27 Jahre lang waren sie auf den Straßen in ganz Bremen unterwegs, am 1. Februar war dann überraschend Schluss. Der Quartier-Service, der im Viertel begann, fokussierte sich auf die Verbesserung der Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum. Angestellt waren sogenannte AGH-Kräfte (Arbeitsgelegenheiten) und Menschen, die über andere Förderungen eine Beschäftigung fanden.
Ein halbes Leben beim Quartier-Service
Renate Fynnau und Jürgen von der Behrens etwa waren viele Jahre auf den Straßen im Bremer Viertel unterwegs. Sieben Tage die Woche hielten die beiden in Gruppen die Straßen sauber. Beide wurden nur kurzfristig informiert, dass die ihre Jobs nun wegfallen werden.
„Wir sind hier zusammengewachsen wie eine Familie“, erklärt von der Behrens. Die Personen im Stadtteil wären entsetzt, dass die Gesichter des Stadtteils plötzlich von den Straßen verschwinden, berichten von der Behrens und Fynnau.
Die beiden sind nur zwei von insgesamt 66 Personen, welche im Quartier-Service beschäftigt waren. Organisiert wurde der Quartier-Service von der Gröpelinger Recycling Initiative (GRI). Geschäftsführer Michael Vespermann bedauert, dass der Quartier-Service eingestellt wird. „Wir haben den Antrag auf AGH-Kräfte Ende letzten Jahres nicht durchbekommen, damit haben wir zunächst nicht gerechnet“, erklärt Vespermann. Der Grund dafür ist eine Neuauslegung der sogenannten „Zusätzlichkeit.“
Quartier-Service stelle keine „Zusätzlichkeit“ dar
Maßnahmen des Jobcenters sollen dementsprechend zusätzlich sein und nicht anderen Dienstleistern Konkurrenz machen. „Jetzt ist es so, dass das Jobcenter sagt: Der Quartier-Service kann nicht mehr das Kriterium der Zusätzlichkeit erfüllen, der Bremer Stadtreinigung obliegt die Aufgabe der Stadtsauberkeit“, erläutert Vespermann.
Nachvollziehen kann Vespermann dies allerdings nicht. Denn neben der Tätigkeit, sich gegen Vermüllung an Brennpunkten in Stadtteilquartieren einzusetzen, hat der Quartier-Service noch Hilfsaufgaben in der Nachbarschaft übernommen. „Schulprojekte wurde unterstützt, älteren Damen der Sperrmüll rausgestellt oder Abholungen von Recyclingmaterialien durchgeführt, auch das alles fällt weg.“
Einige Personen konnten innerhalb der GRI anderen Aufgaben zugeteilt werden, ein Großteil jedoch nicht. Das Jobcenter bestätigt auf Anfrage, „dass der beantragende Träger die Kriterien Zusätzlichkeit, öffentliches Interesse und Wettbewerbsneutralität nicht nachweisen konnte“, so Pia Gerdin, Pressesprecherin des Jobcenters. Zudem müsse das Jobcenter mit deutlich weniger Finanzierungsmitteln in diesem Jahr klar kommen.
Beiräte Mitte und Östliche Vorstadt entsetzt
Der Grund wären Kürzungen auf Bundesebene, betont Gerdin. „Das Jobcenter Bremen wird angesichts der Budgetkürzungen gegenüber den Vorjahren weniger Menschen mit arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen erreichen und unterstützen können.“ Betroffen wären neben der GRI auch weitere Arbeitsgelegenheiten. Die unternehmerische Entscheidung, den Quartier-Service einzustellen, läge allerdings bei der GRI nicht beim Jobcenter, so Gerdin.
In Beiräten Mitte und Östliche Vorstadt war man entsetzt über den Wegfall. „Der Quartier-Service ist für uns ein ganz wichtiger Bestandteil“, erklärt Ortsamtsleiterin Hellena Harttung. Jahrelang wären die Personen durch die Straßen gezogen und hätten für Kontinuität in der Reinigung des Quartiers gesorgt. „Es ist für uns unvorstellbar, dass die nicht mehr unterwegs sein sollen. Und es ist paradox.
Wir versuchen immer die Reinigung im Viertel voranzutreiben und jetzt entfällt ein verlässlicher Einsatz.“ Im Januar forderte der Beirat den Senat auf, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass schnellstmöglich wieder ein förderpolitischer Rahmen entsteht. Geschehen ist bisher nichts.
„Ich kann nachts nicht so gut schlafen!
Fynnau und von der Behrens sehen in der Schließung eine Katastrophe. Beide sind unglaublich stolz auf die Arbeit, welche sie jahrelang geleistet haben. Ob an ganz normalen Tagen, der Breminale oder beim Samba Karneval, „wir haben einen Unterschied gemacht“, sagen beide unisono. „Ich kann nachts nicht mehr so gut schlafen“, schildert Fynnau, sechs Jahre habe sie einen täglichen Rhythmus, ein Ziel und einen gelebten Zusammenhalt gehabt.
Dass dieser jetzt ohne Vorwarnung und ohne das Aufzeigen einer neuen Perspektive genommen werde, stelle sie vor ein großes Nichts. Das gleiche gilt für von der Behrens, er wird in keine neue Arbeitsgelegenheit übernommen. „Wir haben so viel mitgemacht und wir wollen bleiben“, sagen beide.