Die vielleicht tragischste unter vielen tragischen Figuren bei Werders Auftritt in Freiburg: André Silva scheiterte beim Elfmeter an Freiburgs Torwart Atubolu. Foto: nordphoto / Bratic
0:5 in Freiburg

Für jede Nachlässigkeit ein Gegentor kassiert

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Nächste Enttäuschung: Werder geht mit 0:5 in Freiburg unter.

Wo sind der Mumm und die Widerstandskraft geblieben? Bei der 0:5 (0:2)-Pleite des SV Werder in Freiburg betrieben die Bremer zwar wieder einmal viel Aufwand, doch in den entscheidenden Momenten fehlten augenscheinlich der letzte Wille und die Konzentration, um etwas Zählbares herauszuholen.

Es kann nicht nur am Fehlen des verletzten Kapitäns Marco Friedl liegen, dass die Bremer seit Wochen in den Augenblicken, in denen sich Spiele entscheiden den einen Schritt zu wenig machen, um Tore zu verhindern oder selber Treffer zu erzielen. Möglicherweise zahlt die Mannschaft jetzt den Preis dafür, dass in den erfolgreichen Wochen vor Weihnachten einige Spieler über ihre Grenzen gehen mussten und nach der kurzen Winterpause viele Ausfälle das Team weiter schwächten.

Schmid wirk ausgelaugt

Beispiel Romano Schmid: Der quirlige Mittelfeldmotor gefiel in Werders bester Phase durch Bissigkeit in den Zweikämpfen, setzte sich auch durch, wenn es körperlich zu Sache ging. Aktuell ist er ein Schatten seiner selbst, wirkt ausgelaugt, gewinnt nicht nur kaum einen Zweikampf, geht viel zu oft zu Boden.

So wie in Freiburg, als er im Strafraumduell gegen Sidilla bei geringster Berührung zu Boden ging, sich dann zwar aufrappelte, aber eben nicht konsequent genug zum Ball zu gehen, um den Fallrückzieher zum 1:0 für die Gastgeber (15.) zu verhindern. Auch vor dem vierten Freiburger Tor rutschte er aus, fiel hin, haderte, während Gegenspieler Doan den Angriff einleitete, den er schließlich selber abschloss.

Njinmah ohne Selbstvertrauen

Beispiel Justin Njinmah. Dem schnellen Stürmer scheint nach seinen vielen Verletzungen jegliches Selbstvertrauen abhanden gekommen zu sein. In Laufduellen lässt er sich fast widerstandslos den Ball vom Fuß nehmen. Beim Freistoßtor von Grifo (33.) drehte er sich in der Mauer weg. Mit dem Blick zum Ball hätte er vermutlich eine Chance gehabt den Schuss des Freiburgers abzuwehren.

Beispiel Senne Lynen: In Werders Hochphase ein Staubsauger vor dem eigenen Strafraum. In Freiburg eröffnete er mit seinem überflüssigen Foul vor dem eigenen Strafraum Grifo überhaupt erst die Chance zum Freistoß. Beim vierten Freiburger Treffer öffnete er die Beine und damit für Torschütze Doan den Tunnel in Tor.

Silva trifft nicht

Die Liste der Unzulänglichkeiten ließe sich fast beliebig fortsetzen. Dabei war mindestens bis zum 0:3 (57.) den Schützlingen von Trainer Ole Werner das Bemühen nicht einmal abzusprechen. Mehr noch mit etwas mehr Kaltschnäutzigkeit vor dem Tor hätte es zur Pause auch Unentschieden stehen können. Doch Leih-Torjäger André Silva traf erst per Kopf den Ball nicht richtig (18.) und ließ sich dann beim Handelfmeter (nach VAR-Eingriff) von Atubolu abkochen (39.). Sein Schuss war war hart und neben den Pfosten platziert, doch eben in die Ecke, in die der Freiburger Torwart den Ball haben wollte und außerdem halbhoch und damit relativ leichte Beute.

Dennoch war es eine gute Idee von Ole Werner, dem Portugiesen erstmals eine Chance in der Startelf zu geben. Silva bewegte sich gut in den Räumen, machte Bälle fest, erarbeite sich zumindest Chancen. Eine Form, von der Marvin Ducksch aktuell meilenweit entfernt scheint, wie nach seiner Einwechslung zu sehen war – beziehungsweise eben nicht. Denn eigentlich war Ducksch bis auf einen kläglichen Fehlpass kurz vor Schluss überhaupt nicht zu sehen.

Letzte halbe Stunde im Testspielmodus

Das soll hier aber kein Einstimmen in den Chor der ewig unzufriedenen Ducksch-Basher werden. In Freiburg kam er erst in die Partie, als diese schon entschieden war. Für die meisten Eingewechselten ging es darum, noch Spielpraxis zu sammeln (Stage, Agu, Malatini) für die, die durchspielen mussten, ging es darum sich nicht mehr zu verletzen und Körner zu sparen. Das ergab dann so eine Art Testspielmodus, während Freiburg gierig blieb und immer mehr wollte.

Es wäre nicht verwunderlich, wenn ausgerechnet der vielgeschmähte Ducksch am Dienstagabend beim Pokal-Viertelfinale in Bielefeld für Werder zur entscheidenden Figur werden würde. Wer sonst könnte die Bremer aus ihrer Lethargie befreien?

Balance finden

Um auf der Alm eine Chance zu haben, müssen die Bremer insgesamt ihre Zurückhaltung ablegen und insbesondere in der Defensivarbeit auf den Modus „Um-jeden-Preis-verhindern“ umschalten. Dafür darf man dann auch mal eine gelbe Karte riskieren. Das war noch die beste Nachricht aus Freiburg: Werder blieb ohne Verwarnung wegen Meckerei oder dergleichen. Es war allerdings auch bezeichnend für die fehlende Aggressivität im Bremer Spiel. Die Balance aus Galligkeit und kühlem Kopf ist noch nicht wieder da.

Werder: Zetterer – Pieper (86. Malatini), Stark, Jung – Weiser, Lynen, Köhn (61. Agu) – Bittencourt (61. Stage), Schmid – Njinmah (61. Ducksch), Silva (72. Grüll)

Tore: 1:0 Sidilla (15.), 2:0 Grifo (33.), 3:0 Grifo (57.), 4:0 Doan (76.), 5:0 Doan (90.+3)

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