Wirtshaus-Wirt Herwig Renkwitz bietet aktuell Außer-Haus-Service zum Abholen oder im­ Lieferdienst an. Foto: Schlie
Kneipenszene

Lieferdienst ist Chefsache

Von
Wie ein Neu-Gastronom aus dem Bremer Viertel sein Schicksal trotz Schließung meistert.

Der Platz ist optimal: Das Wirtshaus liegt im Peterswerder in der Nähe des Weserstadions. Zu jedem Heimspiel von Werder ein volles Haus. So hatte sich das Herwig Renkwitz ausgemalt, als er vor zehn Monaten sein Stammlokal übernahm. Doch „dann kam Corona“.

Das Wirtshaus ist eine Institution, die jedoch nach mehreren Betreiberwechseln ein kleines Facelifting nötig hatte. Herwig Renkwitz, eigentlich Sportwissenschaftler, wollte sich das nicht länger anschauen. Er verhandelte mit dem Besitzer und pachtete sein Stammlokal. „Eine kleine Bar war schon immer mein Traum. Jetzt ist es ein etwas größeres Lokal geworden.“

Ärger über Spielausfall

Der studierte Betriebswirt, der 17 Jahre bei Beck’s gearbeitet hatte, investierte in den Laden und suchte motiviertes und kompetentes Personal. Im vergangenen Juni startete er. Der Anfang war vielversprechend. „Auch wenn viele Gäste sich an ein neues Team gewöhnen mussten, lief es gut“, sagt Renkwitz. Über Umsatzeinbußen hat er sich erstmals geärgert, als das Bundesligaspiel von Werder gegen Frankfurt ausfiel.

Dann kam das Montagsmatch gegen Leverkusen als Geisterspiel ins Gespräch, aber nicht via Leinwand in sein Lokal. „Ich zahle viel Geld für Sky und war nicht begeistert, dass das Ganze dann im Free-TV übertragen werden sollte“, so Renkwitz. Aber auch das Spiel fiel aus.

Nur noch Minimalbesetzung

Und dann kam Corona. „Wie alle hatten wir zunächst aufgrund der Auflagen nur bis 18 Uhr geöffnet und haben dann ganz dicht gemacht.“ Finanziell natürlich einschneidend. Deshalb war Renkwitz einer der ersten, der – als es möglich wurde – einen Außer-Haus-Service anbot. „Das ist ebenfalls alles andere als einfach. Wir haben nur noch einen Koch in Kurzarbeit. Den Lieferdienst mache ich selbst.“

„Jeder Tisch, der im Augenblick frei ist, wird ja künftig auch nicht doppelt besetzt werden. Zumal einem Großteil der Bevölkerung aufgrund von Kurzarbeit oder gar Arbeitslosigkeit zum Essengehen das Geld fehlt.“ Ein Zuschuss von 5.000 Euro von der Regierung sei nur ein Tropfen auf den heißen Stein. „Wenn man bedenkt, dass ein Kleinkünstler in Berlin 9.000 Euro bekommt, fragt man sich doch nach der Verhältnismäßigkeit.“

Zweites Standbein ebenfalls durch Corona lahmgelegt

Dennoch beweist der 49-Jährige, der vor Corona nebenbei Fitnesskurse und Personaltraining anbot, Sportsgeist. Verlieren will er nicht, im Gegenteil. Er schaut optimistisch in die Zukunft. Und die will er mit seinem Sinn für Nachhaltigkeit mitgestalten. Dabei muss der Sportler eine weitere Hürde meistern. „Wir wollen ausschließlich Liefermaterial aus recyclefähigen Rohstoffen nutzen. Dieses zu bekommen, ist derzeit extrem schwierig.“

Um seine Kunden bei Laune zu halten, tut er alles, bringt beispielsweise saisonale Gerichte wie Spargel auf deren heimischen Tisch. „Was es gibt, erfahren Interessierte über Facebook und Instragram“, sagt er, bevor er ins Auto steigt und sich mit den nächsten Leckereien auf den Weg macht. Nicht ohne einen letzten Appell: „Kauft regional und unterstützt die Betriebe in der Nachbarschaft. Wir wollen auch weiterhin für euch da sein.“

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren...

Schreibe einen Kommentar

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner