„Irgendwann wird es so sein, dass hier ein Klima wie in Italien und Spanien herrscht, inklusive der dort heimischen Tierarten“, sagt Sönke Hofmann, Bremer NABU-Chef und gelernter Förster. Manche werden noch kommen, andere seien laut Hofman schon da: So wie etwa der Bienenfresser, eine Vogelart, so bunt, dass man sie eher am Amazonas als denn an der Weser vermuten würde.
Und doch sind die in Südost-Asien und Nordwestafrika beheimateten Tiere mittlerweile ganz nah an Bremen herangerückt. „Uns sind Brutstätten in Verden bekannt“, weiß Hofmann.
Halb Motte, halb Kolibiri
Geflügelte Exoten – die gibt es auch eine Nummer kleiner: Das Taubenschwänzchen ist eigentlich ein Schmetterling, erinnert aber an eine Kreuzung aus Motte und Kolibri. Ähnlich wie der berühmte Vogel, schwebt das bis zu 7,6 Zentimeter große Tierchen auf Nektar-Suche von Blüte zu Blüte, um dann – Zack –seinen Zwei-Zentimeter-Saugrüssel auszufahren.
Schlechte Nachrichten für Spinnenphobiker
Auf Menschen eher weniger putzig dürfte hingegen ein anderes Insekt wirken. Allein, weil es äußerlich zwei ungeliebte Tiere vereint: Die Wespenspinne kann zwar nicht fliegen (zum Glück), hat aber von Südeuropa aus bereits nahezu ganz Deutschland erobert. „Sie haben es sogar bis nach Schleswig-Holstein geschafft“, sagt NABU-Chef Hofmann.
Schlechte Nachrichten für Spinnenphobiker: Die gelb-schwarz gestreiften Weibchen können eine stattliche Körpergröße von 2,5 Zentimetern annehmen – alle acht Beine nicht mitinbegriffen. Auch in Gärten spinnen sie ihre großen Netze. Doch: Obwohl giftig, sind sie für Menschen ungefährlich. Und: Nebst Fliegen stehen auch Wespen auf ihrem Speiseplan.
Eine echte Gefahr
Da ist der Fund, der in diesem Sommer im Raum Osnabrück und Hannover gemacht wurde, eine ganz andere Nummer: Ein Pferdebesitzer entdeckte an mehreren seiner Tiere riesige Zecken. Forscher der Universität Hohenheim bestätigten später: Es handelte sich dabei um eine tropische Art, vermutlich von Vögeln eingeschleppt.
Gattung Hyalomma, fünf Mal so groß wie die in Deutschland bekannten Holzbock-Arten – und um ein Vielfaches gefährlicher: Die Spinnentiere können tropische Krankheiten übertragen, etwa das Krim-Kongo-Fieber, das bei Infizierten innere Blutungen auslösen kann. In der Türkei sind zahlreiche Todesfälle bekannt.
Unter den Fachleuten macht sich Sorge breit: „Diese Zeckenarten könnten in Deutschland Einzug halten“, befürchtet Ute Mackenstedt, Parasitologin an der Universität Hohenheim. Überrascht ist die Expertin über die Entwicklung dennoch nicht: „Wegen der Klimaerwärmung ist bei uns grundsätzlich mit immer mehr wärmeliebenden Zecken zu rechnen“, sagt Mackenstedt.
Tiere, die verschwinden
Große und krankheitsbringende Tropenzecken: Dass der Klimwandel für unsere Region nicht nur farbenfrohe Vögel und Kolibri-Schmetterlinge bedeutet, darauf macht auch Sönke Hofmann aufmerksam: „Der Klimwandel passiert für Natur und Tiere rasend schnell.“ Für viele uns bekannte Arten zu schnell: „Die finden hier dann nichts mehr zu fressen“, so Hofmann. Er warnt: „In 50 bis 60 Jahren könnten 30 Prozent die heimischen Tier- und Pflanzenarten verschwunden sein.“