Die Ente passt genau auf ihren Nachwuchs auf und führt ihn zum Wasser. Lebensgefährlich wird es für die Küken, wenn diese von ihrer Mutter getrennt werden, denn ohne ihren Schutz überleben sie nur kurz. Foto: G.C. auf Pixabay
Wildtieren helfen

Falsche „Hilfe“ bringt Enten in Not

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Die Entenmutter führt ihre Küken ans Wasser. Küken dürfen nicht vom Muttertier getrennt werden.

Die Ente passt ganz genau auf ihren Nachwuchs auf und flüchtet mit ihren Küken ganz schnell, wenn sie eine Gefahr entdeckt. Foto: Paul Bogner

Die Ente passt ganz genau auf ihren Nachwuchs auf und flüchtet mit ihren Küken ganz schnell, wenn sie eine Gefahr entdeckt. Foto: Paul Bogner

Die Stockente – eine Schwimm- und Grundelente

Die Stockente ist die größte und die am häufigsten vorkommende Schwimm- und Grundelente Europas. Sie ist die Stammform der Hausente. Ihr lautes Quaken ist unverkennbar. Damit ihr Gefieder beim Schwimmen und Tauchen nicht nass wird, versieht sie es mithilfe ihres Schnabels mit fettigem Bürzeldrüsensekret. Die Ente schwimmt damit auf dem Wasser wie auf einem Luftpolster. Das Gefieder der jungen Küken hingegen ist noch nicht gleich voll „wassertauglich“.

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Stockente versus Märzente

Früher wurde sie „Märzente“ genannt, denn ab Monat März ist ihre Paarungszeit. Ihr heutiger Name, „Stockente“, soll von den auf Stock gesetzten Weiden herrühren, auf denen sie wohl gerne brütet. Zumeist befinden sich ihre Gelege geschützt unter Sträuchern in Ufernähe.

Ist an einem Gewässer keine Vegetation vorhanden, sucht sie sich einen anderen Ort. Dieser kann bis zu fünf Kilometer entfernt vom Gewässer liegen. Dabei wählt sie aber nicht immer bodennahe Verstecke, auch Bruten in Bäumen sind zu beobachten. Von hier lassen sich die leichten Küken nach ihrem Schlupf fallen und segeln herab, als trügen sie einen Fallschirm.

Die Ente passt ganz genau auf ihren Nachwuchs auf und flüchtet mit ihren Küken ganz schnell, wenn sie eine Gefahr entdeckt. Foto: Paul Bogner

Eine Ente brütet in einem Balkonkasten. Falls nötig, bringen Feuerwehr oder Tierschützer Ente und geschlüpfte Küken zum nächsten adäquaten Gewässer. Foto: Nabu Erfurt

Brutstätten in Zivilisationsnähe

„In Zivilisationsnähe setzt die Stockente allerdings auch Gelege auf Garagen, in Innenhöfe und sogar in Blumenkübel und Balkonkästen“, weiß die Bremer Tierschutz- und Wildtierexpertin Dr. K. Alexandra Dörnath, die die Tierarztpraxis Klein Mexiko und das Exoten-Kompetenz-Centrum leitet.

Allerdings hätten die frisch geschlüpften Küken es dann nicht immer leicht, den Weg zum Wasser lebend und unverletzt zu meistern, insbesondere, wenn gefährliche Straßen diesen kreuzten. „Kann die Mutterente zur Eiablage fliegen, muss die Entenfamilie ihren Weg zum Wasser gemeinsam aber zu Fuß antreten, da die Küken nach dem Schlupf ja nicht fliegen können“, so die versierte Tierärztin.

Küken seien schon unbeschadet aus dem 4. Stockwerk, dem Ruf ihrer Mutter folgend, „heruntergesegelt“. Wenn allerdings Hindernisse im Weg seien, dann müsse der Mensch den Küken helfen. Allerdings dürfe hierbei ihr Kontakt zur Mutter niemals abbrechen, betont Dörnath.

Nach Bundesnaturschutzgesetz geschützt

„Wichtig zu wissen ist, dass die Brutstätten unserer Wildvögel nach dem Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt sind“, so die Tierärztin. „Hat sich eine Ente für einen Nistplatz am Gebäude entschieden, kann meist nichts mehr dagegen getan werden. Schnell liegen die ersten Eier im Nest und es ist zu spät, das Tier umzusiedeln“, so die Vogelkennerin. Etwas am Nest zu verändern könnte bedeuten, dass sich die Mutterente nicht mehr um ihre Eier resp. Küken kümmerte oder die Mutter sogar an einer Legenot verstürbe.

Entenküken sind sofort nach dem Schlupf schwimmfähig, aber nicht gleich voll „wassertauglich“. Da sie anfangs kein wasserabweisendes Gefieder haben, können sie bei zu langem Aufenthalt im Wasser ertrinken und auch ihre Körpertemperatur kann lebensbedrohlich sinken. Am Land trocknen sie und ruhen sich aus. Foto: Alexa, Pixabay

Entenküken sind sofort nach dem Schlupf schwimmfähig, aber nicht gleich voll „wassertauglich“. Da sie anfangs kein wasserabweisendes Gefieder haben, können sie bei zu langem Aufenthalt im Wasser ertrinken und auch ihre Körpertemperatur kann lebensbedrohlich sinken. Am Land trocknen sie und ruhen sich aus. Foto: Alexa, Pixabay 

Mutter schützt ihre Küken

Stockenten sind meist die ersten einheimischen Vögel im Jahr, bei denen der Nachwuchs schlüpft. Sind alle Küken geschlüpft und getrocknet, folgen sie ihrer Mutter zu einem Gewässer. Als Nestflüchter werden sie nicht von ihr gefüttert, sondern suchen sofort selbst ihre Nahrung, die anfangs aus Insekten besteht und bevorzugt an Gewässern zu finden ist. Unbedingt aber brauchen sie den Schutz ihrer Mutter, um in der Natur mit all ihren Gefahren zu überleben.

Sie macht auf diese aufmerksam und hudert ihre Küken. Bedrohungen gehen von Wildtieren wie Rabenkrähe, Fuchs und Waschbär aus, aber insbesondere von streunenden Hauskatzen. Auch menschengemachte Bedrohungen, wie der Straßenverkehr, gefährden ihr Leben. Und der Mensch selbst, wenn dieser mit gut gemeinter „Hilfe“ Entenmutter und Küken trennt und diese so in höchste Not bringt, ist mehr als nur ein Störfaktor.

Hilfe nur bei tatsächlicher Not

Zum Start ins Frühjahr stehen bei Behörden, Tierschutzvereinen, Wildtierauffangstationen und Umweltverbänden die Telefone nicht still. Besorgte Anrufer haben vermeintlich hilflose Jungvögel, auch Entenküken, entdeckt und wollen ihnen helfen. „Dabei sollte man aber in jedem Fall sehr umsichtig agieren und das Geschehen aus für die Vögel sicherer Entfernung zunächst nur beobachten“, so Dörnath.

Befindet sich ein Vogel tatsächlich in einer Notlage, muss schnell und fachgerecht geholfen werden, da kleine Küken eine leichte Beute sind. Für Laien ist dies nicht immer eindeutig. Bestehen Zweifel, sollte sich Hilfe bei genannten Institutionen geholt werden. Die Stockente unterliegt, als europäische Vogelart, der Europäischen Vogelschutzrichtlinie, ist allerdings in Anhang II/A aufgeführt und darf somit in allen Mitgliedsstaaten bejagt werden. Für sie gelten Schonzeiten. Auch der zuständige Jagdpächter ist ein guter Ansprechpartner, wenn es um adäquate Hilfe geht.

Falsche „Hilfe“ tötet

Ein Ereignis aus dem letzten Jahr ist Wildtierexpertin Dörnath besonders in Erinnerung: Nahe ihrer Praxis jagten neun Erwachsene und drei Kinder auf einem Parkplatz mit Handtüchern wild und unkoordiniert eine Entenmutter und ihre neun Küken über einen längeren Zeitraum. Sie wollten den Tieren zum Wasser „helfen“. Dörnath forderte diese Personen auf, ihre laienhafte Aktion, die nicht nur gegen Tierschutz- und Artenschutzrecht verstieße, sofort zu unterlassen.

Sie bat um Ruhe und Geduld und darum, die Tiere zum Wasser begleiten zu dürfen, wurde aber nicht gehört. „Ich hätte sofort die Polizei rufen sollen, denn gegen dieses Dutzend Personen kam ich nicht an“, macht sie sich noch heute schwere Vorwürfe. Nach der wilden Hatz wurden die übrig gebliebenen Küken, zwei wurden bereits während der Fangaktion durch eine Hauskatze getötet, in eine Box gesteckt, an einen Tümpel gebracht und dort ausgesetzt.

Die Entenmutter flüchtete laut quakend auf das nächste Dach. Noch abends rief sie nach ihrem Nachwuchs, der wohl nicht mehr am Leben war.

Hilfe den Profis überlassen

„Müssen Entenmutter und Küken auf dem Weg zum Wasser Straßen queren, sollte man sie mit ausreichendem Abstand und mit Geduld sowie am besten zu zweit zum Wasser begleiten“, rät die Veterinärin. Dazu gehöre auch, dass man Verkehrsteilnehmer auf die Situation aufmerksam mache.

Die Expertin Dr. Alexandra Dörnath aus der Tierarztpraxis Klein Mexiko. Foto: Bollmann

Müssen die Tiere eingefangen werden, so sollte dies wirklich Fachleuten überlassen werden. „Wenn es um die Mutterente geht, hat man nämlich nur einen Versuch“, so Expertin Dörnath.

■ Falls Ihnen ein Thema rund um einheimische Wildtiere und auch Exoten unter den Nägeln brennt, schreiben Sie uns einfach unter martin.bollmann@weserreport.de eine Mail. mb

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