In einem Bunker in Walle steht ein Testlabor für eine Grillenzucht. Für den Aufbau einer Bio-­Grillenzucht sammeln Jungunternehmer Geld übers Internet.Foto: Entosus In einem Bunker in Walle steht ein Testlabor für eine Grillenzucht. Für den Aufbau einer Bio-­Grillenzucht sammeln Jungunternehmer Geld übers Internet.Foto: Entosus
Proteinquelle

Grille statt Steak

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Das Start-up Entosus will in Bremen die erste Bio-Grillenzucht Europas aufbauen.

Mehlwurm, Heuschrecke oder Grille auf dem Teller? Da denken viele sofort ans Dschungelcamp, doch Insekten könnten künftig eine wichtige Rolle bei der Ernährung spielen. Denn die Weltbevölkerung wird laut einer Schätzung der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen bis zum Jahr 2050 auf zehn Milliarden Menschen anwachsen. Wissenschaftler suchen deshalb nach Alternativen zur konventionellen Fleischproduktion, um die CO2-Emissionen zu senken.

Bereits 2010 haben die niederländischen Wissenschaftlerinnen De Vries und De Boer errechnet, dass durch ein Kilogramm Rindfleisch bis zu 32 Kilogramm CO2 entstehen – das ist vergleichbar mit einer 200 Kilometer langen Autofahrt. Insekten verursachen häufig nur einen Bruchteil der Emissionen und könnten eine Alternative zu den bisherigen Ernährungsgewohnheiten sein. Das Start-up Entosus will Grillen für den menschlichen Verzehr züchten und in Bremen die erste Bio-Insektenzucht Europas aufbauen.

Insekten müssen gesellschaftsfähig werden

Etwa 30 Grad herrschen in dem fünf Quadratmeter großen Raum im Waller Bunker an der Holsteiner Straße. Dort züchtet Florian Berendt zusammen mit der Lebensmitteltechnikerin Melanie Christians Grillen, die später den Weg auf unsere Teller finden sollen. Der Agraringenieur weiß, dass die Menschen in Europa häufig erst einmal Berührungsängste mit Insekten haben: „Es dauert noch, bis ein Umschwung erfolgt“, sagt Florian Berendt.

„Wir haben gerade einen Hype, aber der wird nochmal abflachen, bevor Insekten gesellschaftsfähig werden.“ Dennoch sieht er Insekten, Mehlwürmer und Co. als eine Alternative zur konventionellen Fleischproduktion. „So wie es bisher in der Landwirtschaft läuft, geht es nicht weiter. Insekten können da einen guten Beitrag leisten“, sagt der Jungunternehmer. „Denn nicht alle werden und wollen langfristig auf tierische Proteine verzichten.“

Weltweit gibt es mehr als 2.000 Insektenarten, die für den menschlichen Verzehr geeignet sind. „Grillen enthalten auf 100 Gramm bezogen doppelt so viel Eiweiß wie ein gleich großes Stück Rindfleisch“, sagt Florian Berendt. Als Proteinlieferanten übertreffen Insekten sogar Nüsse, Hülsenfrüchte und Getreide. Ernährt werden sollen sie mit Reststoffen aus der Agrar- und Lebensmittelindustrie.

Florian Berendt und Melanie Christians wollen den Bremern ­Insekten schmackhaft machen.               Foto: Entosus

Florian Berendt und Melanie Christians wollen den Bremern ­Insekten schmackhaft machen. Foto: Entosus

Grillen im Müsli

Berendt beschäftigt sich schon seit fast zehn Jahren mit der Insektenzucht als alternativer Proteinquelle. Gemeinsam mit seiner Geschäftspartnerin Melanie Christians will er die erste Bio-Insektenzucht Europas aufbauen. Derzeit läuft eine Crowdfundingkampagne, über deren Einnahmen bis Ende des Jahres eine Pilotanlage finanziert werden soll. Die hölzerne Zuchtbox im Waller Bunker ist derzeit eher eine Art Testlabor.

Langfristig wollen die Gründer eigene Produkte wie Wurst oder Soßen entwickeln: „Wir müssen bereits verarbeitete Produkte anbieten, um die Leute daran zu führen“, ist sich der Jungunternehmer sicher. Neulich habe er mit seinem fünfjährigen Kind eine Bolognese aus Grillen gekocht, er selbst esse die Insekten auch pur: „Ich mache mir auch gerne Grillen ins Müsli.“

von Insa Lohmann

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