In der Berliner Wilhelmsstraße werden die finanziellen Bewegungen des kleinsten Bundeslandes genau verfolgt. Das Bundesfinanzministerium ist verstimmt über den Haushaltsentwurf, den der Senat am Dienstag im Bremer Rathaus vorstellte.
„Das geht überhaupt nicht. Eine Gebietskörperschaft muss auf Dauer tragfähig sein. Das hier ist kein Notfall“, heißt es. Auch wenn Berlin offiziell noch nicht Stellung beziehen will, gibt man hinter vorgehaltener Hand ziemlich deutlich zu verstehen, dass die Hansestadt in Sachen Schuldenbremse jetzt Risikokurs fährt.
Kosten für Flüchtlinge lassen sich kaum auffangen
Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) räumt ein, dass Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sich bisher vom Bremer Plan keineswegs begeistert gezeigt hat. Doch sie versichert, dass Bundesländer wie Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Hamburg an ihrer Seite stehen, und die anderen ihren Kurs aufmerksam beobachten, weil sie wüssten, dass ihnen das gleiche blüht: Hohe Kosten für die Flüchtlinge ließen sich kaum noch im normalen Haushalt auffangen.
Am Dienstag hat Linnert mit Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) den Haushaltsentwurf vorgelegt, den Sieling „einen Haushalt der Solidarität und des gesellschaftlichen Zusammenhaltes“ nennt. Bremen habe 2015 zum fünften Mal in Folge die Sanierungsvereinbarung eingehalten. Doch jetzt werde man eine Ausnahme im Sanierungsvertrag in Anspruch nehmen. „Bremen kann in seiner Haushaltnotlage die zusätzlich anfallenden Kosten in dreistelliger Millionenhöhe nicht an anderer Stelle kompensieren“, sagt Linnert.
Der Bund solle 50 Prozent Zusatzkosten übernehmen
Es geht um 325 Millionen Euro im laufenden und 270 Millionen Euro im kommenden Jahr. Dafür werden neue Kredite aufgenommen und Zinsen und die Tilgung gezahlt werden. Der Senat drängt darauf, dass der Bund 50 Prozent der Zusatzkosten übernimmt.
Das Problem: Der Sanierungskurs sieht das eigentlich nicht vor, Bremen überschreitet die Grenzen der Kreditaufnahme. Ob der Flüchtlingszustrom eine zulässige Ausnahme darstellt, wird Linnert im Stabilitätsrat begründen müssen, mit Unterstützung anderer Bundesländer und bei Gegenwind aus dem Finanzministerium. Auf dem Spiel stehen weitere Hilfen des Bundes zur Sanierung.
Keine Rechtfertigung für Bremer Sonderweg
Die Meinungen sind auch in Bremen geteilt: Die Handelskammer hält Linnerts Kurs in diesem Punkt für richtig: Der Bund habe erheblichen Einfluss auf die Flüchtlingspolitik und müsse die Länder unterstützen, so Präses Harald Emigholz. CDU-Haushaltsexperte Jens Eckhoff, der den Haushaltsentwurf scharf kritisiert, mahnt dagegen zur Vorsicht, Flüchtlinge seien keine Rechtfertigung „für einen Bremer Sonderweg“.
Und hier wird der Beamte aus dem Finanzministerium noch einmal deutlich: „Wenn Bremen Millionenkredite für die Flüchtlingskosten aufnimmt, bricht es den Abbaupfad und bekommt keine Hilfen mehr vom Bund.“