Freiwillige Helferinnen und Helfer verbrachten ihren Sonntag damit, Taschen für die „mobilen Schulen“ für Kinder in Afghanistan zu nähen. Die MP3-Player können so am Körper getragen werden und sind vor den Augen der Taliban geschützt. Foto: Eigner
Bildungsprojekt

Bildung ohne Bücher

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Wie solarbetriebene MP3-Player, Geschichten und Taschen Kindern Wissen vermitteln sollen.

Vergangenen Sonntag kamen freiwillige Helferinnen und Helfer in der Kleidungsmanufaktur Huddy in der Bischofsnadel zusammen. Gemeinsam beteiligten sie sich an der Aktion „1.000 Taschen, 1.000 Chancen“. Mit und ohne Vorkenntnisse wurde den ganzen Tag lang gezeichnet, geschnitten, gesteckt und genäht, um die Bremer Autorin und Aktivistin Sadaf Zahedi und ihr ehrenamtliches Team zu unterstützen.

Hörbücher mit Lehrmaterial

Die Aktion ist Teil des Projekts „Bildung ohne Bücher“, in dessen Rahmen die 41-Jährige im August nach Afghanistan reist, um Kindern vor Ort den Zugang zu grundlegendem Wissen zu ermöglichen: „Die Kinder wachsen seit Generationen ohne Bildung auf und hatten teilweise noch nie einen Stift in der Hand.“ Aufgrund des verbreiteten Analphabetismus verpackt das ehrenamtliche Team das Wissen in kindgerechte Hörbücher. Auf diese Weise kann es auditiv vermittelt werden. Für ein bilinguales Lernen erfolgt das Einsprechen der Inhalte in der Muttersprache sowie auf Englisch.

In den selbstgeschriebenen Geschichten und Lehrmaterialien von ehrenamtlichen Fachpersonen seien wissenschaftliche Themen untergebracht. Etwa über das Wachstum von Pflanzen oder die Funktion der Sonne, aber auch Mathematik. Darüber hinaus möchte das Team Vorurteile in den Köpfen der Kinder beseitigen. „Wir glauben nämlich, dass jeder Mensch gleichwertig ist“, so Zahedi.

Solarbetriebene MP3-Player und Tragetaschen

Da es gerade in den ländlichen Regionen Afghanistans häufig an einer flächendeckenden Stromversorgung fehle, arbeite das ehrenamtliche Team an MP3-Playern, aufladbar mit Solarplatten, um das Abspielen der Hörbücher unabhängig von der jeweiligen Infrastruktur zu garantieren. Die Kosten für einen MP3-Player inklusive Kopfhörer und Solarpanel betragen dabei etwa fünf Euro.

Jedes Kind erhalte zusätzlich eine kleine Tasche, um die „mobile Schule“ stets bei sich tragen zu können. „Die Taschen können unter der Kleidung getragen werden und verbergen die Geräte so auch vor den Augen der Taliban“, erzählt die dreifache Mutter. Knapp 300 der geplanten 1.000 Taschen müssen bis zum Antritt der Reise im August noch fertiggestellt werden, sodass die Aktion „1.000 Taschen, 1.000 Chancen“ zukünftig an weiteren Terminen oder zu Hause an der eigenen Nähmaschine unterstützt werden kann.

Kosten und Einsatzgebiete

Die Gesamtkosten des Projekts belaufen sich auf etwa 30.000 Euro. Darin enthalten sind Ausgaben für Sicherheit, Transport, Durchführung von Grundintelligenztests vor Ort und das begleitende Team. „Aktuell haben wir bereits 10.000 Euro über Spenden gesammelt – also ein gutes Drittel“, so Zahedi.

Für nächstes Jahr seien Einsätze im Libanon, in Syrien und am Gaza-Streifen geplant. Langfristig soll das Bildungsprojekt auf Indien, Indonesien, Kamerun, Uganda und den Irak, später weltweit ausgedehnt und über einen Zeitraum von zehn Jahren begleitet werden: „Wir wollen wissenschaftlich erfassen, welchen Effekt diese Form des Lernens hat“, sagt die Aktivistin. Das Vorhaben gestalte sich dabei nicht als ungefährlich. Als Kind in Afghanistan geboren, insbesondere als Mädchen, blieb Zahedi selbst der Zugang zu Bildung lange verwehrt. Heute setzt sie sich international für Kinder- und Frauenrechte ein.

Mehr Informationen zum Projekt und ein Spendenkonto finden sich im Internet unter sadafzahedi.de/projekte.

 

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