Kurz irritiert ist man schon, wenn sich vor einem plötzlich ein Fahrradweg auftut, der vorher nicht da war. So war es, von der Wilhelm-Kaisen-Brücke kommend, vor kurzem an der Friedrich-Ebert-Straße. Eine der Auto-Fahrspuren wurde für den europäischen Parking Day rund drei Stunden zur Fahrradspur umfunktioniert.
Seit 15 Jahren setzen sich Menschen am dritten Freitag des Septembers für eine menschenfreundliche Stadt ein. Die Aktionen finden im Zusammenhang mit der Europäischen Woche der Mobilität statt. Dabei werden Parkflächen zu Orten für Menschen, statt Autos.
So luden verschiedene Umweltverbände die Bremer ein, auch die Friedrich-Ebert-Straße zurückzuerobern. Radfahrer bekamen einen „geschützten Radfahrstreifen“ und Fußgänger mehr Platz auf dem Gehweg.
„Das ist Lebensqualität“
„Während des Nachmittags waren zwischen 400 und 600 Menschen hier. Man konnte etwas essen, einen Kaffee trinken, einige haben eine Tischtennisplatte gebracht und gespielt“, sagt Wolfgang Köhler-Naumann vom Bremer Bündnis Verkehrswende.
Radfahrer würden erst irritiert gucken, aufgrund der plötzlich veränderten Verkehrssituation, sich dann aber entspannen, sagt Köhler-Naumann. Mithilfe des Radfahrzählers an der Brücke schätzt er, seien zwischen 800 und 1.000 Rädern vorbeigekommen.
„Der städtische Raum muss vom Menschen aus gedacht werden. Die Leute können auf dem Gehweg nun mit Kindern entlang laufen, ohne dass durch die Fahrräder etwas passieren kann. Das ist Lebensqualität“, sagt er. Dem Auto-Individualverkehr würde zu viel Raum und zu viele Flächen in der Stadt zugestanden.
Verbände informierten
Auf dem Bürgersteig hatten die beteiligten Verbände – ADFC, BUND, Cambio, der Verein Fuss und der Verkehrsclub Deutschland – Infostände aufgebaut. Fußgängern wurde durch regenbogenfarbene Fußspuren sowie Kreidenmalerei symbolisiert, dass ihnen die Fläche zur Verfügung steht.
Fuß- und Radverkehr nahmen die Aktion gerne an. „Man muss immer schauen, wem man auf die Füße tritt. Aber grundsätzlich ist es möglich, weniger Autos in der Stadt zu haben“, sagt Köhler-Naumann.
Push & Pull
Das funktioniere mit dem „Push & Pull“-Prinzip. Wenn es schönere Radwege und bessere ÖPNV-Anbindungen gäbe, motiviere dies, das Auto stehen zu lassen. Es zieht an (Pull).
Parkraumbewirtschaftung stößt hingegen vom Nutzen des Autos ab (Push). „Es geht um die Attraktion der Alternativen“, sagt Köhler-Naumann. Was die Umsetzung solcher Maßnahmen angeht, ist er zuversichtlich. „In den nächsten fünf Jahren sollte schon mal was gemacht werden“, sagt er.
Ob bis zum nächsten Jahr schon eine Entwicklung in diese Richtung stattgefunden hat, lässt sich dann am dritten Freitag des Septembers.
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