Wer in diesen Tage die Telefonnummer der Strandlust wählt, wird direkt in das Hotel Havenhaus weitergeleitet. Phi-lipp Thiekötter ist der Pächter des kleinen Hotels am Vegesacker Hafen. Auch die Strandlust, nur wenige Meter entfernt, hat er betrieben: Seit Dienstag ist das 122 Jahre alte Traditionshotel aber geschlossen, das Insolvenzverfahren wird eröffnet. „Wir haben bis zum Ende gehofft, dass es weiter geht“, sagt Thiekötter.
Anfang April hat er Insolvenz angemeldet. Zu groß waren die damaligen und absehbaren Umsatzrückgänge, bedingt durch die Coronakrise und ihre Einschränkungen für Reisen, Übernachtungen und Veranstaltungen.
Investitionskosten waren zu hoch
Thiekötter traf insbesondere das Verbot von größeren Veranstaltungen. „In diesem Jahr hätten wir mehr als 60 Hochzeiten mit 100 Personen und mehr veranstalten sollen. Nur eine, im kleinen Rahmen, fand tatsächlich statt“, so der Geschäftsführer. „Würde das Übernachtungsgeschäft alleine da stehen, wäre es machbar gewesen. Aber der Veranstaltungsbereich gehört eben auch dazu.“
„Wir haben viel versucht, aber keine Lösung gefunden“, sagt Christian Kaufmann, den das Amtsgericht als vorläufigen Insolvenzverwalter benannt hat. Die Strandlust sei renovierungsbedürftig, die Investitionskosten zu hoch. Zudem würden die Eigentümer der Immobilie direkt an der Weser andere Pläne für den Standort haben.
Thiekötter hat Strandlust 15 Jahre betrieben
Nun muss der Geschäftsbetrieb formal stillgelegt werden. Laut Kaufmann bestehen Insolvenzforderungen in Höhe von einer Million Euro. Er geht von einer geringen Gläubigerquote aus.
Thiekötter hat die Strandlust 15 Jahre lang betrieben und zuletzt 55 Mitarbeiter beschäftigt. Eingeweiht wurde das Haus 1898 unter dem Namen „Etablissement Strandlust“: eine Gaststätte der gehobenen Art. Damals wie auch zuletzt war sie eine Institution im Bremer Norden und darüber hinaus. Eine Institution, deren Geschichte nun zu Ende geht.
Bremen machen Verbote von Firmenreisen zu schaffen
Die Strandlust ist eines der ersten großen Häuser, bei dem sich die Folgen der Coronakrise so deutlich zeigen. Detlef Pauls, der Landesvorsitzende des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) in Bremen, weiß, wie schlecht es der Branche geht. Daran konnten auch die Urlauber, die in der Ferienzeit einige Tage in Bremen verbracht haben, nichts ändern.
„Das größte Problem ist, dass viele Unternehmen Firmenreisen verboten haben. Der Bereich macht 75 Prozent der Übernachtungen in Bremen aus“, sagt Pauls. Auch Hotels, die sich auf große Veranstaltungen spezialisiert haben, stünden vor massiven Problemen.
Dehoga rechnet geht von Insolvenzwelle aus
Die große Insolvenzwelle bleibe bisher aus, sagt Pauls. „Aber die wird noch kommen.“ Er geht davon aus, dass es sich nur um einen Aufschub handelt, weil die Bundesregierung die Anmeldepflicht für Insolvenzen bis Ende September ausgesetzt hat.
Thiekötter muss nun erstmal die technische Infra-struktur für sein Hotel Havenhaus neu aufbauen. „Die Strandlust diente quasi als Kommandozentrale. Dort haben wir zum Beispiel Buchungen für das Havenhaus entgegen genommen“, sagt der Geschäftsführer. Nun wird ein neues Netzwerk installiert. Und wie geht es dann weiter? „Das weiß ich noch nicht. Ich muss das erstmal verarbeiten.“