In Sachen Fahrradfreundlichkeit muss Delmenhorst weiterhin gehörig in die Pedale treten. Beim Fahrradklimatest 2022 des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) landet die Delmestadt bundesweit erneut im unteren Drittel der Ortsklasse 50.000 bis 100.000 Einwohner und belegt damit Platz 86 von 113. Die Gesamtbewertung liegt bei einer 4,25 nach dem Schulnotensystem, wobei 198 Menschen abgestimmt haben. Damit hat sich Delmenhorst im Vergleich zum letzten Test 2020 (Note 4,0) verschlechtert. Unzufrieden sind Radfahrer vor allem mit der Oberfläche der Radwege, der Falschparkerkontrolle auf Radwegen sowie der Ampelschaltung für Radler und der Führung an Baustellen. Wie schon in den Vorjahren stellen die Erreichbarkeit des Stadtzentrums und einige geöffnete Einbahnstraßen in Gegenrichtung Lichtblicke bei den Ergebnissen dar.
Mit einer Gesamtnote von 3,8 schneidet die Gemeinde Ganderkesee in der Kategorie 20.000 bis 50.000 Einwohner ähnlich bescheiden ab (Platz 149 von 447) und hat sich ebenfalls verschlechtert (2020: 3,6). Positiv bewerteten die 121 Teilnehmer auch hier die geöffneten Einbahnstraßen in Gegenrichtung und die Erreichbarkeit des Zentrums, aber auch die Wegweisung für Radfahrer und die Werbung fürs Radfahren. Auf der Negativliste steht – wie auch in Delmenhorst – die Oberfläche der Radwege, aber auch die Bereiche „öffentliche Fahrradräder/Fahrradverleih), die Breite und die Reinigung der Wege wurden moniert.
Forderungen des ADFC Delmenhorst
„Der Fahrradboom hält auch nach der Corona-Pandemie an. Und wir wollen, dass sich alle Menschen auf dem Rad wohl und sicher fühlen. Leider ist das in Delmenhorst nicht der Fall. 75 Prozent fühlen sich beim Radfahren nicht sicher“, sagt Gerd Gramberg, Vorsitzender des ADFC Delmenhorst. Dabei ließe sich die Situation schon mit kleineren Maßnahmen deutlich verbessern. Dazu zählten beispielsweise die konsequente Ahndung von Falschparkern auf Radwegen, mehr Tempo 30, sogenannte modale Filter (Sperrung von Verkehrswegen für bestimmte Verkehrsmittel, meist durch Pfosten) oder auch fahrradfreundliche Lösungen an Baustellen.
Aber das reiche nicht. „Die Menschen in Delmenhorst wollen Straßen, die einladend zum Radfahren sind. Dafür brauchen wir ein durchgängiges Radwegenetz innerorts und sichere und komfortable Radverbindungen in die Nachbarkommunen“, meint Gramberg. Das könne nur mit langfristiger Unterstützung des Bundes gelingen – mit einer geforderten Fahrradmilliarde. Laut ADFC sowie den Verbänden der Fahrradwirtschaft VSF und Zukunft Fahrrad reicht der Bundeshaushalt zur Förderung des Radverkehrs nicht aus, um Deutschland – wie im Koalitionsvertrag vereinbart – bis 2030 zum Fahrradland zu machen. Zwar standen dafür 2022 mit 750 Millionen Euro mehr Mittel als je zuvor zur Verfügung, in diesem Jahr sind es aber nur 550 Millionen Euro. Diese Mittel müssten verdoppelt werden – je eine Milliarde pro Jahr für durchgängige Radwegenetze, Radschnellwege für Pendler und Fahrradparkhäuser. Die Fahrradmilliarde würde im hohen Maße zum Erreichen der Klimaschutzziele im Verkehrssektor beitragen, so die drei Verbände.
Befragung alle zwei Jahre
„Außerdem brauchen wir dringend eine Reform des Straßenverkehrsgesetzes, damit wir als Kommune mehr Gestaltungsfreiheit bekommen, um die Radfahrbedingungen bei uns vor Ort zu verbessern“, so Gramberg. Die errechnete Durchschnittsnote von 4,25 für die „Fahrradfreundlichkeit“ in Delmenhorst begründen die Radfahrer insbesondere damit, dass Radfahren in der Stadt Stress bedeutet (59 Prozent) und dass in jüngster Zeit kaum etwas für den Radverkehr getan wurde (79 Prozent).
Den Fahrradklimatest führt der ADFC mit Unterstützung des Bundesverkehrsministeriums alle zwei Jahre durch, 2022 zum zehnten Mal. Bei den 27 Fragen ging es darum, ob man sich auf dem Rad sicher fühlt, wie gut die Radwege sind und wie viel die eigene Kommune für die Fahrradförderung tut. Fünf Zusatzfragen drehten sich dieses Mal um das Radfahren im ländlichen Raum.
Die genauen Ergebnisse findet man auf hier.