Für die Kitas gibt es klare Regeln, wie das Personal sich und die Kinder während der Corona-Pandemie schützen soll. Doch Tagesmütter und Tagesväter vermissen Richtlinien und Konzepte.
„Wir haben viele offene Fragen, die eigentlich erst geklärt werden müssen“, sagt etwa Anke Sorgenfrei-Sallah, die mit einer Kollegin zehn Kinder in einer externen Großtagespflege betreut. Da ist etwa die Frage nach erweiterten Hygienevorschriften.
Behörde hat inzwischen reagiert
Judith Pöchler-von Lingen, Geschäftsführerin der Gesellschaft Pflegekinder in Bremen (PiB), bestätigt: „Für Tagespflegepersonen gelten grundsätzlich schon hohe Hygienevorgaben. Sie betreuen die Kleinsten und das mit viel Körperkontakt. Hygiene spielt auch eine so große Rolle, weil häufig die Kinder im eigenen Haushalt betreut werden, die eigene Familie also auch betroffen ist.“
Inzwischen liegt ein Dokument zum Schutz der Beschäftigten und der Kinder (Stand 24. April) vor.
Verpflegung der Kinder ungeklärt
Zu spät, finden viele Bremer Tagesmütter und Tagesväter. Das zuständige Senatsressort weist auf eine Empfehlung zum Arbeitsschutz vom 31. März hin, die an alle betroffenen Betreuer geschickt wurde.
Für Sorgenfrei-Sallah und ihre Kolleginnen stellt sich aber auch die Frage nach der Verpflegung der Kinder. Caterer können derzeit nicht beauftragt werden. Vorschriften zum Essen gibt es laut Pöchler-von Lingen nicht. „Mir ist nicht bekannt, warum Eltern nicht Frühstück und Mittagessen mitgeben dürften“, sagt sie.
Entscheidungen über mitgebrachte Speisen seien zwischen Eltern und den Betreuern zu treffen, erklärt Annette Kemp, Sprecherin von Bildungssenatorin Claudia Bogedan. Zudem könne als Übergangslösung für jene, die sonst einen Caterer beauftragen, auch frisch gekocht werden.
Bangen um die Bezahlung
Tagesmütter und Tagesväter fragen sich zudem, wie und ob sie auch nach April weiter bezahlt werden. „Uns wurde mitgeteilt, dass die Vergütung für Tagespflegepersonen für die Dauer der Verfügung aufrecht erhalten wird“, sagt Pöchler-von Lingen.
Aus der Behörde heißt es indes, eine weitere Bezahlung über den April hinaus werde derzeit abschließend geklärt. Den Pflegepersonen sollten jedoch keine Nachteile entstehen.
Tagespflegeeltern sind selbstständig
Gilt dies auch, wenn sie keine oder nur eine eingeschränkte Notbetreuung anbieten? Tagesmütter und Tagesväter sind selbstständig, es sei denn, sie sind bei PiB angestellt. „Als Selbstständige kann sie niemand zwingen, eine Notbetreuung anzubieten“, erklärt Pöchler-von Lingen.
Das Engagement der Pflegepersonen sei allerdings enorm groß, betont die PiB-Geschäftsführerin.
Gerade durch den engen familiären Kontakt gebe es Entgegenkommen und Verständnis auf beiden Seiten. Eine Notbetreuung solle, wenn angeboten, aber auch den Bedarf der Eltern abdecken, sagt Pöchler-von Lingen.
Das Bildungsressort bestätigt dies, weist aber auch darauf hin, dass Eltern nur die Stunden in Anspruch nehmen sollten, die sie für die Ausübung ihres Berufes benötigen. Wenn Pflegepersonen eindeutig zur Risikogruppe gehörten, erklärt Kemp, könnten sie unverschuldet ihrer Tätigkeit nicht nachgehen. Auch daraus sollte ihnen kein Nachteil entstehen.
Etwa zehn Prozent bei PiB gemeldet
Insgesamt waren am Montag 98 Kinder bei PiB für eine Notbetreuung angemeldet. Das sind zehn Prozent der üblicherweise betreuten Kinder. Für sechs Kinder musste PiB eine alternative Lösung suchen. In 221 städtischen Kitas wurden 1.502 Kinder für eine Notbetreuung angemeldet.
Ihre Arbeit machen die Tagesmütter und Tagesväter aufgrund der ungeklärten Situation bei – und vor allem wegen – aller Nähe zu den Kleinen nun zwar so liebevoll wie vor Corona, dafür aber mit großen Bauchschmerzen, wie die Tagesmutter sagt.
Fragen und Antworten
Müssen Schutzkleidung und -material selbst bezahlt werden?
Die Kosten für Desinfektionsmittel sind mit der Sachkostenpauschale, die die Stadt an die Tpps zahlt, abgegolten. Da die Zahlungen derzeit weiterfließen, aber nicht alle Kinder in der Notbetreuung anwesend sind, kann von einem Überhang der Pauschale ausgegangen werden, der mögliche höhere Kosten abdeckt.
Finden derzeit Eingewöhnungen neuer Kinder statt?
Bei Kindern unter drei Jahren muss eine Eingewöhnung stattfinden.
Dürfen Tagespflegeeltern mit den Kindern spazieren gehen und sich draußen aufhalten?
Auf Grünflächen ja. Die Nutzung von Spielplätzen wird derzeit geklärt. Es gilt aber immer das Abstandsgebot.
Kann ein Kind seinen Platz in der Notbetreuung wieder verlieren?
Grundsätzlich sind Kinder ihren Tpps zugeordnet. Kinder, die einen Platz in der Notbetreuung haben, behalten diesen.
Werden die Anträge der Eltern auf ihre Richtigkeit überprüft?
Bei berechtigten Zweifeln kann eine Überprüfung der Angaben vorgenommen werden.
Müssen Tagespflegepersonen ihre eigenen Kinder in eine Notbetreuung geben, wenn sie fremde Kinder aufnehmen?
Ja, wenn die Gruppengröße mit den eigenen Kindern fünf übersteigen würde und die externen Eltern notdienstberechtigt sind.
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Weitere Informationen für Eltern und Tageseltern gibt es im Internet unter bildung.bremen.de
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