Farmleiterin Jutta Weber (M.) weiß nicht, wie sie ohne Denise (v. l.), Daniel, Anleiterin Clara, Bernd und weitere Teammitglieder das Angebot auf der Kinder-und Jugendfarm erhalten soll. Foto: Schlie Farmleiterin Jutta Weber (M.) weiß nicht, wie sie ohne Denise (v. l.), Daniel, Anleiterin Clara, Bernd und weitere Teammitglieder das Angebot auf der Kinder-und Jugendfarm erhalten soll. Foto: Schlie
Jobcenter Bremen

„Es ist eine Katastrophe“

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Die Fehlkalkulationen des Jobcenters Bremen bedrohen soziale Einrichtungen in der ganzen Stadt.

Rike Füller und Philipp Behrbom

Das Jobcenter Bremen hat sich verkalkuliert. Das Jahresbudget für Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen ist erschöpft. Was abstrakt klingt, könnte für viele Arbeitslose, aber auch arbeitende Personen sowie für zahlreiche Einrichtungen in Bremen gravierende Folgen haben.

Der Weg aus der Langzeitarbeitslosigkeit ist für viele Menschen schwierig. Wer über einen bestimmten Zeitraum nicht in einem Beschäftigungsverhältnis war, kommt am ehesten über Weiterbildungsmaßnahmen oder geförderte Beschäftigungen wieder an einen Job.

Menschen verlieren plötzlich ihre Perspektive

So wie Patrick, der seit Mai auf der Kinder- und Jugendfarm in Habenhausen als so genannter Injobber beschäftigt ist. Die Förderungen für eben diese Maßnahmen stehen jetzt vor dem Aus.

„Ich leide an einer Depression und habe eine Suchterkrankung. Hier auf der Farm fühle ich mich sehr wohl und ich habe endlich angefangen, an mir zu arbeiten“, sagt der 43-Jährige. Ihm seien die Tränen gekommen, als er in der vergangenen Woche erfuhr, dass sein Beschäftigungsverhältnis zum 1. September endet.

Denn auf der Farm fühle er sich als Teil einer großen Familie. Und: Man vertraue ihm.

Hunderte sind betroffen

Bereits zum 1. September wurden die Subventionen gestrichen. Mehr als 350 Menschen verlieren dann ihre Arbeit. Die Gewerkschaft Verdi spricht von „hunderten staatlich geförderten Beschäftigungsverhältnissen und möglicherweise auch von regulären Arbeitsplätzen“, deren Wegfall drohe.

Clara ist Anleiterin für die Injobber auf der Kinder- und Jugendfarm. Mit dem Wegfall der geförderten Arbeitsplätze endet auch ihr Beschäftigungsverhältnis. „Mein befristeter Vertrag läuft dann aus und die Bras als Träger hat keine Möglichkeit, ihn weiterzuführen“, sagt sie.

Geförderte Maßnahme als Motivation

Auf der Farm, die in diesem Jahr seit 40 Jahren besteht, werden seit 1994 geförderte Stellen besetzt. Derzeit sind neben 13 fest angestellten Teilzeitkräften auch sechs Injobberinnen und Injobber beschäftigt.

Darunter auch Lars. „Man kommt hierher von einem ‚man muss‘‚ und wird plötzlich durch die Arbeit zu einem Grundpfeiler der Farm.“ Man werde wertgeschätzt.

Er findet es außerdem bemerkenswert, wie viele seiner Vorgängerinnen und Vorgänger nach Beendigung der geförderten Maßnahme auf der Farm einen Weg in die Pädagogik gefunden haben und entweder eine Ausbildung oder ein Studium absolvierten.

„Alle haben hier ein Verantwortungsgefühl und man darf hier auch Verantwortung übernehmen“, sagt Lars. Wie soll es ohne das für sie alle weitergehen?

Einrichtungen müssen Angebote streichen

Die Streichung der geförderten Beschäftigungsverhältnisse hat dramatische Auswirkungen auf die Einrichtungen, sagt Jutta Weber, Leiterin der Kinder- und Jugendfarm. Dort etwa können dann ganz konkret keine Studien- oder Schülerpraktikanten mehr beschäftigt werden, außerdem muss das Angebot erneut und dieses mal drastisch gekürzt werden.

„Es ist eine Katastrophe. Wir müssen Tiere weggeben und an weiteren Tagen schließen. Wir müssen uns jetzt innerhalb von zwei Monaten umstrukturieren und besprechen jeden Tag, wie es weitergehen kann“, sagt Weber.

Verdi fordert Rettungspaket

Um die 20 Einrichtungen sind laut Peter Härtl, dem Vorstandsvorsitzenden des Verbundes arbeitsmarktpolitischer Dienstleister (VaDib), von der Schließung bedroht.

Problematisch wären nicht nur die plötzlich fehlenden Arbeitskräfte, sondern auch die fehlenden Zuschüsse für die Einrichtungen. Laufende Mieten oder Pachtkosten könnten von heute auf morgen nicht mehr gezahlt werden.

Die Gewerkschaft Verdi fordert den Senat auf, ein Rettungspaket auf den Weg zu bringen.

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