Ein sehr seltener Viringo. Diese alte – auch Peruanische-Inka-Orchidee genannte – Kulturrasse heißt Perro sin pelo del Perú oder Peruanischer „Nackthund“. Dieser Hund erfreut sich nicht nur bester Gesundheit, sondern genießt auch noch den sonnigen Tag in Niedersachsen. Seine Haut ist – wie die des Menschen – sonnengebräunt. Foto: Dörnath
Tierschutz

Zuchtverbot für Hunderassen droht

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Erste Veterinärämter haben Ordnungsverfügungen über Zwangskastrationen erlassen. Damit drohen Zuchtverbote.

Zuchtverbote und Zwangskastrationen

Während das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) noch vor wenigen Wochen gegenüber dem WESER REPORT im Artikel „Tierschutz versus ‚Qualzucht‘“ eifrig dementierte, dass es bei der Novellierung des Tierschutzgesetzes auch zu einem Zuchtverbot von beliebten Rassen wie Dackeln komme, sieht die Realität anders aus. Schon vor der Verabschiedung der Novelle versenden Veterinärämter in verschiedenen Bundesländern Briefe mit Anordnungen von Zuchtverboten und Zwangskastrationen. Auch Niedersachsen ist dem Vernehmen nach betroffen.

Zuchtverbote für gesunde Hunde

In dem Entwurf des BMEL ist auch ein Verbot von „Qualzuchten“ vorgesehen. Darunter fallen Tiere mit „Anomalien des Skelettsystems“, das sind wohl auch „Größenabweichungen“. „Das kann zu einem Zuchtverbot von Dackeln führen, obwohl es sich um gesunde Hunde handelt“, warnt die Vorsitzende des Clubs für Exotische Rassehunde Nicole Stangenberg-Frehse, die Züchterin des seltenen Viringo ist.

„Qualzucht“ ist ein Laienbegriff

„Dabei ist das Wort ,Qualzucht‘ noch nicht einmal ein tierschutzrechtlicher Begriff“, ärgert sich die Bremer Wildtierärztin Dr. K. Alexandra Dörnath. Dieser Laienbegriff stamme aus dem über 20 Jahre alten, nicht rechtsverbindlichen „Gutachten zur Auslegung von §11b des Tierschutzgesetzes“, das in vielen Punkten sehr umstritten ist.

Völlig überholte wissenschaftliche Quellen

An diesem „Qualzuchtgutachten“ sei auch kein Hundekenner beteiligt gewesen, betonte schon damals Prof. Dr. Hansjoachim Hackbarth, Fachtierarzt für Tierschutzkunde. Die Kategorisierung der „Nackthunde“ als „Qualzucht“ war bereits damals wissenschaftlich obsolet, da sie sich auf völlig überholte Quellen stützte. „Und dabei sind diese Hunde weder nackt noch haarlos – sie haben eine haararme Haut,“ so Dörnath, die auch Beraterin des Clubs für Exotische Rassehunde ist.

Die alte Kulturrasse Viringo ist robust und vital

Es handelt sich um die Jahrtausende alten Kulturrassen Viringo (Peruanischer Nackthund), Xoloitzcuintle (Mexikanischer Nackthund) und Chinesischer Schopfhund. „Es ist völliger Quatsch, dass sie ein defektes Immunsystem hätten und nicht thermoregulieren könnten. Dennoch wird dies auch heute noch gebetsmühlenartig wiederholt. Mit typischen Gebiss- und Behaarungsbesonderheiten sind diese Hunde vital, robust und langlebig“, betont Dörnath.

Zwangskastrationen für faszinierende Tiere

Dörnath ist diesen urtümlichen Hunden das erste Mal 1993 in Ruinenstätten Lateinamerikas begegnet, wo sie als Streuner leben. Sie ist bis heute von ihnen fasziniert und dort immer wieder auf sie gestoßen. „Natürlich funktionieren ihre Organe und ihre Besonderheiten verursachen bei ihnen weder Leiden, Schmerzen oder Schäden“, so Dörnath. Umso erstaunlicher, dass einige Veterinärämter scheinbar in einer Art vorauseilendem Gehorsam auch gegen Züchter dieser seltenen Rassen vorgehen. In dem behördlichen Schreiben wird auch schon von „Qualzuchten“ gesprochen, von Zuchtverboten und Kastrationen, die in diesen Fällen Zwangskastrationen gleichkämen.

Kommentar: Tierschutz geht anders

Martin Bollmann

Wirft man eigentlich dem Asiatischen Elefanten vor, beinahe ‚nackt‘ zu sein, im Vergleich zu seinem Verwandten, dem Fellhaarmammut? Eine absurde Frage? Auch der Mensch ist ein beinahe unbehaarter Affe. Umso verwunderlicher ist es da, dass Exemplare dieser „nackten“ Primaten bestimmten Hunden Nacktheit vorwerfen. Doch damit nicht genug: Mit wissenschaftlich vollkommen überholten Argumenten werden robuste und gesunde Nackthunde-Rassen zu „Qualzuchten“ erklärt und von Veterinärämtern mit Zuchtverboten und Zwangskastrationen belegt – echter Tierschutz sieht anders aus.
Bei diesem behördlichen Tierschutz-Engagement kann man nur hoffen, dass die Regierungen von Mexiko oder Peru diesen „Spaß“ auch verstehen, denn dort werden diese alten Hunderassen als Kulturgut verehrt und deren Schutz hat in Peru sogar Verfassungsrang. Dort werden diese Entwicklungen in Deutschland genau verfolgt – diplomatische Verwirrungen nicht ausgeschlossen.

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