaven gefunden wurden. Klaus Meyer, Leiter der Wildtierauffangstation Rastede, beobachtete, dass die Position des besenderten Vogels tagelang unverändert war. Er machte sich auf den Weg, diesen Sender zu suchen. Nachdem Meyer in 50 Metern Entfernung zum Windrad einen Teil des Adlers fand, konnte er kurz darauf auch den Rest des durch die Rotorblätter zerteilten Tieres finden.

Die Expertin Dr. Alexandra Dörnath aus der Tierarztpraxis Klein Mexiko  Foto: Bollmann

Ausbau der Windkraft mit Rücksicht auf die Natur

„Klimaschutz, Tierschutz und Artenschutz müssen gemeinsam gedacht werden“, betonen Dörnath und Meyer gleichermaßen. „Der Ausbau der Windkraft muss unbedingt mit Rücksicht auf die Natur geschehen“, fahren sie fort. „Lösungsansätze für dieses Dilemma sind eine genaue Standortplanung von Windrädern, die Abstandsempfehlungen zu Hot Spots der Artenvielfalt sowie zu Horsten und Rastgebieten, eine Reduktion von Baulärm und gezielte Pausen der Windanlagen z. B. zur Zugzeit von Tieren“, so die beiden Wildtierexperten. Es gebe bereits Kameras zur Erkennung sensibler Arten, die zum Abschalten führen könnten. Zu guter Letzt betont Dörnath: „Ohne Klimaschutz macht Artenschutz keinen Sinn und Tierleben dürfen kein Kollateralschaden der Energiewende sein“.

■ Falls Ihnen ein Thema rund um einheimische Wildtiere und auch Exoten unter den Nägeln brennt, schreiben Sie uns einfach unter martin.bollmann@weserreport.de eine Mail.

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