Die so genannte neue Erde kann mit oder ohne Leinentuch in Pilotregionen beigesetzt werden – ganz ohne Sarg. Dieser ist nur für den Weg zur Grabstelle vorgeschrieben. Foto: Meine Erde Die so genannte neue Erde kann mit oder ohne Leinentuch in Pilotregionen beigesetzt werden – ganz ohne Sarg. Dieser ist nur für den Weg zur Grabstelle vorgeschrieben. Foto: Meine Erde
Beerdigung

Noch keine „neue Erde“ in Bremen

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Reerdigung: Öffnung des Bremer Friedhofsrechts für eine dritte Bestattungsform soll beraten werden

„Es handelt sich um die ökologischste Form der Bestattung. Das gilt allerdings nicht, solange wir die Überführung haben“, sagt Ulrike Henning, Inhaberin des Bestattungsinstituts Henning. Die Rede ist von der so genannten Reerdigung, eine in Deutschland noch neue Form der Beisetzung, bei der ein Körper mithilfe von Mikroorganismen zu Erde wird.

In Bremen ist die Reerdigung nach dem Gesetz über das Friedhofs- und Bestattungswesen bisher nicht erlaubt. Auch die Einbringung der so genannten „neuen Erde“ auf städtischen Friedhöfen ist verboten, anders als in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern sowie in Schleswig-Holstein. Henning setzt sich dafür ein, dass dies geändert wird und die Reerdigung als dritte Bestattungsform neben der Sarg- und der Urnenbestattung in das Bremer Gesetz aufgenommen wird.

Hamburg in einer Pilotphase

Henning selbst begleitete bereits eine Bremerin auf ihrem Weg: „Der Prozess der Reerdigung ist zurzeit nur in Schleswig-Holstein möglich. Die Kapazitäten sind also begrenzt.“

In einem von Familie und Freunde gestalteten Leinentuch wurde die Erde der Bremerin dann in Hamburg beigesetzt, wohin die Dame eine Verbindung hatte, erklärt Henning. Eine Ausnahmegenehmigung für einen Bremer Friedhof war nicht erteilt worden.

40 Tage bis zur neuen Erde

Für eine Reerdigung werden Verstorbene in einem sargähnlichen Kokon auf einem Granulat aus Stroh und Luzernen gebettet. Die Kokons stehen in einem speziellen Gebäude, dem Alvarium. 40 Tage lang – mittels Sensoren wird die Transformation im Inneren des Kokons erfasst – verbleiben die Verstorbenen darin. Mikroorganismen wandeln laut Meine Erde, dem Unternehmen, welches die Reerdigung als einziges in Deutschland durchführt, den Körper in reine Erde um.

Die Bremerin war die erste Person, die im Kieler Alvarium einen Platz bekam. Henning würde die Reerdigung gerne mehr Menschen zugänglich machen. „Leider fallen durch die weiten Wege der Überführung höhere Kosten an“, sagt sie. Zudem stehen die langen Fahrten im Widerspruch zum ökologischen Gedanken.

Die Bestatterin führte bereits Gespräche mit Senatsmitgliedern, richtete Anfragen an Umweltstaatsrat Jan Fries. „Wenn das Bestattungsrecht wegen der gemeinsamen Bestattung von Mensch und Haustier novelliert wird, könnte man die Reerdigung mit aufnehmen“, sagt sie.

Erden werden auf Schadstoffe geprüft

Dies verursache grundsätzlich auch keine Kosten, erklärt Pablo Metz, Gründer von Meine Erde und Geschäftsführer der Circulum Vitae GmbH. „Es kann nicht gefährlicher sein, die neue Erde in einem Tuch beizusetzen als den Körper im Sarg oder einem Leichentuch. Im Gegenteil: durch den 40-tägigen Prozess im geschlossenen Kokon findet eine Hygienisierung statt“, sagt Metz, gebürtiger Bremer, dessen Großmutter nach ihrer Reerdigung nicht in Bremen beigesetzt werden durfte.

Die entstehenden Erden werden laut Metz auf mögliche Schadstoffe wie Schwermetalle untersucht. Die Universität Leipzig erforscht die Reerdigung. Am 11. September sollen der Landesregierung in Schleswig-Holstein erste Ergebnisse zur Pilotphase berichtet werden.

Offene Fragen klären

Diese dürften auch von Interesse für Bremen sein: Die umweltpolitischen Sprecher der Fraktionen haben sich bereits zum Thema beraten. Sie lassen aber durchblicken, dass die Einbringung neuer Erde auf bremischen Friedhöfen noch nicht gemeinsam mit der Haustierbestattung ins Gesetz aufgenommen werden kann. Die Gesetzesänderung dazu ist allerdings in dieser Woche von der Tagesordnung der Bürgerschaft verschoben worden.

„Es ist ein wichtiges gesamtgesellschaftliches Thema. Wir brauchen aber erst weitere Informationen. Wir haben uns deshalb auf ein Anhörungsverfahren mit allen Beteiligten verständigt“, sagt Derik Eicke, umweltpolitischer Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion und Sprecher der Umweltdeputation. Man sei offen in alle Richtungen, so Eicke, allerdings mit der notwendigen Zeit.

Ähnlich sieht es Ralph Saxe, umweltpolitischer Sprecher der Grünen: „Es könnte für viele Menschen eine Alternative sein. Es werden aber auch ethische Fragen berührt.“ Zur fachlichen Anhörung sollen deshalb auch Kirchenvertretende und Fachleute der Universität Leipzig gehört werden, sagt Saxe. „Ich könnte mir den Hamburger Weg auch für Bremen vorstellen“, sagt er. Nelson Janßen, Fraktionsvorsitzender der Linken: „Klimaschutz hört nicht beim Tod auf.“

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