Es war eines der umstrittensten Projekte des ehemaligen Bürgermeisters Henning Scherf. 1999 privatisierte die große Koalition unter seiner Führung die Trink- und Abwasserversorgung. 2029, genau 30 Jahre danach, will der Senat das Rad zurückdrehen. Das Wasser soll durch eine Rekommunalisierung in öffentliche Hand.
Durch Rekommunalisierung soll Umsatzsteuer entfallen
Zunächst müssten Trink- und Abwasser allerdings getrennt betrachtet werden, betont Umweltsenatorin Kathrin Moosdorf. Die Stadtentwässerung obliegt derzeit dem Unternehmen Hansewasser. Die Stadt hält daran bisher 25,1 Prozent der Anteile, der Rest soll ab 2029 übernommen werden. Bürgermeister Andreas Bovenschulte hebt hervor, dass sich daraus wirtschaftliche Vorteile in Millionenhöhe ergeben würden. Zu Gute kommen würden diese vor allem den Bürgerinnen und Bürgern, da sich daraus niedrigere Abwassergebühren ergeben sollen.
Eine Voraussetzung dafür sei allerdings, dass die Stadt keine Umsatzsteuer für die Bewirtschaftung des Abwassernetzes zahlen müsste. Die unabhängigen Gutachter hätten dies bereits bestätigt, betont Bovenschulte. Dennoch prüft das Finanzamt diese Möglichkeit noch einmal eingehend. Ergebnisse sollen laut Senatorin Moosdorf noch in diesem Jahr vorliegen.
Die Trinkwasserversorgung wird hingegen derzeit komplett von der swb Tochterfirma Wesernetz organisiert. Der Konzessionsvertrag laufe automatisch Ende 2028 aus, erklärt Moosdorf. Dann will Bremen als Vertragspartner in die Trinkwasserversorgung mit eintreten, um mehr Handhabe zu bekommen. Insbesondere der Klimawandel sei hierbei ein wichtiger Aspekt, sagt die Senatorin. „Durch die Neuorganisation von Stadtentwässerung und Trinkwasserversorgung kann die Stadtgemeinde einen größeren Einfluss und mehr Steuerungsmöglichkeiten für eine zukunftsweisende Prioritätensetzung erlangen“, so Moosdorf.
Bürgerschaftsfraktionen über Rekommunalisierung gespalten
Die Koalitionsparteien loben den Schritt des Senats. Klaus-Rainer Rupp, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der Linksfraktion, rückt den wirtschaftlichen Aspekt in den Fokus: „Die Rekommunalisierung von Hansewasser bedeutet niedrigere Abwassergebühren.“ Dies soll zur Senkung der Mietnebenkosten beitragen.
Aus der Opposition kommt hingegen harsche Kritik für die Pläne des Senats. CDU-Fraktionschef Frank Imhoff bezeichnet dass Vorhaben als „riskantes, teures Abenteuer, welches mit wirtschaftlichem Sachverstand nichts zu tun habe.“ Darauf angesprochen hält Bovenschulte die Gutachten entgegen. Jene würden das Gegenteil beweisen. Wie viel die Stadt für die Rekommunalisierung am Ende zahlen müsse, wollten weder Moosdorf noch Bovenschulte bekannt geben.
Sollte das Finanzamt aber zu dem Schluss kommen, dass ein Einstieg in die Trink- und Abwasserversorgung unwirtschaftlich sei, habe man einen Plan B, betont der Bürgermeister. So könne ohne Probleme eine Vergabe der Konzessionen, über 2028 hinaus ausgeschrieben werden. Auf diesem Weg sollen beide Szenarien gut abgedeckt sein.