Dass Schüler und Schülerinnen Chatbots für ihre Hausaufgaben nutzen, steht vermutlich außer Frage. Wie diese Technik aber auch in den Unterricht integriert werden kann und welche Kompetenzen sie benötigen, zeigte Lehrer Mario Varvarikes gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern der Oberschule Habenhausen in dieser Woche.
Die Schule ist eine von fünf im Land Bremen, die im Rahmen einer Pilotphase den KI-Chatbot Telli ausprobierte. Bremen ist das erste Bundesland, welches Telli und damit Künstliche Intelligenz nun flächendeckend regulär an seinen Schulen einsetzt.
Telli soll Lehrkräfte einerseits bei der Unterrichtsvorbereitung unterstützen, andererseits aber auch während der Schulstunde zum Einsatz kommen. Dafür können die Lehrkräfte datenschutzkonforme und fachdidaktische Lernszenarien schaffen, die sie den Jugendlichen freigeben.
Auch digitale Lernbegleiter sind möglich. Außerdem können Regeln festgelegt und Dokumente hochgeladen und mit anderen Lehrkräften geteilt werden.
Mit der KI Aufgaben vorbereiten und freigeben
Lehrer Varvarikes hat an diesem Morgen ein Szenario passend zu den nahenden Ferien vorbereitet: Die Jugendlichen sprechen über Länder, in die sie reisen werden oder wollen. „Stellt Euch nun vor, ihr würdet eine reale Person aus diesem Land befragen, was ihr dort unternehmen könnt“, leitet er die Aufgabe ein.
Auf dem Bildschirm erscheint ein QR-Code, den die Kinder mithilfe ihrer iPads scannen. Der KI-Chatbot öffnet sich und die Kinder können in die Aufgabe starten.
Die elfjährige Madita fragt Telli nach typischen Speisen in Schweden, wo sie im Sommer Urlaub machen wird. Der Chatbot schlägt ihr unter anderem Köttbullar vor, aber auch Surströmming – gegorenen Fisch – und erklärt die Speisen und Zutaten. „Das meiste klingt sehr lecker“, sagt Madita, rümpft aber beim Dosenfisch die Nase.
Jugendliche nutzen KI bereits
Sie hat bereits ChatGPT und auch das KI-Sprachmodell von Meta genutzt. „Ich finde KI schon sehr hilfreich. Ich habe mir auch schon Aufgaben erklären lassen, wenn ich sie nicht verstanden habe. Die Hausaufgaben machen lassen würde ich aber nicht“, sagt die Schülerin.
Der 13-jährige David fragt Telli nach Sehenswürdigkeiten und Tipps für eine Reise nach Venedig. „Da war ich noch nicht, aber ich würde gerne mal hinfahren“, sagt er. Auch David hat bereits andere KI-Programme für Schulaufgaben genutzt. „Ich hatte auch schon das Gefühl, dass die Antwort nicht stimmt“, sagt er.
Überprüft habe er das aber nicht. Auch seine Mitschülerin Madita gibt zu, dass sie nicht wisse oder gar nachprüfe, ob eine Antwort von ChatGPT richtig sei oder falsch.
Auftrag an Lehrkräfte
Und genau da müssten die Lehrkräfte ansetzen, sagt Varvarikes. „Es ist unsere Aufgabe als Lehrkräfte, dass Schülerinnen und Schüler die Kompetenz entwickeln, die sie für die Nutzung von KI benötigen. Wir müssen sie kritisches Denken lehren.“
Dafür ist Telli gedacht: „Wir wollen Schülerinnen und Schüler auf eine Zukunft vorbereiten, in der der Umgang mit Künstlicher Intelligenz selbstverständlich sein wird. Dafür brauchen sie Orientierung, Kompetenz – und Räume, in denen sie KI verantwortungsvoll erproben können. Mit Telli schaffen wir einen geschützten Rahmen, in dem genau das möglich ist – begleitet durch kompetente Lehrkräfte“, sagt Bildungssenatorin Sascha Karolin Aulepp.
Diese müssen zunächst einen Selbstlernkurs für Telli absolvieren, bevor sie die KI im Unterricht einsetzen dürfen.
Telli ist datenschutzkonform und geschlossen
Telli ist Teil des länderübergreifenden Projekts Adaptives Intelligentes System (AIS), das vom Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht (FWU) koordiniert wird. Entwickelt wurde es seit November 2024 als Open-Source-Lösung, finanziert über das Projektbudget von AIS. Alle Bundesländer sind beteiligt.
Der Chatbot arbeitet ausschließlich mit pseudonymisierten Nutzerdaten und wird nur innerhalb der EU gehostet. Bilder lassen sich – bis jetzt – nicht mit Telli erstellen.
Der Chatbot ermöglicht den Zugriff auf aktuelle KI-Modelle wie OpenAI und Meta – ohne dass personenbezogene Daten an die Unternehmen übermittelt oder Daten zu Trainingszwecken genutzt werden. Alle generierten Inhalte bleiben innerhalb des Systems.
Die genutzten Daten sind älteren Datums – das zeigt sich übrigens auch, wenn Telli die Aufgabe erhält, einen Text über Sascha Aulepp zu schreiben: Dann nämlich fragt der Chatbot nach weiteren Informationen – die Bildungssenatorin ist ihm bisher nicht bekannt.
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