„Häusliche Gewalt ist mitnichten nur ein privates Problem“, sagt die Polizei. Einen starken Anstieg an Fällen gab es im Landkreis Oldenburg. Immer mehr Opfer würden mittlerweile Anzeige erstatten. Foto: Konczak
Kriminalstatistik

Zahl der Straftaten gesunken

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Die Kriminalstatistik zeigt eine hohe Aufklärungsquote, aber mehr häusliche Gewalt und Gewalt gegen Polizei.

Wir leben in einer sicheren Region“ – Die Zahlen aus der Polizeilichen Kriminalstatistik 2024 für den Bereich der Polizeiinspektion Delmenhorst/Oldenburg-Land/Wesermarsch stimmen Leiter Wilfried Grieme positiv. 499 weniger Fälle wurden im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2023 festgestellt. Insgesamt registrierte die Polizei in ihrem gesamten Zuständigkeitsbereich, der über 303.000 Einwohner zählt, 15.615 Straftaten– ein Minus von 3,1 Prozent und ein Niveau wie vor fünf Jahren. Besonders freut Grieme auch die Aufklärungsquote von 67,56 Prozent. 10.550 Fälle konnten 2024 aufgeklärt werden und damit 235 mehr als im Jahr zuvor. „Wir sind froh über die Entwicklung. Es gibt einen Rückgang an Taten bei zunehmender Aufklärung der Fälle“, so Grieme, der bei der Vorstellung der Kriminalstatistik die „hervorragende Ermittlungsarbeit“ lobte.

4.906 Straftaten in Delmenhorst

Im Delmenhorster Stadtgebiet wurden im vergangenen Jahr 4.906 Fälle gezählt, wovon 3.067 aufgeklärt werden konnten. Damit sank die Zahl der Straftaten um 713. Einen Anstieg verzeichnete die Polizei bei den Rohheitsdelikten – und das bereits seit Jahren. Dazu zählen Raub, Körperverletzung oder auch Straftaten gegen die persönliche Freiheit. Begründet werden kann dies laut Polizei vermutlich mit der Verrohung der Gesellschaft, die sich etwa in Hass und Hetze im Internet und bei niedrigeren Hemmschwellen zum Schlagen zeige. Ein Fallbeispiel ist die Massenschlägerei an der Schulstraße im Mai, bei der es auch einen Schuss gegeben haben soll.
Ebenfalls mehr Straftaten wurden im Bereich der häuslichen Gewalt registriert. Im gesamten Zuständigkeitsbereich gab es mit 1.131 Fällen einen Anstieg um mehr als 14 Prozent. In Delmenhorst lag die Zahl bei 338 gegenüber 325 im Vorjahr. Die Dunkelziffer dürfte höher liegen. 75 Prozent der Opfer sind Frauen. „Das macht uns schon sehr nachdenklich und wir fragen uns: Was kriegen wir mit und was nicht?“, sagt Patrick Hublitz, Leiter des Zentralen Kriminaldienstes. Dennoch scheinen Präventionskampagnen und Beratungsangebote eine Wirkung zu zeigen, denn immer häufiger würden Opfer den Schritt aus der Gewalt wagen und Anzeige erstatten. Die Polizei appelliert dringlich, Taten häuslicher Gewalt zu melden, und hofft, das Dunkelfeld der Fälle aufzuhellen.

Höchstwert bei Gewalt gegen Polizeibeamte

Einen traurigen Höchstwert im Vergleich der vergangenen zehn Jahre gab es 2024 bei der Gewalt gegen Polizeibeamte. Dabei geht es ebenso um Körperverletzung oder gar Tötung wie um verbale Gewalt und passiven Widerstand. In Delmenhorst stieg die Zahl von 32 auf 33, im gesamten Gebiet von 107 auf 133. „Eine unmögliche Entwicklung“, kritisiert Polizeidirektor Grieme. Beamte würden bespuckt, beleidigt, bedroht oder gar geschlagen. „Diese Taten müssen absolut geächtet werden“, betont Grieme.
Für den Landkreis Oldenburg spricht Nils Wiebusch, Leiter des Polizeikommissariats in Wildeshausen, von einer „außergewöhnlich hohen Lebensqualität“. Die Fallzahlen seien in den vergangenen zehn Jahres stabil geblieben. 5.950 Straftaten zählte der Landkreis 2024, leicht mehr als im Vorjahr (5.727). Einen „erschreckenden Anstieg“ habe es bei der häuslichen Gewalt gegeben – von 283 auf 325. Frauen machen 70 Prozent der Opfer auf. „Häusliche Gewalt ist mitnichten nur ein privates Problem“, betont Wiebusch, der wie seine Kollegen ermutigen möchte, Anzeige zu erstatten. Bei der Gewalt gegen Polizeibeamte stieg die Fallzahl von 18 auf 24. Diebstähle sanken leicht von 1.735 auf 1.722. Vor allem habe es weniger Fahradklau gegeben, so Kai-Uwe Pfänder, Leiter Kriminal- und Ermittlungsdienst in Wildeshausen. Die Zahl der Wohnungseinbrüche steigt seit 2021 wieder an. Hier berät die Polizei gerne, wie man sein Zuhause schützen kann.

Menschen haben mehr Angst

Viel Aufsehen erregte im vergangenen Jahr ein versuchter Überfall an einer Wohnungstür in Schierbrok. Der Fall erregte auch deshalb viel Aufmerksamkeit, weil eine Kamera lief und die Aufnahmen schnell verbreitet wurden. Das ungefilterte Posten in Soziale Medien trage dazu bei, dass das subjektive Unsicherheitsgefühl der Bürger zunimmt. „Leider wird in den sozialen Netzwerken auch viel Bullshit verbreitet“, moniert der Poolizeichef. „Wir sehen uns vermehrt mit Ängsten konfrontiert. Es zeigt sich, dass Unsicherheiten manchmal bewusst verstärkt werden – sei es durch überzogene Darstellung oder Desinformation. Das ist eine Entwicklung, die ich aus polizeilicher Sicht sehr kritisch bewerte“, so Grieme. Er appelliert daher, sich auf verlässliche Quellen wie die Polizei zu stützen und angstschürende Behauptungen kritisch zu hinterfragen. Die Statistik der Beamten sei handfest. „Wir frisieren keine Zahlen und stellen nichts falsch dar.“

Die komplette Kriminalstatistik kann hier heruntergeladen werden.

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