Die Schauspielerinnen und Schauspieler agieren bei Utøya zwischen den Zuschauern. Foto: Stephan Walzl Die Schauspielerinnen und Schauspieler agieren bei Utøya zwischen den Zuschauern. Foto: Stephan Walzl
Oldenburg

Staatstheater startet mit packender Aufführung

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Das Oldenburgische Staatstheater hat die neue Spielzeit mit einem topaktuellen Thema eröffnet: einem terroristischen Anschlag und den Folgen für die Bevölkerung.

Der 22. Juli 2011 war ein Tag, der Norwegen veränderte. Ein Land, das bis zu diesem Zeitpunkt für seine fortschrittliche Bildungs- und Gleichstellungspolitik bekannt war, wurde plötzlich zum Mittelpunkt eines der schlimmsten Attentate der Nachkriegszeit. Anders Behring Breivik ließ eine Bombe im Regierungsviertel explodieren und erschoss danach auf der Insel Utøya 69 Jugendliche. Der italienische Autor Edoardo Erba nutzte das Thema für ein Theaterstück, Regie führte Peter Hailer.

Wut, Angst und Fassungslosigkeit

In dem Bühnenstück mit dem Titel Utøya, das am Mittwoch in Oldenburg seine deutschsprachige Erstaufführung feierte, kommt Breivik nicht vor, nicht einmal der Name wird genannt und doch ist er greifbar. In der 80 Minuten langen Inszenierung werden drei voneinander unabhängige Geschichten erzählt: von Eltern, die ihre Tochter auf der Insel vermuten, von zwei beteiligten Polizisten und den Nachbarn des Attentäters.

Das Stück setzt ganz auf den Dialog der Beteiligten miteinander. Das Publikum wird hineingesogen in einen Strudel der Emotionen und Schuld. Da wirft die Mutter dem Vater vor, das gemeinsame Kind auf die Insel und somit in den Tod geschickt zu haben. Da verzweifelt die Polizistin fast an dem Verhalten ihres Vorgesetzten, der sich nicht über den Einsatzbefehl aus Oslo hinwegsetzen will, obwohl die beiden viel dichter dran sind an der Insel als das Einsatzkommando und so vielleicht Leben hätten retten können.

Starke Emotionen

In den unterschiedlichen Figuren erkennt der Zuschauer sicherlich auch sich selber oder Bekannte wieder. Es geht immer um die Frage, ob man sich mitschuldig macht, wenn man Regeln ohne sie zu hinterfragen befolgt oder wie im Falle der Nachbarn des Attentäters, das komische Gefühl was dessen Verhalten hervorruft nicht der Polizei meldet, weil „man das nicht tut“.

Dieses „das tut man nicht“ oder auch Sätze wie „ohne Gehorsam gibt es keinen Staat“ sind sicher auch in der deutschen Gesellschaft weit verbreitet, denn es ist vermutlich leichter, sich dahinter zu verstecken als Eigeninitiative zu ergreifen. Kaum zu ertragen ist eine Szene, als die Nachbarin ihren Bruder fassungslos fragt, es könne doch nicht sein, dass der Attentäter einer von uns war. Ein Muslim wäre ihr lieber gewesen.

Figuren polarisieren

Fazit: Utøya geht an die Nerven und berührt zutiefst. Das Stück regt aber auch dazu an, seine eigenen Vorurteile und Sichtweisen zu hinterfragen. Ein Besuch lohnt auf jeden Fall. Nähere Informationen zu den weiteren Aufführungen bekommt man online sowie unter Telefon 0441. 2 22 51 11.

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