Nach etwa einem Jahr Umbauzeit konnten am heutigen Freitag die beiden Flügel B und C des Gebäudes offiziell von Investor Theo Bührmann junior an die Senatorin übergeben werden. Bereits im April war in Flügel A des sternförmig angeordneten Baus die Notunterkunft eröffnet worden. In ihr leben derzeit rund 200 Menschen.
Die Senatorin ihrerseits hieß schließlich Einrichtungsleiterin Marina Golubew und deren Mitarbeiter von der AWO als Träger willkommen.
Insgesamt bietet die neue „Ankunftszentrum“ Platz für 750 Menschen. Mit aktuell 700 Betten gibt es laut Bernd Schneider, Sprecher des Sozialressorts, zweieinhalb Mal so viel Platz wie in der Vorgänger-Einrichtung in der Alfred-Faust-Straße. Dort leben derzeit 235 Menschen.
Drei Behörden unter dem Dach der Erstaufnahme
Anja Stahmann, Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport (Grüne), hob im Rahmen der Eröffnung hervor, dass nun vier Institutionen, davon drei Behörden, unter einem Dach zusammen geführt werden konnten. Das war laut Architektin Stephanie Pieper-Herbst auch wegen der Struktur des Gebäudes möglich.
Davon verspricht sich das Ressort eine schnellere Bearbeitung der Asylanträge und der ersten Maßnahmen wie einer medizinischen Versorgung. Dies soll sowohl die Behörden, aber auch die Ankommenden entlasten.
BAMF und Gesundheitsamt nehmen Arbeit auf
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sowie das Gesundheitsamt haben ihre Räume in Flügel C des Gebäudes bezogen. Dieser ist ein reiner Büro-Trakt. Das BAMF wird vor Ort über die gestellten Asylanträge entscheiden. Nicht jeder hier Angekommende bleibt jedoch auch in Bremen.
Nach dem Königsteiner Schlüssel werden sie auch auf andere Bundesländer verteilt. Bremen nimmt derzeit 0,96 Prozent aller in Deutschland ankommenden Flüchtlinge auf. 80 Prozent bleiben in der Stadt Bremen, 20 Prozent in Bremerhaven.
Ärzte und medizinisches Personal vor Ort
Die Mitarbeiter des Gesundheitsamts kümern sich um die gesundheitliche Erstversorgug der Menschen. Jeder Flüchtling wird zunächst geimpft, außerdem ein aktueller Impfstatus erstellt, um Lücken schließen zu können. Ärzte sowie medizinisches Personal sind täglich vor Ort, um Akutbehandlungen durchführen zu können.
„Ich möchte noch einmal klar stellen, dass die Menschen keine exotischen Krankheiten nach Bremen bringen“, sagte Dr. Martin Götz, Referatsleiter bei der Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Verbraucherschutz.
„Bremer Modell“ erfasst auch soziale Situation
Zur Erstuntersuchung gehört nach dem „Bremer Modell“ aber auch die Erfassung der sozialen Situation, etwa des Familienstandes, der Sprachkenntnisse und der Verlauf der Flucht. Außerdem werden Angehörige und Bezugspersonen in Deutschland erfragt.
Bis die Menschen mit der Gesundheitskarte einen Zugang zur ärztlichen Regelversorgung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, können sie die Sprechstunden beim Gesundheitsamt im Gebäude immer wieder aufsuchen.
22 Millionen Euro Investitionssumme
Das ehemalige Verwaltungsgebäude der Bremer Vulkan verfügt insgesamt über 18.900 Quadratmeter Nettofläche auf fünf Stockwerken. Dieter Kröger, Projektleiter bei der Bührmann Gruppe als Investor, nannte Zahlen:
So wurden innerhalb der vergangenen elf Montae 263 Tonnen belastetes Material entsorgt. Zusätzliche 730 Tonnen unbelastetes Matrial. Zu Spitzenzeiten arbeiteten bis zu 100 Handwerker auf der Baustelle. Es wurden 68.000 Quadratmeter Gipskartonplatten in 608 Büro- und Wohnräumen verbaut, 100 Kilometer Schwachstrom- sowie 200 Kilometer Starkstromleitungen gelegt.
1.400 Rauchmelder und etwa 1.100 Lautsprecher für Sprachalarmierungen in vier Sprachen wurden angbracht. Zudem zwei Brennwertkessel mit rund 2.600 Kilowattstunden Leistung eingebaut. Die geplanten Kosten von etwa 20 Millionen Euro hätte man jedoch nicht einhalten können, sie sind auf 22 Millionen gestiegen. „Das lag an den erhöhten Brandschutzanforderungen und der Schadstoffentsorgung. So ein Gebäude entpuppt sich beim Umbau oft als Wundertüte“, so Kröger weiter.
Einrichtungen nach und nach schließen
Nach und nach sollen nun die Landeseinrichtungen für Flüchtlinge geschlossen werden. Laut Schneider wolle man aber mit Fingerspitzegefühl daran gehen. „Die Mietverträge laufen aus und unser Ziel ist es, die Menschen in der Erstaufnahmeeinrichtung in Bremen-Nord unterzubringen.“
Der Mietvertrag zwischen der Bührmann Gruppe und dem Sozialressort ist zunächst für zehn Jahre geschlossen worden.
Weitere Flüchtlinge erwartet
Für die kommenden Monate erwartet Stahmann einen weiteren Zuwachs von Flüchtlingen: „Wir haben sehr viele Einzelreisende aufgenommen und gehen davon aus, dass nun auch deren Familienmitglieder nachkommen. Mit dem Ankunftszentrum in Vegesack gehen wir aber nun zunächst in die Normalität“, so die Senatorin.
Von Januar bis Ende Oktober hatte Bremen 2.881 Personen aufgenommen, diese Zahl soll laut Stahmann aber noch auf bis zu 3.200 bis Jahresende ansteigen. Im Jahr 2015 waren 10.274 Flüchtlinge in Bremen aufgenommen worden, 2014 waren es 2.233.