„Die aktuelle Weltlage macht etwas mit den Jugendlichen. Die Pandemie, der Krieg in Europa, eigene Fluchterfahrungen“, sagt Dennis Rosenbaum, stellvertretender Geschäftsführer des Vereins zur Förderung akzeptierender Jugendarbeit (VAJA).
Sein Kollege Tim Ossyssek spricht von einem Verlorensein: „Woher sollen sie auch eine Sicherheit für ihre Zukunft nehmen?“
Die Streetworker des Vereins VAJA sind in den Stadtteilen Ansprechpartner für Jugendliche.
Allerdings wurde die Arbeit durch die Pandemie erschwert. Über den Sommer sei bei den jungen Leuten ein Durchatmen spürbar gewesen, sagt Ossyssek.
Angebote wie Freizeiten und Ausflüge konnten wieder stattfinden, die Streetworker ihre eigentliche Arbeit vor Ort wieder aufnehmen.
VAJA blickt in diesem Jahr auf 30 Jahre aufsuchende und akzeptierende Jugendarbeit zurück. 30 Jahre, in denen die Mitarbeiter immer wieder auf neue Probleme und Herausforderungen reagieren mussten.
Entstanden ist der Verein aus einem Hochschulprojekt: Seit 1988 hatten angehende Sozialarbeiter in Huchting und später auch in Horn-Lehe, Kattenturm und Mahndorf die Cliquenbegleitung von rechtsextremen Jugendlichen übernommen.
Bremer Konzept von München übernommen
1992 wurde der daraus entstandene Verein gegründet. Vier Jahre später beschloss der Bremer Senat eine flächendeckende aufsuchende Jugendarbeit für Bremen. Die drei Regionalteams des Vereins arbeiten schwerpunktmäßig mit Jugendlichen zwischen 12 und 21 Jahren direkt dort, wo die Jugendlichen leben. „Wir können extrem flexibel in der pädagogischen Praxis reagieren. In unterschiedlichen Formen kommen dann immer wieder neue Arbeitsbereiche hinzu“, erklärt Rosenbaum, seit 24 Jahren bei VAJA. „Wenn jemand beim Fußballspielen ein persönliches Thema anspricht, können wir gleich darauf eingehen“, sagt Ossyssek, seit 20 Jahren dabei.
Neben den Regionalteams setzt der Verein in spezialisierten Teams weitere Schwerpunkte. Die aufsuchende Arbeit ist für die meisten Bremer kaum sichtbar, anders als etwa das Pilotprojekt Pro Meile, in dem die Mitarbeiter des Vereins bis 2016 deeskalierend auf der Bremer Diskomeile im Einsatz waren. Das Pro-Meile-Konzept wurde später auch von München übernommen.
Basics gehen immer noch
Aus den positiven Rückmeldungen von Jugendlichen, die heute bereits Ende 20 sind, wissen Rosenbaum und Ossyssek, dass der Ansatz der Streetworker funktioniert.
Die Themen der Jugendlichen verändern sich ständig, die Streetworker reagieren darauf.
Insbesondere die medienpädagogische Facette der Arbeit habe sich in den vergangenen 30 Jahren sehr gewandelt. „Während der Pandemie konnten wir zu vielen Jugendlichen den Kontakt aufrecht halten, weil heute jeder ein Handy in der Tasche hat“, sagt Rosenbaum.
Die Digitalisierung habe so positive, aber auch negative Aspekte, sagt Ossyssek. Sie sorge für einen ständigen Austausch, aber auch dafür, dass die Jugendlichen viel mehr von dem mitbekämen, was auf der Welt passiert – und leider auch Fake News.
Die eigentliche Arbeit bleibe aber gleich: „Die Basics wie Fußball- und Kartenspielen gehen immer“, sagt Ossyssek.