Stammgäste könnten es immer noch nicht verstehen, sagt Oekermann. „Wir kommen kaum zum Arbeiten“, berichtet der Gastwirt. „Wir reden nur noch.“ Gäste wollen erzählen, welche Erinnerungen sie mit dem Traditionslokal verbinden.
Sie haben Konfirmationen, Geburtstage und Jubiläen in seinem Restaurant gefeiert. Viele kennen das Lankenauer Höft schon seit ihren Kindertagen. „Einige Leute weinen sogar“, erzählt Oekermann. Andere haben ihm, seiner Familie und den Mitarbeitern Abschiedsbriefe geschrieben. „Viele können nicht fassen, dass wir wirklich schließen“, sagt der Gastwirt.
Restaurant erlebt 40-jähriges Bestehen nicht mehr
Am 15. März 2017 hätte das Restaurant selbst ein großes Jubiläum feiern können. 40 Jahre zuvor hatten Oekermanns Eltern den Betrieb am Lankenauer Hafen eröffnet. Die Familie hätte diesen Tag gern gefeiert.
Nach 39 Jahren hatte die Stadt den Pachtvertrag mit Zwischenpächter InBev aber überraschend nicht verlängert. Das Areal an der Weser soll belebt werden, heißt es. Frischer Wind statt gutbürgerlicher Küche. Gesamtkonzept statt Traditionsgaststätte. Deshalb muss Oekermann jetzt raus.
Eigenes Konzept war Oekermann „eine Nummer zu groß“
Selbst ein Konzept zur Aufwertung des Lankenauer Höfts einzureichen, sei keine ernsthafte Option gewesen. „Ich wäre bereit gewesen, zu investieren“, sagt er. Das, was Bremenports, Verwalter der Flächen, mit seiner Ausschreibung verlangte, war aber „eine Nummer zu groß für uns“.
Deshalb endet die Ära Oekermann am Lankenauer Höft heute. „So können die Mitarbeiter auch mal Weihnachten feiern“, sagt der Gastwirt. 39 Jahre lang war sein Geschäft an allen Feiertagen geöffnet. In den vergangenen sechs Jahren hatte er selbst gerade einmal vier Tage Urlaub – um seine Tochter vom Austauschjahr in den USA abzuholen.
Schlüsselübergabe am 29. Dezember
Am 29. Dezember ist die Schlüsselübergabe. Bis dahin ist noch einiges zu tun. Der Wirt muss den Bau entkernt übergeben. Theke, Mobiliar, das alles muss raus. Allein der Küchenbauer wird zwei bis drei Tage brauchen, um Öfen, Herde und Spülen auszubauen. Den Restaurantbetrieb bis Weihnachten aufrecht zu erhalten – „das hätten wir gar nicht geschafft“, sagt der 51-Jährige.
Seinen zehn Mitarbeitern hat er bereits gekündigt. „Musste ich ja. Zum Glück haben die meisten inzwischen was Neues.“ Dass seine Mitarbeiter augenscheinlich begehrt sind, freut Oekermann, spricht es doch für eine gute Ausbildung. „Ein ehemaliger Azubi war später Küchenchef in Moskau und arbeitet jetzt auf Bali“, erzählt er stolz.
Angebote aus Bremen und Niedersachsen
Auch mit seinem aktuellen Küchenchef ist Oekermann zufrieden. Mit ihm würde der Gastwirt auch künftig gern weiter zusammenarbeiten. Er hat Angebote für Standorte in Niedersachsen und Bremen eingeholt.
Wohin es ihn und seine Familie verschlägt, das will der Hasenbürener jetzt in Ruhe entscheiden. „Wir müssen jetzt erst einmal alle runterkommen“, sagt er.
Eine große Abschiedsparty plant Oekermann nicht. Mit seinem Team will er noch einmal essen gehen und an seinem heutigen letzten Arbeitstag als Wirt des Lankenauer Höfts nicht auf die Uhr gucken. „Wir machen, bis der Letzte geht“, sagt er.
„Unverantwortlich“
Kommentar von Sonja Niemann:
Wie die Stadt Bremen mit Gastwirt Joachim Oekermann, seiner Familie und seinen Mitarbeitern umgeht, ist eine Frechheit. Weil plötzlich ein moderneres Konzept mit Freizeitangeboten gewünscht ist, wird ein funktionierendes Familienunternehmen nach 39 Jahren auf die Straße gesetzt.
Oekermann hätte sich ja selbst mit einem Konzept bewerben können, heißt es bei Bremenports scheinheilig. Dabei wissen auch die Grundstücksverwalter, dass ein vergleichsweise kleiner Gastronom weder die Mittel, noch das Ziel hat, sich in eine hippe Lifestyle-Bar mit Weserblick zu verwandeln. Aber braucht es so ein Angebot am Rande Woltmershausens überhaupt?
Wenig hanseatisch
Auf dem Lankenauer Höft schlummern bestimmt Potenziale, die noch nicht genutzt werden. An anderen Stellen in der Stadt ist der Entwicklungsbedarf aber deutlich höher. Statt sich um diese Gebiete zu kümmern, beraubt ausgerechnet das Wirtschaftsressort, zu dem Bremenports gehört, einen langjährigen Gastwirt seiner Existenz und zerstört ohne Grund Arbeitsplätze.
Die Verantwortlichen tauschen sichere Beschäftigung gegen die Hoffnung, dass ein Investor das Areal vielleicht zu einem schicken Tourismusmagneten entwickelt. Das ist wenig hanseatisch – und ziemlich unverantwortlich.