Statt Kriegsszenen in seiner Heimat fotografiert Rasem Ghareeb jetzt Kinder beim Minigolfen während des Ferienprogramms in Delmenhorst.Foto: Konczak Statt Kriegsszenen in seiner Heimat fotografiert Rasem Ghareeb jetzt Kinder beim Minigolfen während des Ferienprogramms in Delmenhorst. Foto: Konczak
Interview

„Es ist schwierig, hier Freunde zu finden“

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Der Syrer Rasem Ghareeb erzählt über seine Flucht und sein Leben in Delmenhorst.

Delme Report: Herr Ghareeb, Sie haben in Aleppo Ihr Diplom in Medizintechnik gemacht, zwischen Hilfsorganisationen und der lokalen Regierung vermittelt und als Fotojournalist gearbeitet. Dann sind sie aus Syrien geflohen. Was war Ihr prägendstes Erlebnis?

Rasem Ghareeb: Tatsächlich habe ich in Syrien viel erlebt. Ich dachte oft, dass ich sterben muss. Das werde ich in meinem Leben nie vergessen. Das Schwierigste war für mich, dass ich gezwungen war, die Flucht nach Europa anzutreten. Auf meinem Weg bin ich in einem Auto, einem Schlauchboot, einem Schiff, einem Flugzeug und einem Zug gelandet und bin stundenlang zu Fuß gelaufen. Während dieses Abenteuers verbrachten wir drei Tage ohne Essen oder Wasser und ich hatte viel Angst, dass ich es nicht schaffe, über die Grenze zu kommen. Eine Frau mit zwei kleinen Kindern, die ich während der Flucht kennengelernt habe, musste es dreimal versuchen.

Was bedeutet für Sie Glück?

Ich habe die Hölle des al-Assad überlebt.

Erinnern Sie sich an Ihren ersten Tag in Delmenhorst?

Das war Anfang September 2017. Ich musste etwa acht Stunden warten, um unsere Ankunftsprozesse zu beenden und ich hatte eine schlimme Grippe.

Zurzeit lernen Sie die deutsche Sprache an der Volkshochschule in Delmenhorst und warten darauf, dass Ihre Papiere und Zeugnisse anerkannt werden. Was sind Ihre Wünsche für Ihre persönliche Zukunft?

Wünsche können erst durch Arbeit Wirklichkeit werden. Ich hoffe, dass ich bald einen richtigen Job finde.

Was wünschen Sie sich für Ihre Heimat?

Ich wünsche mir Freiheit und Erlösung vom Diktator Bashar al-Assad.

Was bedeutet Ihnen Ihre Familie?

Ich lebe seit 2010 alleine und getrennt von meiner Familie. Natürlich bedeutet sie mir viel, aber ich bin es gewohnt, sie nicht häufig zu sehen.

Wie denken Sie über Religion?

Ich bin nicht religiös.

Die deutsche Kultur unterscheidet sich sehr von der syrischen. Was gefällt Ihnen an der deutschen Kultur und was finden Sie nicht gut?

Es gibt viele deutschen Traditionen, die ich mag, vor allem die große Arbeitsmoral und die Pünktlichkeit. Auf der anderen Seite finde ich, dass man dadurch zu wenig Zeit mit der Familie verbringen kann oder für soziale Kontakte hat. Für ein besseres und produktiveres Leben müsste die Balance zwischen Arbeit und Leben besser sein. Eine andere Sache, die ich nicht verstehen kann, ist, dass es angesichts des hohen technischen Niveaus und der Kommunikationsmittel hier in Deutschland immer noch die Bürokratie ist, die die Institutionen verwaltet.

Wo ist Ihr Lieblingsort in Delmenhorst? Wo trifft man Sie hier?

Ich finde die Grafttherme sehr schön. Ansonsten trifft man mich in der Volkshochschule oder zu Hause in Delmenhorst. Es ist sehr schwierig, hier Freunde zu finden und etwas mit ihnen zu unternehmen.

Wie könnte man Ihre Situation und die Ihrer Frau hier in Delmenhorst verbessern oder Prozesse vereinfachen? Haben Sie dafür eine Idee?

Meiner Frau und mir ist es ganz wichtig, ein unabhängiges Leben zu haben und in einer schönen Gesellschaft zu sein. Wir würden gerne mehr Veranstaltungen organisieren, um Leute kennenzulernen.

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Eine Antwort

  1. Gunnar-Eric Randt sagt:

    Es gibt viel vom Leid im eigenen Land zu berichten. Wer braucht da die Geschichten Fremder?

    Täglich liest man von Greueltaten in Deutschland. Da möchte keiner etwas von solchen hören, die in das Land noch zusätzlich hinein getragen werden.

    Solche Geschichten von Krieg und Leid haben ältere Menschen in Deutschland selbst im eigenen Land erlebt und an jüngere Generationen weitergegeben. Auch die wollen nicht noch mehr solcher Geschichten aus fremden Ländern hören. Freunde sucht man sich besser in der eigenen Heimat seiner Herkunft.

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