Werner Schweizer, Bürgermeister der schleswig-holsteinischen Gemeinde Klixbüll, stellte Donnerstagabend in Tarmstedt sein Projekt für E-Carsharing, „Dörps-Mobil“, vor. Foto: Möller Werner Schweizer, Bürgermeister der schleswig-holsteinischen Gemeinde Klixbüll, stellte Donnerstagabend in Tarmstedt sein Projekt für E-Carsharing, „Dörps-Mobil“, vor. Foto: Möller
Modellprojekt

E-Carsharing erhält die Mobilität auf dem Lande

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In der Samtgemeinde Tarmstedt lässt man sich beim Thema Mobilität vom Projekt "Dörps-Mobil" aus Schleswig-Holstein anregen. Der Bürgermeister aus Klixbüll sprach dazu am Donnerstag im Rathaus.

Ein 1.000-Seelen-Dorf im Norden Schleswig-Holsteins soll Vorbild sein für die Samtgemeinde Tarmstedt. Nicht am Beispiel ihres Niedergangs, sondern in der Art und Weise, wie man sich in Zeiten von demographischem Wandel und Globalisierung erfolgreich zur Wehr setzt.

In Klixbüll gibt es weder Kneipe noch Lebensmittelgeschäft, geschweige denn einen Arzt. „Der wird auch nicht mehr zurückkommen“, sagt Werner Schweizer, Bürgermeister der nordfriesischen Gemeinde. Umso mehr komme es darauf an, den Einwohnern ihre Wege zur Einkaufstour, zu Medizinern oder für Behördenbesuche zu erleichtern, in einem Ort, der auch vom Öffentlichen Personennahverkehr weitgehend abgekoppelt ist.

„Windenergie nicht einfach in den Süden weiterletiten“

Schweizer stammt aus Baden-Württemberg. Beruflich hatte es ihn zu Airbus in den Norden verschlagen. Seit er im Ruhestand ist, engagiert er sich fürs Gemeinwesen, ehrenamtlich ist er Gemeindeoberhaupt von Klixbüll. Die Gegend ist gekennzeichnet von unzähligen Windrädern, ein erster Bürgerwindpark entstand schon 1993. „Leitet den so gewonnenen Strom nicht einfach in den Süden, nach Bayern und Baden-Württemberg“, so Schweizer und schmunzelt, „die würden daraus nämlich ein Geschäft machen, und das sollten wir selber tun.“ Schweizer will den Bedarf für Mobilität mit dem „Bodenschatz“ der Region verbinden, sein Carsharing-Modell sollte mit elektrisch angetriebenen Fahrzeugen ins Rollen kommen.

Ein Renault Zoe fährt seit etwa zwei Jahren als „Dörps-Mobil“ im schleswig-holsteinischen Klixbüll. Foto: Schweizer

Ein Renault Zoe fährt seit etwa zwei Jahren als „Dörps-Mobil“ im schleswig-holsteinischen Klixbüll. Foto: Schweizer

Unter der Überschrift „Teilen ist das neue Haben“ wurden mittlerweile zwei Elektroautos angeschafft. Das „Dörps-Mobil“ kann von den Mitgliedern einer eigens dafür ins Leben gerufenen Vereinssparte für 3,50 Euro pro Stunde oder 35 Euro am Tag gebucht werden, die Mitgliedschaft kostet zusätzlich 60 Euro pro Jahr. Die Gemeinde trägt mit 40 Prozent Fahrten einen wesenlichen Anteil an der Auslastung. Sogar an ehrenamtliche Fahrerinnen und Fahrer wurde gedacht, um auch älteren Bürgerinnen und Bürgern oder anderen, die gar keinen Führerschein besitzen, Mobilität zu bieten. Das sei insgesamt günstiger als beispielsweise ein Anrufsammeltaxi zu etablieren. Und fördere darüber hinaus die Begegnung von Menschen.

Ähnliche Probleme, aber auch ähnliche Chancen

1978 schloss in Klixbüll die Tankstelle, heute gibt es neun Ladesäulen für E-Autos. Das Konzept wurde in Schleswig-Holstein zu einem Vorzeigeprojekt. Werner Schweizer zeigte sich Donnerstagabend im Tarmstedter Rathaus als Botschafter für eine gute Sache. Gerne gehe er auch über Schleswig-Holsteins Grenzen hinaus, in Niedersachsen gebe es eine ähnliche Problemlage und auch die gleichen Chancen, gegenzusteuern.

In der Samtgemeinde Tarmstedt gibt es bereits jetzt sechs E-Autos in fünf Dörfern. Eine Initiative stellt Verbindungen her. Noch wird das Verleihgeschäft der E-Autos händisch gesteuert, die Zeiten sind nicht online buchbar. Schweizer lehrte die Tarmstedter, dass ein System für Anbieter und Nutzer unbedingt unkompliziert strukturiert sein sollte. Und dass man sich nicht zu lange an der Formulierung von Konzepten aufhalten dürfe. Besser sei die „japanische Methode“, anfangen und später nachbessern, denn letzteres müsse man sowieso.

Tarmstedter lernen vom Klixbüller Projekt

Traugott Riedesel, Landarzt und Wilstedter Bürgermeister, gehört zur örtlichen E-Carsharing-Initiative. Bis Ostern will er nun einen Verein finden, der dem Tarmstedter Projekt Unterschlupf als eine Sparte gewährt. Man werde sich schlaumachen, welches Online-Buchungssystem für die Samtgemeinde infrage komme und das Projekt, auch mit Unterstützung aus Verwaltung und Politik, weiter vorantreiben.

Rund 70 Teilnehmer, darunter auch Gäste aus dem Landkreis Osterholz, verfolgten die Diskussion. Von Angela Feldhusen aus Vorwerk als Moderatorin des Abends nach deren möglicher Nachfrage des E-Carsharing-Projektes befragt, zeigten die meisten Besucher großes Interesse.

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