Ein Leben für die Tiere: Seit Jahrzehnten setzt sich die Wildtierärztin Dr. K. Alexandra Dörnath für das Leben und den Schutz von Tieren ein. Ihr Beruf ist zugleich ihre Berufung. In unserer jahrelangen Zusammenarbeit durfte ich immer wieder erleben, mit wie viel Kraft und Verständnis sie sich für unsere Mitgeschöpfe einsetzt. Sieben Fragen an unsere Wildtierärztin Dr. Dörnath:
WESER REPORT: Wieso sind Sie Tierärztin geworden?
Dr. K. Alexandra Dörnath: Weil es für mich nie etwas Schöneres gab, als Tieren zu helfen. Tierarzt ist kein Beruf, sondern eine Berufung. Unser Herzblut schweißt Tierliebe, Wissen und Verantwortung zusammen. Tiermedizin kombiniert Wissenschaft, Kunst und Handwerk. Bei der Spezialisation auf Wildtiere kommen noch Aspekte aus den Bereichen Artenschutz und Naturschutz hinzu. Der Beruf ist intellektuell, körperlich und vor allem emotional sehr anspruchsvoll. Er ist aber auch äußerst befriedigend. Ich würde nie etwas anderes sein wollen, auch wenn (oder gerade, weil) Tiere und Krankheiten keine Uhrzeit kennen. Kein Tag ist wie der andere. Da man als Tierarzt aber keine Wunder leisten kann, gibt es immer wieder auch traurige Situationen. Ich habe aber die Kraft, Trost zu spenden. Insgesamt gibt es in meinen Augen nichts Zufriedenstellenderes als sich als Tierarzt um (Wild-)Tiere und auch um exotische Haustiere und ihre Halter zu kümmern.
Die Wildtierärztin Dr. K. Alexandra Dörnath war 1997 in der Aufzucht mutterloser
Seehunde im Marine Mammal Center in Sausolito, Kalifornien, tätig. Foto: pv
Wann brauchen Wildtiere Hilfe?
Da gibt es unterschiedliche Situationen: Vom Mäusebussard, der in einen Zaun geflogen ist, nun feststeckt und sich nicht befreien kann, über den Igel, der mit seinem Kopf hilflos in einem Jogurt-Becher steckt, bis hin zum Storch, der einen Fremdkörper verschluckt hat und nur durch eine Operation gerettet werden kann. Leider sind viele Ursachen menschengemacht. Wichtig ist aber: Nicht jedes Wildtier, welches hilflos wirkt, braucht tatsächlich Hilfe. Für das ungeübte Auge sieht ein Jungvogel, der erst fliegen lernen muss, hilfsbedürftig aus, obwohl er dies nicht ist.
Wie und wo kann Wildtieren geholfen werden?
Hierfür gibt es in fast allen Bundesländern Auffangstationen. Es betrübt mich sehr, dass das Bundesland Bremen kein Geld für eine solche Station zur Verfügung stellen will. Die nächste Station befindet sich in Rastede. Hier wird nach Kontaktaufnahme professionelle Hilfe zunächst am Telefon geleistet. Im Notfall können für die Hilfestellung vor Ort auch Polizei oder Feuerwehr angerufen werden. Manchmal bleibt keine Zeit für Handlungsanweisungen, dann hilft Intuition: Wenn beispielsweise eine Entenmutter mit Küken die befahrene Straße quert, wird jeder Mensch mit Herz den Verkehr anhalten und die Tiere schützend begleiten.
Wie verhalte ich mich, wenn ich ein krankes oder verletztes Wildtier finde?
Das kommt auf die Situation und die Tierart an. Immer gilt: Ruhe bewahren, nachdenken und, wenn nötig, richtig handeln. Wenn rasch Hilfe für ein in Not geratenes Wildtier gebraucht wird, können der örtliche Tierschutzverein und die regionale Wildtierstation kontaktiert werden, aber auch die Feuerwehr oder die Polizei, die immer den Kontakt zum zuständigen Jagdausübungsberechtigten respektive Revierinhaber erstellen können. Denn bei Wildtieren, die unter das Jagdrecht fallen, liegt dort die Verantwortung.
Können Wildtiere einfach so in Ihre Praxis gebracht werden?
Nein, leider geht das nicht, denn ich habe eine ausschließliche Terminsprechstunde und bin in der meisten Zeit für Hausbesuche unterwegs, da Elefanten und Tiger ja nicht in meine Praxis kommen können, oder ich bin in meinem Büro zuhause gutachterlich tätig. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang, dass Wildtiere nicht kostenfrei vom Tierarzt behandelt werden dürfen. Grundlage hierfür ist die Gebührenordnung für Tierärzte, an die wir gebunden sind. In der Praxis sieht dies aber meist anders aus, denn wenn ein Mitbürger, der einen verletzten Bussard in die Praxis bringt, hierfür bezahlen soll, dann wird er wohl das letzte Mal einem solchen Bussard geholfen haben. Dies ist ein schwieriges Thema, ja geradezu ein Dilemma, und ich finde, der Staat sollte hierfür monetär zuständig sein, insbesondere, wenn es um eine menschengemachte Verletzung beim Wildtier geht. Denn auch wir Tierärzte sind nicht reich und können nicht kostenlos behandeln.
Was ist zu tun, wenn ich ein totes Wildtier finde?
Es kommt auf die Größe und auf die Tierart an. Grundsätzlich ist der Finder aber gut beraten, die Polizei anzurufen, beispielsweise, wenn ein toter Wolf auf der Fahrbahn liegt. Hier in Bremen lautet der zentrale Polizeiruf 0421-362-0. Bei Ratten ist es empfehlenswert, das Gesundheitsamt zu kontaktieren.
Welchen Rat haben Sie bezüglich der Hilfe für Wildtiere?
Wenn einem Wildtier geholfen werden soll, muss diese Hilfe richtig sein. Ansonsten wird dem Individuum mehr geschadet als geholfen. Wichtig ist, dass Wildtiere generell nicht aus der Natur entnommen werden dürfen, es sei denn, sie sind verletzt oder krank. Die Aneignung eines kranken Wildtieres, das dem Jagdrecht unterliegt, bedarf zudem der vorherigen Zustimmung des Jagdausübungsberechtigten respektive des Revierinhabers. Wildtierrettung kann nämlich als Wilderei ausgelegt werden und diese ist strafbar.
Oft ist zunächst ein Beobachten aus der Ferne und nötigenfalls nach Rücksprache mit einer Wildtierauffangstation ein korrektes Sichern des Tieres, bevor man es dorthin bringt, der richtige Weg. In diesen Stationen sitzen die Profis für einheimische Wildtiere, die die richtigen Tipps geben. Ein verwaistes oder verletztes Wildtier sollte besser nicht durch einen Laien, zumindest nicht ohne Profi-Tipps, versorgt werden, auch, wenn dieser es noch so gut meint. Immer wieder führt hier beispielsweise falsche Ernährung zu schweren Krankheiten. Für eine richtige Betreuung gibt es eben diese Stationen – nur leider eben nicht in Bremen.
■ Falls Ihnen ein Thema rund um einheimische Wildtiere und auch Exoten unter den Nägeln brennt, schreiben Sie uns einfach unter martin.bollmann@weserreport.de eine Mail. mb
Wo Wildtieren geholfen wird
Wildtierauffangstation Rastede https://wildtierstation-rastede.de
Wildtierauffangstation Sachsenhagen https://wildtierstation.de
NABU-Artenschutzzentrum Leiferde https://www.nabu.de/natur-und-landschaft/natur-erleben/nabu-zentren/niedersachsen/24176.html
Diese Stationen haben auch Kontaktadressen für Nothilfen einzelner Tiergruppen wie Igel, Eichhörnchen, Fledermaus, Singvögel.