Nicht nur Kenner der Schriften und Figuren des Schriftstellers Anton Tschechow wurden bei der gestrigen Aufführung von „Wanja und Sonja und Mascha und Spike“ im Theater „Kleines Haus“ größtenteils gut unterhalten.
In dem Stück besucht Mascha, ein von ihren Geschwistern Wanja und Sonja um ihr glamouröses Leben beneideter Filmstar, mit ihrem sehr jungen Liebhaber Spike ihre Geschwister auf einem abgelegenen Landsitz. Diesen haben Wanja und Sonja seit 40 Jahren und auch nach der aufopferungsvollen Pflege und dem Tod der Eltern, noch nie verlassen.
Dem Autoren Christopher Duran, aber vor allem auch den vier Frauen und zwei Männern auf der Bühne gelang es spielerisch, die verschiedensten Figuren von Anton Tschechow in einem Stück geballt zusammenzubringen.
Wie ein Familientreffen vieler Figuren von Anton Tschechow
So wie in „Onkel Wanja“ ein Mann zusammen mit seiner ebenfalls unverheirateten Nichte das Landgut seiner verstorbenen Schwester verwaltet, traf das im Theaterstück auf Wanja und seine Halbschwester Sonja zu. Und wie auch in Tschechows Stücken so häufig anzutreffen, schwankten die Protagonisten zwischen Träumen, Zufriedenheit und wehmütiger Resignation sowie Liebe, Lust und Todessehnsucht.
Hinzu kam noch ihre Schwester Mascha, deren Gebaren an die hochverschuldete Gutsherrin Ranjewskaja in „Der Kirschgarten“ erinnerte. Süß, unschuldig und für allerhand Chaos sorgte die Nachbarstochter Nina, die Tschechows „Die Möwe“ in das Stück einfließen ließ.
Viel Applaus für Annabelle Mandeng
Doch erst durch Patrick G. Boll, der den hinreißend naiven-testosterongesteuerten Nachwuchsschauspieler und Liebhaber von Mascha namens Spike spielte und die orakelnde Putzfrau Kassandra (großartig gespielt von Annabelle Mandeng) bekam das Stück zusätzliche Rasanz und Witz. Mandeng war der Publikumsliebling, wenn sie wie ein Running Gag ihre Weissagungen zum Besten gab, die sich größtenteils und auf höchst unterhaltsame Weise bewahrheiteten, was die anderen Protagonisten überraschte und die Zuschauer belustigte. Außerdem war der gazellenhafte Gang der großen, dunkelhäutigen Schönheit eine wahre Augenweide.
Nachdem sich in der ersten Hälfte die Schauspieler die Bälle geschickt zuwarfen und mit tiefsinnigen, heiteren und anrührenden Sätzen und jeder Menge Dramatik und Gefühlschaos aufwarteten, inklusiver wunderbarer Kostüme, flachte das Stück nach der Pause merklich ab. Es wirkte, als sei die Luft raus und dem Regiseur kein eleganter Schluss eingefallen. Das hatte etwas von einem Kater, der einer vorhergegangenen rauschenden Party einen schalen Beigeschmack verpasst.