Sopranistin Mailen Bilezker und Tenor Murilo Sousa sind in der Obernstraße umringt von etwa 30 Zuhörern. Beide singen brillant gegen Straßenbahnen, Möwengeschrei und Klingeltöne an. „Brindisi“ aus Verdis Traviata und „Nessun Dorma“ („Alles schläft“) lassen die Leute mitsingen, klatschen oder hin- und herwippen.
Wenn sich das professionelle Opernduo anschmachtet und mit ausladenden Gesten das Publikum einbindet, applaudieren Touristen und Einheimische herzlich und lange. Sogar ein vereinzeltes „Bravo“ tönt mal aus der Menge. Das sei einmalig in Bremen, betonen Passanten mehrfach.
Auch nur dort treten die Profimusiker auf der Straße auf. Im Gegensatz zu einem Gitarristen, der den Blues hat aber nicht rüberbringen kann oder einem Trommler, der nonstop nur zwei Töne spielt, begeistern diese beiden ihr Publikum sichtlich. Auch auf den Treppen vorm Dom: „Diese Kulisse passt einfach zur unserer Musik“, betont Sousa.

In wenigen Minuten werden sie wieder dicht umringt von Einheimischen und Touristen sein: Die Opern-Profis Mailen Bilezker und Murilo Sousa sind die Stars der Straßenmusik in Bremen.
Bei Aida getroffen
Die Neu-Hamburgerin Bilezker ist „in Gesang verliebt“. Sie hat ihren Beruf in Argentinien studiert. Mit einem Stipendium für die Europachor-Akademie in Görlitz entwickelt sie ihre Fähigkeiten weiter. Bei einer Arenen-Tournee der Oper „Aida“ hat sie Murilo getroffen. Der Brasilianer lud sie ein, „es mal mit Straßenmusik zu probieren“. Er wollte eigentlich Fußballer werden – später Rockstar.
Durch ein soziales Projekt der Regierung, das Jugendliche an klassische Musik heranführen soll, entdeckte Sousa sein Talent für Gesang: „Davor hatte ich nie klassische Musik gehört.“ Das Schleswig-Holstein-Musik-Festival schlug ihm vor, ein Masterstudium in Deutschland zu machen. Als es während der Pandemie keine Konzerte gab, sang er in Berlin auf der Straße.

„Ein freier Platz für unsere Gefühle“: Opernduo Mailen Bilezker (r.) und Murilo Sousa lieben die Altstadt als Bühne.
Opernduo nur in Bremen auf der Straße
Mittlerweile ist für beide nur noch Bremen eine Straßen-Bühne: „Die Gebäude, die Altstadt passen und es gibt Tourismus“. Sousa ergänzt: „In Hamburg funktioniert es nicht für uns.“ Beide seien in Straßenmusik verliebt, „weil wir sehen, wenn das Publikum weint, lächelt oder tanzt.“
Mailen schwärmt: „Immer wenn wir in Bremen sind, füllen wir unsere Seelen“. Murilo ergänzt: „Hier ist ein freier Platz für unsere Gefühle. Die Glocke, die Laeiszhalle oder Elbphilharmonie kennen sie. Jetzt geht es auf die Treppen des Domes, ihrer „Lieblingsbühne“.
Im richtigen Leben arbeitet Bilezker in Chorprojekten, tritt auf Bühnen in Deutschland und mit Sousa bei Events und Privatkonzerten auf. Der ist Freiberufler bei Chören, war auch schon sechs Monate am Stück an der Semperoper tätig.
Am 29. April seien sie wieder in Bremen, bei Regen einen Tag später.