Mit etwas Glück finden sich an den Insektenhotels ganz schnell die ersten Insekten, wie diese gehörnte Mauerbiene, ein. Foto: Bollmann
Wildtieren helfen

Hotels für die Insektenwelt

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Erschreckender Insektenschwund: Die Verbesserung der Lebensräume sind dringend notwendig.

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Die Biomasse der Insekten ist massiv eingebrochen

Die Serie des WESER REPORT in Zusammenarbeit mit der Tierärztin, Kolumnistin und Schriftstellerin Dr. Alexandra Dörnath führt unsere Leser in die Welt der wilden Tiere.
Man muss schon etwas genauer hinschauen, um diese kleinen, nützlichen Lebewesen mit ihren sechs Beinen zu sehen: die Insekten. Ihre Biomasse ist weltweit in den letzten Jahrzehnten massiv eingebrochen. Alleine die Anzahl der Fluginsekten ist um 75 Prozent zurückgegangen. Das ist längst nicht mehr nur ein Problem der Insekten: Auch die Anzahl der Vögel geht deshalb immer weiter zurück, da viele Arten gerade bei der Jungvogelaufzucht Raupen und Insekten verfüttern. Sogar auf die menschliche Ernährung wirkt sich der Insektenschwund aus, da Wild- und Honigbienen auch in der Landwirtschaft eine wichtige Bestäubungsarbeit leisten.

Die Verbesserung der Lebensräume ist extrem wichtig

Wie wichtig die Verbesserung der Lebensräume von Insekten ist, weiß der Mensch inzwischen. In einigen Bundesländern wird daher der Anbau von Blühstreifen gefördert, so auch in Bremen. „Aber nicht nur staatliche Blühstreifen, insbesondere eine naturnahe Gestaltung privater Gärten und der Bau von Insektenhotels leisten einen wichtigen Beitrag zum Insektenschutz“, erklärt Tierärztin Dr. Alexandra Dörnath, die die Tierarztpraxis Klein Mexiko für Zoo-, Zirkus- und Wildtiere sowie exotische Heimtiere leitet. Auch die Bildung der Kinder, die mittels Bienen-AGs in den Schulen in die Welt der Insekten eingeführt würden, erachtet sie als essenziell.

Wildblumen und Pollen sind für Bienen existenziell wichtig

„In Hotelnähe muss es immer ausreichend Wildblumen geben. Diese sind die Nahrung für die Wildbienen und der Pollen ist das Futter für die Larven, den Jugendstadien der Insekten“, weiß die Wildtierärztin. Nicht nur im Frühjahr könne man kleine oder auch etwas größere Hotels für ganz verschiedene Insekten aufstellen, dieses ginge das ganze Jahr über. Die Unterkunft würde dann zu unterschiedlichen Zeiten von verschiedenen „Gästen“ aufgesucht, so Dörnath.

Wohnraum für Insekten zu schaffen ist ganz einfach

Insektenwohnraum zu schaffen sei ganz einfach – egal, ob ein großes Insektenhotel oder einzelne Hotelzimmer. Der Standort müsse sorgfältig ausgewählt werden. Da es die meisten Sechsbeiner sonnig mögen, sollte der Platz möglichst trocken und windgeschützt, also am besten in Südost- bis Südwest-Ausrichtung sein. Ein kleines Hotel könne sogar auf einem Balkon angebracht werden. „Wildbienen sind nicht gefährlich, sie leben einzeln und müssen also keinen Staat verteidigen“, erklärt die Tierärztin.

Insektenhotels wie hier im Waller Umweltpädagogikprojekt sind eine Unterstützung für Insekten. Foto: Bollmann

Mit wenigen Materialien kann man Insekten helfen

Bereits mit wenigen Naturmaterialien kann man kleine Insektenunterkünfte erschaffen: Eine Baumscheibe kann genügen, in die verschieden große Löcher gebohrt werden. „Der Mensch muss übrigens immer so ins Holz bohren, wie es auch natürlicherweise an einem Baum durch das Insekt geschieht. Wenn nämlich falsch gebohrt wird, also ins Stirnholz, verletzen sich überwinternde Insekten im Frühjahr sehr oft die empfindlichen Flügel dadurch, dass die spitzen Fasern im Gang diese aufschlitzen. Die Tiere krabbeln dann zwar noch aus dem Loch, können aber nicht mehr fliegen“, warnt Dörnath.

Die Kinder sind oft mit Rieseneifer dabei ihre eigenen Insektenunterkünfte zu bauen. Foto: Bollmann

Hotelzimmer aus Naturmaterialien für Insekten

Auch mit Naturmaterialien gefüllte Konservendosen können zu Hotelzimmern werden. Nach dem Entfernen von Etiketten und Kleberückständen kann diese mit umweltfreundlicher Farbe bemalt werden. Nach Kürzen von zum Beispiel Bambusstäben oder Schilfstielen auf Dosentiefe, dem Schmirgeln ihrer Enden und dem Herausdrücken von Mark mittels eines Drahtes, werden diese mit Heu und Stroh in die Dose so eng eingefügt, bis nichts mehr hinausfällt. Dann wird die Dose an einem geschützten Ort angebracht.

Ein Insektenhotel zu bauen ist gar nicht so schwer

Wer in seinem Garten etwas mehr Platz hat, kann natürlich auch Hotels mit ganz unterschiedlichen Zimmern bauen. Hierfür stapelt man unbehandelte Holzpaletten übereinander und versieht sie mit Rahmen, Dach und vielleicht noch einer Rückwand. Danach werden die einzelnen Zimmer mit Bambusstäben, Kiefernzapfen, Holzstückchen, Stroh, vorgebohrten Baumscheiben und anderen Naturmaterialien befüllt. „Ein kurzes Dach schützt das Hotel vor Regen, wirft aber auch möglichst wenig Schatten auf die oberen Etagen“, betont Dörnath.
In ihrer Praxis wird sie häufig gefragt, wie man unseren Insekten helfen könne. Das sei eigentlich ganz einfach, findet Dörnath. Neben dem Bau von Insektenhotels sei vor allem eine ökologische Gartengestaltung eine wichtige Unterstützung. Reisighaufen, Wildkräuter und -blumen bieten den Insekten Lebensraum. Zudem sollte im Garten auf Chemie verzichtet werden – Insekten seien hier sehr empfindlich.

Die Expertin Dr. Alexandra Dörnath aus der Tierarztpraxis Klein-Mexiko. Foto: pv

Alexandra Dörnath: „Insektenschutz ist praktizierter Umnweltschutz“

Die erfahrene Tierärztin ist betrübt, dass es in der Natur immer weniger summt und brummt. „Es ist so still geworden.“ Sie hofft, dass mehr Menschen Schönheit, Vielfalt und Nützlichkeit der Insekten erkennen und sie schützen. „Insektenschutz ist praktizierter Umweltschutz! Insekten bestäuben nicht nur Pflanzen, sie können auch die Bodenfruchtbarkeit verbessern und Gewässer reinigen“, so Dörnath. Nicht nur Majas und Willis wilde Geschwister bräuchten Hilfe, alle Sechsbeiner hätten es heutzutage sehr schwer. Ihr globales Sterben müsse gestoppt werden. Mit dem Appell, „Den Menschen muss endlich klar werden, dass sie ohne Insekten nicht überleben werden“, beendet sie mit ernstem Blick unser Gespräch.

■ Falls Ihnen ein Thema rund um einheimische Wildtiere und auch Exoten unter den Nägeln brennt, schreiben Sie uns einfach unter martin.bollmann@weserreport.de eine Mail. (mb)

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