Über zehn Jahre wurden die Anwohner einer Reihenhaussiedlung in Bremen-Osterholz terrorisiert: Ein Nachbar hält dort Jagdhunde, ohne sich auch nur ansatzweise um ihren Auslauf zu kümmern. Stattdessen durften sich die zwischen zwei und sieben Rhodesian Ridgebacks (werden oft zur Löwenjagd eingesetzt) lediglich in dem zum Zwinger umgebauten Vorgarten aufhalten, wo sie lautstark Passanten angingen. Seit Jahren beklagten die Nachbarn sich bei Behörden über Ruhestörungen und gesundheitliche Beeinträchtigungen. Doch beim Amt gab es kaum Gehör. Erst seit einer Woche sind nun einige Hunde verschwunden.
Beschwerden beim Stadtamt blieben erfolglos
Wer den Weg zu den rund zehn Reihenhäuser begeht, wird in den meisten Fällen vom Gebell der Hunde begrüßt. Selbst auf Bitten der Anwohner ruft der Besitzer der Tiere die Hunde allenfalls nachlässig zurück („Wozu? Lass sie doch bellen“). Zumeist sind die Vierbeiner offenbar alleine. „Der Besitzer arbeitet in der Nacht und schläft am Tag daher die meiste Zeit“, berichten Nachbarn, die namentlich nicht in der Zeitung genannt werden wollen. Weder direkte Gespräche, noch Kontakte über Anwälte und Mediatoren oder Briefe an das Stadtamt brachten eine Besserung der Situation. Stattdessen sahen sich die Anwohner mit Äußerungen wie „Falls Ihnen was nicht passt, gehen Sie doch ins Altersheim“, konfrontiert.
Rhodesian Ridgeback werden als Jagdhunde auch zur Löwenjagd eingesetzt und sind entsprechend wendig und zupackend. Foto: janwiersma auf Pixabay
Das Ordnungsamt war keine große Hilfe
Nachdem im Sommer vergangenen Jahres auch noch Ridgeback-Welpen auftauchten und die Zahl der Hunde weiter anwuchs, vereinbarten zwei Nachbarn für den 21. Oktober einen Termin beim Stadtamt an der Stresemannstraße. Die zuständige Sachbearbeiterin habe sie allerdings mit Worten abgekanzelt, „das ist nicht unser Ressort“, berichten die beiden Senioren (über 85 Jahre). Zuständig sei das benachbarte Veterinäramt (Lotzener Straße). Doch auch dort erhielten die Herren nach eigenem Empfinden nur abweisende Auskünfte: „Das könnte man sich einmal anschauen/jemanden hinschicken“. Nach drei Monaten hatte sich nichts geändert.
Auch Nachfragen unserer Zeitung beim für das Ordnungsamt zuständigen Innenressort liefen wochenlang ins Leere. Warum die Anwohner mit dem Hunde-Problem von den Ämtern über Jahre allein gelassen wurden? Erst auf wiederholte Nachfrage teilte Pressesprecher René Möller mit: „Der Fall ist unserem Ordnungamt bekannt und es wurde auch schon gehandelt.“ Der Besitzer sei auf seine Halterpflchten hingewiesen worden. Alle weiteren Fragen müsse man an das für das Veterinäramt zuständige Gesundheitsressort richten. Dort zeigte sich Pressesprecherin Kristin Viezens von den Aussagen einigermaßen überrascht, konnte aber bis Redaktionsschluss auch nur erklären, dass in der Sache gehandelt würde.
Die Jagdhunde bellten Tag und Nacht – jahrelang
Die Hunde fristeten unterdessen bis vor wenigen Tagen ihr Dasein in keinesfalls artgemäßer Haus- oder Vorgartenhaft, bellten Tag und Nacht. Die Nachbarn ärgerten sich weiter über den Lärm, Bedrohungen, fürchteten um den Wert ihrer Immobilie und fühlten sich von den Behörden schlicht allein gelassen. Und die Behörden? Die stellten sich scheinbar weiter taub. Vor wenigen Tagen tauchte dem Vernehmen nach dann ein größeres Aufgebot auf, um die Tiere sicherzustellen. Lediglich ein Rhodesian Ridgeback ist gegenwärtig noch beim Besitzer geblieben – unter Beobachtung, so eine Mitarbeiterin des Veterinäramtes.
Unterdessen hat der Senat in der vergangenen Woche die Einführung eines Hundeführerscheins beschlossen: „Damit setzen wir klare Regeln für eine verantwortungsvolle Hundehaltung“, betonte Innensenator Ulrich Mäurer (SPD). Ziel der Novelle sei es auch dem Sicherheitsbedürfnis der Bürger Rechnung zu tragen. Die Neuerung soll zum 1. Juli 2026 greifen – also auch für die Behörden noch etwas Zeit, den adäquaten Umgang mit dem Bürger zu üben.
Komentar: „Bürgerfreundliche Behörde?“
Das ist doch wirklich wie ein Stück aus dem Tollhaus: In einer ruhigen Reihenhaus-Siedlung werden Bürger über Tage, Wochen, Monate und Jahre durch kläffende, lärmende und bedrohliche Jagdhunde deutlich beeinträchtigt. Trotz mehrerer Hinweise und Beschwerden beim Ordnungsamt, handelte die Behörde nicht. Dabei war sogar für Laien ersichtlich, dass hier deutlich gegen Tierwohl verstoßen wurde. Ohne Auslauf, Bewegung oder Schutzhütte wurden die Vierbeiner in einem zwingerartig umzäunten Vorgarten eingepfercht und reagierten dementsprechend auffällig und aggressiv. Für eine solche Hundehaltung hätte der Besitzer sicher keinen Hundeführerschein erhalten. Für ihre Bürgerfreundlichkeit haben sich die Behörden aber ganz sicher auch keine Auszeichnung verdient.