Deutschlehrerin Viktoria Adam (hinten in schwarz) und Autor Heinz Helle (kniend) sprechen mit den Schülern über die Geschichten. Foto: Harm
Schulleben

An der Oberschule Lesum werden Schüler zu Autoren

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Gemeinsam mit dem Schriftsteller Heinz Helle arbeiten Achtklässler in Bremen an einem eigenen Schulhausroman.

Wieso schwimmt ein Schiff? Wieso tut niemand was gegen den Klimawandel? Wieso müssen Tiere leiden? Wieso gibt es Krieg? Diese Fragen stehen auf einer Tafel in einem Klassenraum der Oberschule Lesum. 14 Schülerinnen und Schüler sitzen in kleinen Gruppen zusammen, gebeugt über ihre Hefte schreiben sie, diskutieren und stellen sich Fragen. Die Achtklässler arbeiten gerade an ihrem ersten Buch, einem Schulhausroman. In einem ersten Workshop mit dem mehrfach ausgezeichneten Schriftsteller Heinz Helle haben sie schon Ideen gesammelt.

Jetzt gilt es Gemeinsamkeiten zu erarbeiten und die Geschichten in einen Zusammenhang zu bringen. Die Themen sind jedenfalls vielfältig – was auch die Fragen zeigen, die sich die Schüler in ihren Geschichten gestellt haben.

Es ist das erste Mal, dass an der Oberschule Lesum ein Schulhausroman verfasst wird. Seit 2014 wird das Projekt an zehn Bremer Oberschulen federführend vom Literaturhaus Bremen umgesetzt. Dabei geht es nicht nur darum, auf kreative Weise die Sprache zu fördern, sondern auch um die persönliche Entwicklung. „Erstmal ist es komisch, eigene Gedanken zu formulieren, die nicht direkt das Abrufen von Wissen betreffen“, sagt Heike Müller, die Geschäftsführerin des Literaturhauses Bremen.

Stiftung fördert Projekt „Schulhausroman“

Doch sei die Freiheit des kreativen Schreibens erst entdeckt, lernen die jungen Teilnehmer andere Seiten an sich kennen. „Es ist erstaunlich, wie sich die jungen Autoren und Autorinnen während eines Schulhausromans weiter entwickeln.“ Auch Lothar Franke lobt den Ansatz des Projekts. Franke ist Vorsitzender der Stiftung „Gib Bildung eine Chance“ und fördert den Schulhausroman.

Am Anfang sei es schwer gewesen, erste Ideen zu entwickeln, bestätigt der 13-jährige Tjark. „Aber es wird mit der Zeit immer leichter.“ Gemeinsam mit drei Mitschülern spricht er gerade über eine Geschichte: Zwei Geschwister, die nach einem tödlichen Unfall der Eltern adoptiert worden sind, spionieren ihrem Opa hinterher – sie glauben, dass er ein Wilderer ist. Wie sie das mit den anderen Geschichten verbinden wollen? Das wird sich in den nächsten Wochen zeigen.

Denn bis das Buch in den Druck gehen und im Schünemann Verlag erscheinen kann, haben die Schüler noch viel Arbeit vor sich. So stehen weitere Treffen mit Heinz Helle an, bei denen an der Handlung und am Titel gearbeitet wird. Der Autor, der 2019 den Förderpreis des Bremer Literaturpreises erhalten hat, reist für die Workshops aus der Schweiz an. Dort hat er bereits mit mehreren Klassen Romane erarbeitet.

Schüler lesen am 24. Juni öffentlich aus dem Roman vor

„Es ist immer eine Herausforderung den Schülern zu zeigen, dass sie das können. Mit der Zeit verstehen sie aber, dass auch jeder Halbsatz etwas Poetisches haben kann, wenn er in der richtigen Geschichte an der richtigen Stelle landet“, sagt Helle. Der 41-Jährige betont, dass die Geschichten der Schüler authentisch sind. „Sie stammen aus ihren jeweiligen Lebenswelten. In die habe ich keinen Zugang. Ich bekomme so auch noch Inspiration.“

Schulleiterin Waltraud Struß, die in dieser Woche ihren letzten Arbeitstag hatte und in Rente geht, ist froh, das Projekt noch in den Anfängen begleitet zu haben. Sie verspricht: „Bei der Lesung werde ich dabei sein.“ Denn der fertig gestellte Roman wird am 24. Juni in der Zentralbibliothek vorgestellt – ein weiterer wichtiger Schritt im Leben der jungen Autoren, die dann vor Publikum aus ihrem Werk lesen. „Das ist immer ein stolzer Moment am Ende des Projekts“, weiß Heike Müller vom Literaturhaus. Viele Fragen, die sich die Jung-Autoren zu Beginn des Projekts gestellt haben, werden dann vielleicht beantwortet sein.

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