Die Arbeitnehmerkammer beklagt die Situation der über 20.000 Beschäftigten im Bremer Einzelhandel. Obwohl die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten im Einzelhandel seit 2007 um 16 Prozent gestiegen ist, ist die Zahl der Vollzeitbeschäftigten – vor allem bei Frauen – zurückgegangen.
„Diese negative Entwicklung kommt nicht von ungefähr“, sagt Ingo Schierenbeck, Hauptgeschäftsführer der Arbeitnehmerkammer Bremen. „Durch die Verlängerung der Ladenöffnungszeiten, die Ausweitung der Verkaufsflächen und den Onlinehandel steigt der Wettbewerbsdruck und wird auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen.“
Mehrzahl der Beschäftigten sind Frauen
Der Rückgang der Vollzeitbeschäftigung führt, dass rund 75 Prozent der Beschäftigten heute eine Teilzeitstelle oder sogar nur einen Mini-Job haben. Der Einzelhandel ist und war auch schon immer eine Frauenbranche. Daher haben auch Frauen, die im Verkauf arbeiten, vermehrt Probleme, finanziell auf eigenen Beinen zu stehen. Sie seien oft auf einen Zweitjob oder ihren Partner angewiesen, um über die Runden zu kommen.
Die Abnahme der Vollzeitstellen ist problematisch, weil die Löhne im Einzelhandel im Vergleich zu anderen Branchen weit unter dem Durchschnitt liegen. „Die zunehmende Tarifflucht forciert diese Entwicklung sogar noch“, warnt Annette Düring, Vorsitzende des DGB Bremen. „Sie befördert Dumpinglohnprozesse, welche die Gefahr von Altersarmut weiter erhöhen.“
Ansiedlungspolitik der Stadt erhöht den Druck
Die Gründe für diese Entwicklung sieht Schierenbeck in der Liberalisierung der Öffnungszeiten, wodurch der Druck auf die Personalkosten deutlich gestiegen ist. Auch die Ansiedlungspolitik der Stadt trage zu der Entwicklung bei. „Es werden vermehrt Discounter angesiedelt, diese bieten aber kaum Vollzeitstellen an“, so Düring.
Zudem warnt Schierenbeck: „Mehr Verkaufsfläche führt nicht automatisch zu mehr Umsatz.“ Angebote im selben Segment würden nur den Wettbewerb erhöhen und damit einhergehend auch der Druck auf die Arbeitsbedingungen im Einzelhandel.
Gewerkschaft will Ladenöffnungszeiten beschränken
Daher fordert die Arbeitnehmerkammer die Stadt auf, die Ladenöffnungszeiten bis 22 Uhr zu beschränken. Zusätzlich müsste die Stadt ein individuelles Konzept für die Innenstadt entwickeln, dass „ihren Wert auch herausstellt.“
Außerdem fordert die Arbeitnehmerkammer, dass die Tarifflucht der Betriebe unterbunden wird und gleiche Rahmenbedingungen geschaffen werden. Nicht zuletzt sei aber auch die Politik gefragt. So wünschen sich die Arbeitnehmerkammer und der DGB einen Branchendialog mit klaren Vorgaben aus der Politik.