Maike Schäfer hat 2015 den Fraktionsvorsitz der Bremer Grünen übernommen. Foto: Schlie
Interview

Maike Schaefer: „Behörden spielen Pingpong“

Von
Maike Schaefer, Grünen-Fraktionschefin, ist bereit, in einer Urwahl um die Spitzenkandidatur gegen Finanzsenatorin Karoline Linnert anzutreten. Wir haben mit ihr über Kita-Ausbau, Trinkwasser und die Wahl gesprochen.

Weser Report: Frau Schaefer, welche Projekte packen die Grünen bis zur Bürgerschaftswahl im Mai 2019 noch an?

Maike Schaefer: Ganz weit oben steht die Begrünung der Dächer. Sie helfen bei Starkregen, der Bremen im Zuge des Klimawandels häufiger treffen wird. Die Verordnung dazu wollen wir auf jeden Fall durchbringen. Auch mit Vergünstigungen im öffentlichen Personennahverkehr beschäftigen wir uns. Außerdem wollen wir den Ausstieg aus der Kohlekraft forcieren.

Die eigenen Klimaziele haben die Grünen nicht erreicht.

Beim Verkehr ist der CO²-Verbrauch um zehn Prozent gegenüber 1990 gesunken, bei privaten Haushalten, Gewerbe und Handel sind es über 18 Prozent. Aber wir haben zwei Hauptemittenten in Bremen: die Stahlwerke und die Kohlekraftwerke.

Wollen Sie neben den Kohlekraftwerken auch die Stahlwerke abschalten?

Nein, es ist besser, ein modernes Stahlwerk in Bremen zu haben als ein marodes irgendwo auf der Welt, das dann sehr viel mehr emittiert als das Bremer. Das Unternehmen prüft ja Verbesserungen. Wir können nur appellieren. Das gilt auch für die Kohlekraftwerke. Am Ende ist das eine Entscheidung der Betreiberin SWB. Aber wir reden mit ihr.

Woher bekommen die Bremer künftig ihr Trinkwasser? Die Verträge mit Niedersachsen sind ja ausgelaufen.

Die Verträge müssen erneuert werden. Wir haben alle Optionen geprüft. In Bremerhaven gibt es zum Beispiel ein Überangebot an Trinkwasser. Aber wir müssten 70 Kilometer lange Rohre bauen, um es nach Bremen zu bekommen. Das macht ökologisch keinen Sinn. Am besten ist nach wie vor das Trinkwasserreservoir in Dörverden geeignet. Das Trinkwasserfördergebiet in Vegesack wollen wir als Trinkwasserschutzgebiet ausweisen. Dafür gelten höhere Auflagen. Das ist ein Signal an Niedersachsen, dass wir alles tun, um unsere Trinkwassergebiete zu schützen.

Bildung, Verkehr und preiswertes Wohnen sind Bremens Dauerthemen. Was planen die Grünen hier bis zur Wahl?

Wir müssen die Verfahren für den Bau von Kitas und Schulen deutlich vereinfachen. Wir haben den Eindruck, dass die unterschiedlichen Behörden hier ein bisschen Pingpong spielen und es deshalb alles länger dauert als notwendig. Hier brauchen wir eine bessere Koordinierung. Wichtig ist uns auch Tempo 30 vor Kitas und Schulen. Außerdem diskutieren wir, ob es reicht, dass bei Neubauten 25 Prozent der Wohnungen Sozialwohnungen sein müssen, oder ob wir die Quote auf 30 Prozent erhöhen müssen. Außerdem diskutieren wir ein Parkraumkonzept.

Wie soll das aussehen?

In überlasteten Gebieten wie der Neustadt wollen wir Anwohnerparken geprüft wissen. Wer dort wohnt, erhält für einen Jahresbeitrag eine Plakette, alle anderen müssen fürs Parken dort einen Tagessatz zahlen. So verhindern wir zum Beispiel, dass viele Fluggäste vor ihrer Reise ihre Autos in der Neustadt abstellen, um die Gebühr fürs Parkhaus zu sparen. Und wir brauchen mehr Brücken über die Weser.

Ein großes Thema ist der Umbau der City. Wo ist da die grüne Handschrift?

Es kann nicht allein darum gehen, wohin welches Kaufhaus kommt und welches abgerissen wird. Hier muss man ganzheitlich denken. Dazu gehört ein ordentliches Verkehrsnetz, etwa um die Autos aus der Innenstadt herauszuhalten. Ein gutes Beispiel ist hier Oldenburg. Dort kann man shoppen und flanieren. Außerdem müssen geeignete Dächer begrünt werden und die neuen Gebäude einen hohen Energiestandard haben.

Es gibt ja noch Streitpunkte mit der SPD, etwa über das neue Polizeigesetz oder über neue Gewerbeflächen.

Zum Polizeigesetz werden wir bis zum Ende der Legislaturperiode eine Anhörung mit Experten machen. Und zum Thema neue Gewerbegebiete: Wir haben brachliegende Gewerbeflächen. Wir halten eine ständige Reserve von 30 Hek­tar in Bremen für ausreichend. Die Flächen des stillgelegten Flughafens in Bremerhaven sind die größten zusammenhängenden Gewerbeflächen, die frei sind. Und sie gehören dem Land Bremen. Die sollten wir zuerst nutzen, bevor wir an die Wiesen rangehen. Besser versorgen mit geeigneten Flächen müssen wir Handwerker nahe oder in Wohngebieten.

Den Umfragen zufolge gibt es bei der Wahl voraussichtlich keine Mehrheit mehr für Rot-Grün. Was dann?

Wir müssen uns nach der Wahl neu orientieren. Es gibt keine Festlegung vorher.

Gibt es eine Urwahl für die Spitzenkandidatur der Grünen?

Der Landesvorstand prüft. Ich gehe davon aus, dass es nach den Sommerferien eine Urwahl geben wird, wer auf Platz eins der Landesliste kommt.

Wie viele Bewerber stellen sich denn zur Wahl?

Das weiß man nicht. Theoretisch kann sich jeder Bremer Grüne bewerben.

Bewerben Sie sich um den Spitzenplatz?

Zurzeit steht Karoline Linnert auf Platz eins. Ich habe dem Landesvorstand damals bei der Diskussion um die Besetzung der vorderen Listenplätze angeboten, dass ich bereit wäre für die Spitzenkandidatur, wenn die Mehrheit das unterstützen würde. Jetzt hat die Mehrheit erst einmal die Urwahl beschlossen und damit die Erwartung verknüpft, dass sich mehr als eine Grüne auf den Spitzenplatz bewerben. Insofern würde auch ich mich bewerben wollen und einen Mehrheitsbeschluss akzeptieren, wie immer er ausfällt.

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren...

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner