Fachkräfte händeringend gesucht: Immer mehr Deutsche wandern aus oder entscheiden sich für ein Studium. Viele Unternehmen werden bei ihrer Suche nach passenden Mitarbeitern äußerst kreativ. Foto: pixabay.com @ geralt (CC0 Creative Commons)
Arbeitsmarkt

Fachkräftemangel spitzt sich in Bremen weiter zu

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Wie Unternehmen um Fachkräfte werben und was beim Jobwechsel ins Ausland zu beachten ist.

Die Schweiz ist längst in der Hansestadt angekommen, zumindest namentlich. Man denke an das Schweizer Viertel und die Bremer Schweiz. Doch immer mehr Bremer zieht es weg, in die „echte“ Schweiz. Statt Meeresbrise soll es Bergluft geben und noch dazu häufig mehr Geld im Portemonnaie. Ein Trend, der den ohnehin schon verheerenden Fachkräftemangel in der Weserregion weiter zuspitzt.

Vor allem Handwerk und IT leiden: Bremen braucht Tausende Fachkräfte zusätzlich

Deutschlandweit fehlen bereits jetzt Tausende Arbeitskräfte. In den nächsten Jahren soll die Lücke zwischen freien Arbeitsstellen und dem Fachkräfteangebot noch größer werden, sodass Experten Alarm schlagen.

Bedarf besteht vor allem im Bereich Gastgewerbe, IT oder bei der Kinder- und Jugendarbeit. Der Bundesverband Deutscher Schwimmmeister bundesweit bestätigt, dass deutschlandweit ca. 2.500 Fachkräfte fehlen, um Schwimmunterricht zu geben. Mit Folgen, denn über 14 Prozent aller 5- bis 17-Jährigen können gar nicht oder nur schlecht schwimmen.

Der Fachkräftemangel hat viele Ursachen, nicht nur den demografischen Wandel. Auch das Lohngefüge ist in Deutschland immer häufiger ein Grund, warum viele Bürger ihr berufliches Glück im Ausland suchen. Die Schweiz gehört dabei noch immer zu den beliebtesten Zielen innerhalb der EU. 2021 zog es über 300.000 Deutsche in das Nachbarland, darunter auch einige Bewohner der Hansestadt. Doch wer langfristig sein Glück im Alpenstaat finden möchte, muss auch mit den höheren Lebenshaltungskosten (darunter auch die höheren Beiträge für Krankenkassen Schweiz) zurechtkommen.

So versucht Bremen, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken

In den letzten Jahren sind nicht nur viele Bundesbürger in die Schweiz ausgewandert, sondern mehr als 6.900 von ihnen erwarben 2020 sogar die Schweizer Staatsbürgerschaft – ein neuer Höchststand, der vor allem am deutschen Arbeitsmarkt mit großer Sorge gesehen wird. Das Bundesland Bremen versucht nun, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und geht dafür auch ungewöhnliche Wege.

Die Bremer Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt will beispielsweise ein Fonds-Konzept unter Unternehmen etablieren, das mehr Anreize für die Schaffung von Ausbildungsplätzen schaffen soll. Ziel ist es, vor allem handwerkliche oder gastronomische Ausbildungsberufe wieder deutlich attraktiver zu machen und junge Menschen dafür zu begeistern.

Auch die IHK Bremen engagiert sich vor allem in Bezug auf den Fachkräftemangel im Gastgewerbe und bietet zusammen mit der Arbeitsagentur Förderungen und Weiterbildungsmöglichkeiten. Außerdem unterstützt sie Unternehmen dabei, Arbeit- und/oder Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben und sie auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu integrieren.

Die Landesagentur für berufliche Weiterbildung wird bei der Mission „Fachkräfte für Bremen“ eingeschaltet und bietet gezielte Weiterbildungsangebote für alle, die sich beruflich umorientieren oder zusätzlich qualifizieren möchten.

Bundesregierung unterstützt Bemühungen um Fachkräfte: Bremer Handwerkskammer sieht positives Signal

Auch die Bundesregierung hat längst erkannt, dass in Deutschland ein Mangel an qualifizierten Arbeitskräften herrscht, der in den nächsten Jahren weiter zunehmen wird.

Die deutsche Regierung hat verschiedene Maßnahmen ergriffen, um dieses Problem zu lösen. So hat sie beispielsweise Mittel für Berufsbildungsprogramme bereitgestellt, die sich auf die Entwicklung spezifischer, für die Bedürfnisse der Industrie relevanter Fähigkeiten konzentrieren. Sie hat auch neue Wege für ausländische Arbeitskräfte eröffnet, um mit akzeptablen Qualifikationen und Erfahrungen ins Land zu kommen. Zudem wurden Anreize für Unternehmen geschaffen, mehr behinderte Menschen und arbeitslose ältere Bürger einzustellen als jüngere Hochschulabsolventen, die Gefahr laufen, ins Ausland zu gehen.

Mit den neuen Erleichterungen für die Zuwanderung qualifizierter Kräfte macht die Bundesregierung den Weg weiter frei, um Arbeitskräfte aus dem Ausland zu rekrutieren. Thomas Kurzke, Präsident der Bremer Handwerkskammer, begrüßt diese Entscheidung. Allein im Handwerk fehlten im Juli 2022 mehr als 150.000 Kräfte bundesweit.

ZDH-Präsident Wollseifer geht sogar noch einen Schritt weiter und fordert eine groß angelegte Werbekampagne für mehr Wertschätzung des Handwerks. Noch immer will ein Großteil der Schulabgänger studieren, sodass 2021 mehr als 60.000 Ausbildungsstellen im Handwerk unbesetzt blieben. In den nächsten Jahren werden noch unzählige ältere Handwerker in den Ruhestand gehen, sodass die Nachwuchssorgen noch spürbarer werden.

Das deutsche Handwerk leidet unter Nachwuchssorgen und fehlenden Fachkräften. 2021 blieben mehr als 60.000 Ausbildungsplätze unbesetzt und auch die erfahrenen Mitarbeitenden in Bau, Konstruktion und Co. fehlen längst. Foto: pixabay.com @ Alexas_Fotos (CC0 Creative Commons)

Neue Anreize für Fachkräfte: Obstkorb und Co. für Mitarbeitende inklusive

Der Fachkräftemangel zwingt Unternehmen, deutlich kreativer bei der Werbung um neue Mitarbeitende vorzugehen. Da der enorme Fachkräftemangel besteht, können sich Interessierte den Arbeitsplatz aussuchen und sich wertvolle Präsente und andere Anreize sichern. OHB (das Raumfahrerunternehmen aus Bremen) bietet seinen Beschäftigten beispielsweise nicht nur Rabatte beim Einkaufen, sondern auch ein Gesundheits- und Sportangebot. Bremedia unterstützt vor allem familienfreundliche Arbeitszeiten und stellt beispielsweise neben dem Jobticket auch ein Eltern-Kind-Büro zur Verfügung. Überdies haben Mitarbeitende Zugriff auf einen E-Learning-Campus, um sich zeitlich flexibel weiterzubilden.

Auch das Klinikum Bremen-Nord hat bereits im Februar 2020 ein außergewöhnliches Projekt zur Fachkräftegewinnung gestartet. Zunächst wurden Interessierte zu einem Kennenlern- und Bewerbertag eingeladen, bei dem das Klinikum mit seinen einzelnen Bereichen näher vorgestellt wurde. Überdies gab es Einblicke in die Arbeitsweise, die Zukunftsperspektiven und Chancen im Klinikum.

Ein weiterer Werbeaspekt für qualifizierte Arbeitskräfte und Auszubildende sind die sozialen Medien. Das Klinikum ist längst auf Facebook und Instagram mit eigenen Kanälen vertreten und auch immer mehr andere Bremer Unternehmen tun es ihnen gleich. Mehr als 80 Prozent aller Jugendlichen und Erwachsenen schauen regelmäßig online nach interessanten Nachrichten oder informieren sich zu Stellenoptionen.

Smarte Bewerbungsprozesse – beim Kampf um die Fachkräfte werden sie immer wichtiger. Online-Bewerbungen sparen nicht nur Zeit, sondern auch Geld. Statt umfangreicher dicker Bewerbungsmappen per Post zu schicken, lassen sich benötigte Unterlagen in Sekundenschnelle übermitteln und bestenfalls innerhalb weniger Stunden erste Bewerbungsgespräche führen.

Ein weiterer Vorteil der digitalen Bewerbungsprozesse ist der Anreiz für ausländische Fachkräfte. Sie müssen nicht per Flugzeug, Bahn oder Auto stunden- oder sogar tagelang anreisen. Stattdessen wird ein Bewerbungsgespräch per Smartphone oder PC vereinbart, bei dem Unternehmen und Bewerbende sich per Video-Telefonat näher kennenlernen.

Selbst die Ausfertigung der Arbeitsverträge ist mittlerweile digital rechtssicher möglich. Statt die wichtigen Dokumente auf dem oft mehrtägigen Postweg zu senden, werden die Vertragsunterlagen digital erstellt und den künftigen Mitarbeitenden zugeschickt. Mit der digitalen Unterschrift wird das Anstellungsverhältnis besiegelt.

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