Martin Mathea (2.v.l.) und seine Kollegen bereiten gerade die Jubiläumsfeier des Rolandschachts auf dem Stadtwerder vor. Foto: Barth Martin Mathea (2.v.l.) und seine Kollegen bereiten gerade die Jubiläumsfeier des Rolandschachts auf dem Stadtwerder vor. Foto: Barth
Handwerk

60 Kilometer Bannmeile um den eigenen Wohnort

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Eigentlich begegnet man ihnen in Bremen nur selten, aber am Wochenende kommen fast 200 von ihnen in die Hansestadt: Die Rolandschachts-Wandergesellen feiern Jubiläum. Fünf Männer auf der Walz dürfen nicht kommen.

Drei Jahre und einen Tag – so lange müssen Wandergesellen auf der Walz mindestens unterwegs sein. Ihr Heimatort ist während dieser Zeit strengstens Tabu.

„Es gilt eine 60-Kilometer-Bannmeile“, sagt Martin Mathea, der die Feier zum 125-jährigen Bestehen der Bremer Gesellenvereinigung Rolandschacht organisiert.

Wandergesellen treffen sich in Bremen

Rund 200 Handwerker im klassischen Outfit – schwarze Cordhose, schwarze Weste, weißes Staudenhemd, Jackett und Hut – werden über Pfingsten auf dem Stadtwerder erwartet. Ein gutes Viertel von ihnen ist aktuell auf der Walz, der Großteil hat diese Phase seines Lebens schon hinter sich.

Die Bremer Wandergesellen sind am blauen Schlips, der sogenannten „Ehrbarkeit“ zu erkennen. Mathea selbst war von 2004 bis 2008 auf Wanderschaft. Mehr als ein Dutzend europäischer Länder hat der Zimmermann bereist und überall seine Arbeit angeboten.

„So frei ist man nie wieder“

In seiner Heimat Dresden war er in diesen Jahren nicht einmal. „Das Problem ist eigentlich aber auch nicht, von zu Hause wegzubleiben, sondern eher, irgendwann wieder nach Hause zu gehen“, sagt der 32-Jährige. „So frei ist man nie wieder.“

Die Bannmeile nehmen die Rolandbrüder so ernst, dass selbst die fünf Gesellen aus Bremen und umzu, die gerade auf Wanderschaft sind, nicht beim Jubiläum im Lichtluftbad dabei sein können.

Rund 250 Wandergesellen in Deutschland unterwegs

Mathea gehört zum kleinen Teil der Handwerker, die nach erfolgreicher Gesellenprüfung drei Jahre lang Erfahrungen in fremden Betrieben, Städten und Ländern gesammelt haben. Nur rund 250 Wandergesellen sind seinen Angaben nach in Deutschland unterweg.

Für die eigenen Berufschancen sei die Zeit auf der Walz aber Gold wert. „Arbeitgeber sehen: Da ist einer, der identifiziert sich mit dem Beruf“, sagt Mathea.

Wanderung heißt auch „Tippelei“

Allerdings: Die drei Jahre auf Wanderschaft haben es in sich. Rolandbrüder dürfen höchstens 27 Jahre alt, müssen unverheiratet und schuldenfrei sein. Während ihrer Wanderung, auch Tippelei genannt, tragen sie ihr überschaubares Hab und Gut im sogenannten Charlottenburger mit sich herum.

Das 80 mal 80 Zentimeter große Tuch nennen die Wandergesellen liebevoll Charly. Zu besonderen Anlässe, wie etwa dem jetzigen Jubiläum, gibt es ein neues Tuch in speziellem Design. Es erinnert an die Gründung der Vereinigung, die Bremer Maurer im Mai 1891 in Nürnberg vorangetrieben haben.

Auf der Walz die große Liebe getroffen

Manchmal hilft der Handwerksmeister, bei dem die Gesellen einen Job finden, auch bei der Suche nach einer Unterkunft. „Manchmal geht man aber auch einfach nachts ins Kneipenviertel und hofft, dass man jemanden kennenlernt, bei dem man schlafen kann“, erinnert sich Mathea.

Der Aufwand lohnt sich – findet der Zimmermann. „Der Erfahrungsschatz, den man sammelt, ist groß“ Für ihn hat sich die Walz doppelt gelohnt. In Bremen hat er seine heutige Frau kennengelernt und ist trotz aller Freiheitsliebe doch noch sesshaft geworden – als „einheimischer Rolandbruder“.

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