Dr. Anja Eckhardt Dr. Anja Eckhardt leitet seit Anfang des Jahres die Polizeipressestelle.
Interview

Was die Polizei den Bremern nicht verrät

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Welche Straftaten in Bremen geschehen, gelangt in der Regel über die Pressestelle der Polizei an die Öffentlichkeit. Deren Leiterin Dr. Anja Eckhardt spricht darüber, was Bürger erfahren – und was auch nicht.

Weser Report: Wovon hängt es ab, ob sie über eine Straftat überhaupt berichten?

Dr. Anja Eckhardt: Wir berichten alles, was für die Öffentlichkeit relevant ist. Oft geht es dabei um den Präventionsgedanken, wenn wir Leute davor schützen wollen, dass Straftaten sich wiederholen oder natürlich wie jetzt gerade im Falle des 13-jährigen Jungen, der bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt worden ist, wenn wir Hilfe bei der Suche nach einem Täter brauchen.

Führte in diesem Fall denn ein Hinweis aus der Bevölkerung zum Erfolg?

Am Ende war es ein Ermittlungserfolg der Polizei, aber wir haben – auch mit einem Fahndungsaufruf auf Facebook – ganz viel Druck erzeugt.

Gerät denn zum Beispiel jeder Todesfall an die Öffentlichkeit?

Nein. Nicht jeder ist für die Öffentlichkeit relevant, aber wir berichten über jeden Mord.

Sie berichten auch, wenn Fälle von der Polizei gelöst wurden, also eigentlich abgeschlossen sind.

Das stimmt. Wir geben auch Meldungen raus, die zeigen: Die Polizei macht ihre Arbeit gut. Das heißt aber nicht, dass wir irgendetwas beschönigen.

Trotzdem dauert es manchmal, bis Informationen herausgegeben werden.

Die Polizei hat nichts zu verstecken. Informationen müssen belastbar sein und sie zu beschaffen, dauert manchmal länger. Die Medienwelt ist schnell geworden, deshalb müssen auch wir schneller mit Informationen herauskommen, aber sie müssen eben immer stimmen.

Entscheidet die Pressestelle allein, welche Details sie veröffentlicht?

Nein. Wir beraten uns mit dem zuständigen Kommissariat. Wenn Straftaten gegen das Leben vorliegen, ist außerdem automatisch die Staatsanwaltschaft eingeschaltet und bei allem, was politisch motiviert oder relevant sein könnte, die Innenbehörde.

Gelegentlich veröffentlicht die Polizei auch die Nationalität der Tatverdächtigen. Warum hat sie eine Bedeutung?

Die Nationalität wird grundsätzlich nicht mit veröffentlicht – außer, es ist für den Sachverhalt wichtig. Zum Beispiel haben wir anfangs immer von Flüchtlingen gesprochen, aber irgendwann war klar: Es ist eine winzigkleine Gruppe von minderjährigen Flüchtlingen, die auffällig wird. Fast alle waren Nordafrikaner. Deshalb haben wir sie benannt, um die anderen Flüchtlinge zu schützen.

Als auf der Osterwiese angeblich Mädchen von syrischen Männern belästigt worden sind, haben Sie auch die Nationalität veröffentlicht – obwohl sie nicht nach Zeugen gesucht haben.

Das war nicht gut und das sollte so nicht noch einmal geschehen. Wir haben berichtet, damit uns nicht vorgeworfen wird, dass wir mit solchen Vorkommnissen hinterm Berg halten – damals auch vor dem Hintergrund der Ereignisse in der Kölner Silvesternacht. Eigentlich ging es uns um einen Präventionshinweis, den wir mit der Meldung veröffentlich haben, aber der wurde von keinem Medium aufgegriffen.

Welche Verantwortung haben Sie für die Wahrnehmung der Bremer vom „kriminellen Ausländer“?

Eine große. Und wenn für uns nicht klar ist, dass die Hautfarbe oder Nationalität des Tatverdächtigen wichtig ist, dann nennen wir diese Details auch nicht. Aber die Realität ist nun mal die Realität. Wir können nichts beschönigen. Die Arbeit der Polizei darzustellen, erfordert Fingerspitzengefühl.

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