Ab August 2026 haben zunächst alle Erstklässlerinnen und Erstklässler, bis 2029 auch alle anderen Grundschuljahrgänge einen Anspruch auf ganztägige Betreuung in Schule oder Hort. Foto: Pixabay Ab August 2026 haben zunächst alle Erstklässlerinnen und Erstklässler, bis 2029 auch alle anderen Grundschuljahrgänge einen Anspruch auf ganztägige Betreuung in Schule oder Hort. Foto: Pixabay
Bildung

Ganztagsbetreuung: Tausende Plätze fehlen

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Eltern und Gewerkschaft sind in Sorge um die Kapazitäten in der Ganztagsbetreuung ab August 2026.

Jonathan ist sieben Jahre alt und besucht nach der Schule einen Hort als Teil der Ganztagsbetreuung. Dort isst er zu Mittag, erledigt seine Hausaufgaben und spielt mit seinen Freunden. Ob das auch in den kommenden Jahren so bleibt, ist für seine Mutter ungewiss. Sie möchte anonym bleiben.

Mit Beginn des Schuljahres 2026/2027 haben alle Erstklässlerinnen und Erstklässler bundesweit ein Recht auf ganztägige Betreuung in Schule oder Hort. Jonathan kommt dann in die dritte Klasse, hat also keinen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung. Dieser wird in den folgenden Jahren jeweils um eine Klassenstufe erweitert, sodass ab August 2029 theoretisch jedes Grundschulkind eine ganztägige Betreuung in der Schule oder im Hort nutzen kann.

So sollen die Bildungschancen der Kinder erhöht, gleichzeitig die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie gefördert werden.

Ganztag mit Trägern aus der Jugendarbeit

Doch: Tausende Plätze fehlen. Laut einem Bericht der Bundesregierung müsste Bremen 3.000 bis 5.000 zusätzliche Betreuungsplätze schaffen. „Wenn bis zum Schuljahr 2026/2027 nicht genügend Plätze zur Verfügung stehen, fallen die älteren Kinder hinten runter“, befürchtet die betroffene Mutter.

In der Stadt Bremen haben von 84 Grundschulen bisher laut Bildungsbehörde 52 ein Ganztagsangebot. „Im Bundesvergleich liegen wir damit bei den gebundenen Ganztagsgrundschulen mit 34 Prozent sogar ganz vorne“, sagt Patricia Brandt, Sprecherin von Bildungssenatorin Sascha Karolin Aulepp. Hinzu kämen gut 2.000 Hortplätze.

Wie die nachmittägliche Betreuung ausgestaltet wird, regelt jedes Bundesland selbst. In Bremen werden auch Träger der offenen Kinder- und Jugendarbeit eingebunden, etwa der Sportgarten oder Stadtteilfarmen. Gespräche mit den Trägern über zusätzliche Angebote ab August 2026 laufen dem Vernehmen nach bereits.

„Wir bereiten aktuell die Schulen für den Rechtsanspruch der Eltern vor, nutzen aber auch Kooperationen mit außerschulischen Angeboten und die vorhandenen Hortkapazitäten. 2026 gilt der Rechtsanspruch zunächst nur für den ersten Schuljahrgang. Die dafür zusätzlichen notwendigen Plätze haben wir im System oder werden sie bis 2026 geschaffen haben“, versichert Brandt.

Fachkräftemangel und fehlende Räume

Die flächendeckende Umsetzung des Rechtsanspruchs stellt die Bildungsbehörde aber vor Herausforderungen, insbesondere im Hinblick auf den Fachkräftemangel und die Finanzierung. Laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung aus dem Jahr 2022 fehlen in Bremen bis 2030 etwa 700 Fachkräfte.

„Die Unterstützung des Bundes deckt nur einen Bruchteil der Kosten“, erklärt Brandt und verweist auf den Bremer Appell von Bildungssenatorin Aulepp, der eine deutliche Unterstützung der Länder seitens der neuen Bundesregierung fordert.

„Für einen guten Ganztag braucht es Räume, Ressourcen und Personal. Nichts davon ist ausreichend vorhanden“, kritisiert Elke Suhr, Landesvorstandssprecherin der Bildungsgewerkschaft GEW.

Die seit Verabschiedung des Ganztagsförderungsgesetzes im Jahr 2021 verstrichene Zeit sei nicht gut genutzt worden, sagt Suhr. Der Ausbau des Ganztagsangebots dürfe zudem nicht zulasten der Kinder und der Beschäftigten gehen, fordert die GEW-Sprecherin. Wichtig sei eine Verzahnung zwischen Schule und außerschulischem Nachmittagsangebot, damit die Kinder nicht nur von einem zum nächsten weiter gereicht würden.

Keine Plätze für ältere Kinder?

Die fehlenden oder schon jetzt ausgelasteten Kapazitäten sieht auch der Zentralelternbeirat Bremen als schwierige Voraussetzung für die Umsetzung des Rechtsanspruchs.

Der Personalmangel bestehe fort und neue oder zu erweiternde Schulen müssten erst noch gebaut oder fertiggestellt werden, gibt dessen Vorstandssprecher Marco Hünecke zu bedenken. „Diese stehen somit für die Ganztagsbetreuung nicht zur Verfügung“, sagt Hünecke. Es werde also landesweit auf provisorische Lösungen hinauslaufen.

Bei einer weiterhin dünnen Personaldecke werde es auch bei den Horten und anderen Angeboten eng werden. „Dann werden natürlich vorrangig Berechtigte mit Rechtsanspruch aufgenommen werden“, bestätigt Hünecke die Sorgen von Jonathans Mutter und vieler anderer Eltern.

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