Klaus-Dieter Fischer möchte Unternehmen aus der Region an Werder beteiligen, um die finanzielle Basis des Bundesligisten zu verbessern.Foto: Nordphoto
Interview

Fischer: „Marco Bode muss jetzt vorangehen“

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Happy Birthday, Klaus-Dieter Fischer! Werders Ehrenpräsident feiert am 27. Dezember seinen 78. Geburtstag. Im Interview erzählt der ewige Werder-Funktionär was passieren muss, damit Bremen Bundesliga-Standort bleibt.

Deichstube: Werder ist kurz vor der Winterpause noch in die zweite Tabellenhälfte abgerutscht, sind Sie trotzdem zufrieden?

Klaus-Dieter Fischer: Ja, denn trotz der Niederlage war es in Leipzig eines der besten Werder-Spiele, das ich seit langem gesehen habe. Dieser Mut, dieser Fußball, diese Moral – es ist fast nicht zu glauben, dass wir jetzt sagen müssen, ausgerechnet gegen Spitzenmannschaften wie Dortmund, Hoffenheim und nun Leipzig Punkte verschenkt zu haben. Natürlich ist die Mannschaft nun traurig, aber sie kann auch gestärkt daraus hervorgehen. Ich halte Europa für absolut möglich. In der Geschichte von Werder gab es immer große Berg- und Talfahrten. Jetzt bewegen wir uns nach Jahren im Abstiegskampf endlich wieder nach oben.

Ist der Berg für Werder inzwischen nicht viel zu hoch?

Natürlich ist es schwieriger geworden, als es zu Zeiten von Otto Rehhagel oder Thomas Schaaf war. Die Schere ist zu weit auseinander. Jetzt sind Visionen gefragt.

Welche?

Die 50+1-Regelung wird in den nächsten fünf Jahren fallen. Da muss Werder gerüstet sein. Das vermisse ich. Bei Werder wird zu wenig an Alternativen gedacht. Es müssen neue Geldquellen erschlossen werden – und zwar von außen. Ob man das jetzt strategische Partner, Investoren oder Pool-Lösung nennt, ist letztendlich nicht entscheidend.

Aber Herr Fischer, davon wird schon so lange gesprochen – und nie ist etwas passiert.

Das stimmt, deshalb wird es ja höchste Zeit! Nehmen wir den Investoren-Pool, der übrigens meine Lieblingslösung wäre, wenn die Unternehmen aus der Region kommen würden. Dann wäre sehr wahrscheinlich Herzblut dabei, unsere Aktien blieben hier und würden nicht in der Weltgeschichte herumgeistern. Unser Aufsichtsrat ist aktuell mit Kurt Zech, Marco Fuchs, Thomas Krohne und Andreas Hötzel so gut von außen besetzt, dass er hervorragend als Auslöser so eines Pools fungieren könnte. Wir haben absolute Schwergewichte aus der Wirtschaft dabei. Ich erwarte von niemandem, dass er Millionen zur Verfügung stellt, aber die Aufsichtsräte sollen mit ihren Kontakten für Werder in die Bütt gehen.

Braucht es dafür nicht auch eine Identifikationsfigur?

Ja! So ein Gesicht könnte Marco Bode sein. Er hat Charisma und eine hohe Kompetenz. Aber er muss es auch wollen und machen.

Bode betont stets, dass er sich nicht ins operative Geschäft einmischen will.

Hier geht es aber um die strategische Weiterentwicklung von Werder, da ist auch der Aufsichtsrat gefordert. Die Zeit drängt. Marco muss das auch nicht alleine machen, er braucht Unterstützung dafür. Aber Marco muss vorangehen. Es gibt Unternehmen in der Region, die sich an Werder beteiligen würden, aber die kommen nicht von alleine zu uns.

Dürfte Werder – aus Ihrer Sicht – seine Anteile auch an einen ausländischen Investor verkaufen, an einen Scheich oder einen reichen Russen?

Da hätte ich immer die Sorge, dass es nur ums Geld geht und das Herz so gar keine Rolle mehr spielen würde. Dann lieber einen strategischen Partner, der gemeinsame Ziele verfolgt, der vielleicht noch eigenes Know-how einbringt und nicht allein auf die Maximierung seines Einsatzes aus ist.

Der reine Investor würde aber mehr zahlen.

Wahrscheinlich. Das macht die Sache nicht leichter. Es ist ohnehin ein ganz schmaler Grat. Wir wollen und dürfen unsere Fans nicht vergessen. Sie wollen erfolgreichen Fußball sehen, aber der Club soll so bleiben, wie er ist. Das wird aber nicht gehen. Dortmund, Bayern, Hoffenheim, Leipzig, Leverkusen, Wolfsburg – die sind finanziell alle schon weg. Mönchengladbach macht das im Moment ohne Investor sehr gut, aber wie lange noch? Hertha wird was tun, Stuttgart auch. Und Schalke findet auch immer einen Weg, um an Geld zu kommen.

Wenn 50+1 tatsächlich fällt, dürfte der Hamburger SV wohl der erste Verein sein, der aufgekauft wird, oder?

Stimmt, man muss auch in die Zweite Liga schauen (lacht). Der 1. FC Köln ist ebenfalls ein Kandidat. Wir müssen wirklich aufpassen, dass wir den richtigen Zeitpunkt nicht verpassen, sonst sind wir irgendwann weg vom Fenster. Wir müssen unser Know-how in andere Länder wie China verkaufen – und natürlich unsere fantastische Jugendarbeit fortsetzen. Dafür ist das neue Nachwuchsleistungszentrum extrem wichtig. Aber allein damit werden wir die Bundesliga auf Dauer in Bremen nicht finanzieren können. Die eine oder andere Kröte werden wir wohl schlucken müssen.

Gilt das auch für den Namen des Stadions?

Jein. Das Weserstadion muss immer Weserstadion heißen, den Namen dürfen wir nicht verkaufen. Aber wir müssen jemanden finden, der wie die EWE in der Vergangenheit den Namen Weserstadion quasi präsentiert und dafür zahlt.

Geht es im Fußball wirklich nur noch ums Geld?

Nein! Das Geld alleine ist nicht entscheidend. Gerade bei uns nicht. Da geht es auch um die handelnden Personen. Im Bereich Profi-Fußball sind wir für die nächsten Jahre sehr gut aufgestellt, weil wir dort immer noch zwei Lernende – aber auf ganz hohem Niveau – haben. Das meine ich nicht negativ, im Gegenteil: Frank Baumann und Florian Kohfeldt sind erst kurz in ihrem Job, machen aber schon eine fantastische Arbeit, die mit wachsender Erfahrung noch besser werden kann.

Dafür müssten sie aber auch langfristig bleiben.

Richtig, deshalb müssen sie auch so lange wie möglich an den Club gebunden werden. Noch wichtiger ist aber, dass ihnen absolut vertraut wird. Frank Baumann würde nie zu einem anderen Club gehen, aber er könnte irgendwann aufhören, weil es ihm reicht. Das dürfen wir nicht zulassen. Florian Kohfeldt ist auch so sehr Werderaner, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass er in den nächsten Jahren geht. Aber wir dürfen ihn nicht gleich infrage stellen, wenn es auch mal wieder schlechtere Phasen geben sollte. Da müssen wir durch – gerade mit diesem Trainer. Das wird sich auszahlen, da bin ich mir sicher.

Was halten Sie eigentlich von Werders Einstieg in den eSport?

Nicht viel. Wenn Werder gesagt hätte, das ist ein neuer Geschäftsbereich, das müssen wir machen, weil es ganz viele Bundesligisten machen – okay, Haken hinter. Aber es damit zu begründen, dass man so junge Leute an den Verein binden und dann von unseren Werten überzeugen will, das kann ich nicht nachvollziehen. Marco Bode und Klaus Filbry haben es so gesagt. Das ist für mich nicht ganz ehrlich.

Warum?

In unserer Satzung steht eindeutig, dass wir den Sport fördern wollen. eSport ist für mich aber kein Sport. Und wo sollen sich die jungen Menschen denn anmelden? Es gibt doch überhaupt keine eSport-Abteilung bei Werder. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass unsere Mitglieder einer nötigen Satzungsänderung zustimmen würden. Und Fans generiert man so auch nicht. Die wollen daddeln und nicht Werder anfeuern. Sorry, aber da bin ich vielleicht etwas altmodisch, aber das darf ich ja mit 78 Jahren auch sein, oder?

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