Innensenator Ulrich Mäurer stellt mit Hans-Joachim von Wachter den Verfassungsschutzbericht Bremen vor. Foto: Bohlmann Innensenator Ulrich Mäurer stellt mit Hans-Joachim von Wachter den Verfassungsschutzbericht Bremen vor. Foto: Bohlmann
Verfassungsschutz

Rechte Hetze im Netz sorgt für „Kopfschmerzen“

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Die zunehmende Hetze von Rechtsextremen im Internet macht dem Bremer Verfassungsschutz Sorge. Doch auch die linksextremen Straftaten haben zugenommen. Die Situation könnte sich zuspitzen, wenn sie aufeinander treffen.

88 Straftaten zählt der Verfassungsschutzbericht unter der Rubrik „Politisch motivierte Kriminalität von Links“ für das Jahr 2015 auf, davon sind sieben Gewaltdelikte gewesen. Im Jahr 2014 sind von dem gleichen Spektrum 77 Straftaten begangen worden, davon acht Gewaltdelikte.

Dem gegenüber stehen 126 Straftaten aus dem rechten Zentrum im vergangenen Jahr, 15 weniger als in 2014. Anders als bei den Linksextremen hat aber die Zahl der Gewaltdelikte von rechts zugenommen, sechs hat der Verfassungsschutz in seinem Bericht festgehalten, in 2014 waren es nur vier.  Die politisch motivierte Ausländerkriminalität ist im Vergleich zu 2014 ebenfalls gesunken.

Zunehmend Übergriffe auf den politischen Gegner

„Wir haben den Eindruck, dass sich die Lager gegenseitig hoch schaukeln, das kann in diesem Jahr noch ganz neue Dimensionen hervorbringen“, sagt Hans-Joachim von Wachter, Leiter des Bremer Verfassungsschutzes.

„Von Seiten der Linken hat es im vergangenen Jahr mindestens drei gezielte Übergriffe auf den politischen Gegner gegeben“, so von Wachter weiter. Das sei eine Veränderung, in den letzten Jahren habe in Bremen ein eher tolerantes Klima geherrscht, es habe kaum gewaltbereite Personen gegeben.

Rund 200 Personen zählt der Verfassungsschutz in Bremen zur linksextremistischen gewaltorientierten Szene, bundesweit sollen es 7.700 sein. „Die Anzahl und die Gewaltbereitschaft zeigt die Stärke und Handlungsfähigkeit der gewaltorientierten linken Szene in Bremen“, so von Wachter.

Rechte Hetze im Internet gefährlich

„Kopfschmerzen“ bereitet dem Verfassungsschutzchef aber auch das andere Lager: „Wir haben eine unheimliche Zunahme von rechtem Hass im Internet, Rechtsextreme nutzen das, um mit ihren Parolen die Mitte der Gesellschaft zu erreichen.“

Das führe auch dazu, dass andere Gewaltbereite, die nicht unbedingt der rechten Szene zuzuordnen seien, zum Beispiel Flüchtlingsunterkünfte attackieren. Zwar sei Bremen im Vergleich zum Bund hier „verschont“ geblieben, dennoch stelle man eine enorme Zunahme der rechtsextremistischen politische Hetze fest.

„Hooligans spielen dabei eine zentrale Rolle. Wir sorgen uns, dass die vielleicht heute ein Jugendzentrum angreifen, wenn sie von einem Fußballspiel kommen, aber morgen dann das Flüchtlingsheim“, sagte von Wachter.

Extreme Lager treffen aufeinander

Mit 110 Rechtsextremisten in der Hansestadt seien das nicht wenige, die ein hohes Gewaltpotential aufwiesen. Besorgniserregend sei zudem, dass es eine zunehmende Schnittmenge zwischen den Lagern wie Hooligans, „Hogesa“, „Gemeinsam stark in Deutschland“ und anderen gebe.

Dieser Schnittmenge rechnet der Verfassungsschutzchef auch den Vorfall am Samstag zu. Am Hochschulring hatten sich rund 43 Personen, die dem Bündnis „Gemeinsam stark in Deutschland“ zugeordnet werden, versammelt, um einen Fackelzug durchzuführen. „Die Antifa hatte im Internet Namen von Bremer Rechtsextremisten veröffentlicht, es hat mindestens drei gewalttätige Übergriffe gegeben“, erklärt von Wachter den Hintergrund. „Das wollen die Rechten nicht einfach auf sich sitzen lassen.“ Den Behörden seien die Personen bekannt gewesen.

Der Verfassungsschutzchef befürchtet außerdem, dass es vor dem Hintergrund des zunehmenden Terrorismus auch so genannte Stellvertreterkonflikte geben könnte. „Dann treffen Hooligans auf Salafisten“, so von Wachter.

Innensenator warnt vor islamistischem Terrorismus

Die Salafisten sind für den Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) die größte Sorge. „Wir hatten im vergangenen Jahr eine nie dagewesene Anschlagsfrequenz des islamistisch motivierten Terrorismus in Europa“, so Mäurer.

Das sei ein massives Problem auf das man entsprechend reagieren müsse. In Bremen zähle der Verfassungsschutz 360 Salafisten, das sei im Vergleich zum Vorjahr kein Anstieg, den Mäurer auf die Aktionen der Behörden zurückführt, wie etwa die Verbote des Kultur- und Familienvereins und dessen Nachfolgeorganisation. Außerdem beobachte man die Szene sehr engmaschig.

„Unter den Bremer Salafisten gibt es viele, die auch bereit sind, nach Syrien auszureisen und sich dort dem bewaffneten Kampf anzuschließen“, so Mäurer. 19 Personen habe man aktuell an der Ausreise gehindert, in denen man ihnen etwa die Pässe abgenommen hat.

Personal der Behörden aufgestockt

Das Islamische Kulturzentrum (IKZ) ist für Mäurer und von Wachter nach wie vor das Zentrum des Salafismus. „Zu den Freitagsgebeten dort kommen bis zu 400 Personen, viele aus den Maghreb-Staaten. Das sind nicht alles Salafisten“, so von Wachter.

Aber: „Dort werden salafistische Seminare abgehalten zu denen salafistische Prediger aus dem arabischen Raum und Deutschland eingeladen werden“, so Mäurer. Vermittelnde Gespräche mit dem aktuellen Vorstand des IKZ lehnt der Innensenator ab.

Um den aktuellen Herausforderungen besser begegnen zu können, hat der Senat das Personal des Verfassungsschutzes im Jahr 2015 von 51 auf 56 Mitarbeiter aufgestockt, der Staatsschutz der Kripo hat ebenfalls mehr Personal bekommen. 60 statt 48 Beamte arbeiten in der Abteilung „K6“. „Bis 2020 wollen wir diese Zahl auf 80 Mitarbeiter erhöhen“, kündigte Mäurer an.

 

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