Delme Report: Herr Blanke, wie sehr belastet Sie die Corona-Zeit?
Detlef Blanke: Ich habe nicht unbedingt Angst vor Corona, aber eine gewisse Unsicherheit bleibt doch. Belastend ist, dass ich als Musiker ein Auftrittsverbot habe und somit die größten Teile meines Einkommens gerade wegbrechen. Die von den Politikern gelobten Soforthilfen kommen bei uns Berufsmusikern nicht an, genau wie bei den Solo-Selbstständigen. Es wird wahnsinnig viel Geld rausgehauen, Belastungen, die Generationen ausbaden müssen. Nur die Selbstständigen und Künstler gehen nahezu leer aus. Ich kämpfe jetzt seit vielen Wochen mit all meinen Kollegen dafür, von der Politik gehört zu werden.
Nützen Ihnen die langsamen Lockerungen denn nicht?
Beruflich leider so gut wie gar nicht. Ich kann wieder mit jemandem zusammen im Studio arbeiten, aber Live-Konzerte sind ja so gut wie immer noch nicht möglich. Unter den jetzigen Voraussetzungen lohnt es sich für Veranstalter auch nicht, irgendetwas auf die Beine zu stellen oder wieder zuzulassen. Privat bin ich froh, wieder mehr Menschen treffen zu dürfen oder auch mal wieder auszugehen.
Haben Sie trotzdem Verständnis für die Corona-Regelungen?
Einen Großteil der Maßnahmen halte ich durchaus für sinnvoll, zumindest am Anfang, als die Unsicherheit und das fehlende Wissen noch sehr groß waren. Inzwischen ist es ein großer Flickenteppich an Regelungen. Aber ich bin froh, dass die Maßnahmen zu einem bislang so glimpflichen Verlauf der Pandemie bei uns geführt haben.
Was vermissen Sie momentan am meisten?
Mir fehlen die Kultur, die Konzerte und die Unbeschwertheit beim Zusammentreffen mit Freunden und Fremden. Die Breminale, der Oldenburger Kultursommer und der 24 Stunden Burginsellauf wurden abgesagt, um nur einige Beispiele zu nennen. Mir fehlen meine eigenen Konzerte, das Publikum, die Buchungen. In dieser ungewissen Zeit organisiert niemand Konzerte oder Parties. Somit werden die Folgen für uns Musiker noch sehr viel länger zu spüren sein.
Wofür nutzen Sie die Zwangspause? Sind Sie trotzdem kreativ?
Nach der ersten Schockstarre habe ich sehr viel Zeit in meinem Tonstudio verbracht und an diversen Produktionen gearbeitet. Unter anderem bin ich in ein neues plattdeutsches Musical meiner Kollegin Silvia Sinning aus Leer involviert. Da werde ich im Laufe der nächsten zwei Jahre sämtliche Songs für die CD und für die Live-Aufführungen aufnehmen und produzieren. Ein erster Teil ist bereits fertig. Da die Studioarbeit sehr viel Zeit in Anspruch nimmt, bleibt nicht so viel andere Zeit übrig.
Hatten Sie vorher auch schon plattdeutsche Lieder im Repertoire?
Nein. Ohne jegliche Plattdeutsch-Kenntnisse musste ich für die neue Produktion einen ganzen Song in der „Fremdsprache“ einsingen. Das war eine echte Herausforderung, hat aber geklappt.
Gibt es noch weitere musikalische Projekte, über die Sie etwas verraten möchten?
Zusammen mit der Bremer Salsa-Band „BremaVista“ habe ich in den vergangenen drei Wochen einen Song aufgenommen und ein Video produziert. Entstanden ist eine rhythmische Salsa-Version des Werder Bremen Songs „Lebenslang grün-weiß“. Mit dabei war auch die kubanische Sängerin Darling Valdivia, die in Bremen lebt. Als typisches Corona-Video hat jeder seinen eigenen Part bei sich zuhause aufgenommen. Bei mir im Studio liefen dann die musikalischen Fäden zusammen. Beim Video unterstützte uns Joscha Brinkmann aus Delmenhorst. Die Kooperation zu dem Projekt kam durch meine Freundschaft zu Annett Becker-Edert zustande. Sie ist Dozentin an der hiesigen Musikschule und Organisatorin des Delmenhorster Jazzfestes.
Das Video findet man online unter
(Hier geht es zum Interview mit Jens Buntemeyer)